Vor dem Halbfinale gegen England Koeman und der niederländische Traum vom Titel
Wie schnell die Volksstimmung sich ändern kann, erlebt in diesen Tagen der niederländische Trainer Ronald Koeman. Nach dem Einzug der "Elftal" ins EM-Halbfinale träumen die Niederlande vom ersten großen Titel seit 1988.
Damals feierte unsere Nachbarn den EM-Titel - mit dem heutigen Bondscoach als Abwehrchef. Doch seitdem warten die Niederländer auf ein Erfolgserlebnis. 2010 blieb "Oranje" im Finale der WM der größte aller Fußball-Triumphe versagt, als Spanien 1:0 n.V. gewann.
Zweiter Europameister als Spieler und Trainer?
Nun könnte Koeman nach Berti Vogts also der zweite Fußballer werden, dem es gelingt, als Spieler und als Trainer Europameister zu werden - etwas, was im Übrigen auch auf seinen französischen Kollegen Didier Deschamps zutrifft.
Aber während Deschamps als Weltmeister und Nations-League-Gewinner bereits große Erfolge als Nationaltrainer feiern konnte, traute Koeman und seinem Team in der Heimat des großen Fußballidols Johann Cruyff niemand zu, einen großen Titel zu holen.
Stimmung hat sich gedreht
Als dem so starken Stürmer Cody Gakpo während der EM bei einer Pressekonferenz erzählt wurde, dass das englische Team in der Heimat noch stärker kritisiert werde als das niederländische, sagte der Profi des FC Liverpool nur: "Ach, ist das überhaupt möglich?"
Doch das hat sich gedreht. Zu Tausenden tanzen die niederländischen Fans total ausgelassen zu ihren Party-Hits nach links und rechts und feiern sich und ihr Team mit "Viva Hollandia".
Koemans Einwechslungen "stechen"
Ronald Koeman, der als Spieler als Rambo gefürchtet wurde und als sehr stur und durchaus hart kritisierend gilt, hat riesigen Anteil an der Stimmung. Besonders seine Einwechslungen in allen fünf bisherigen EM-Partien der Niederländer werden hoch gelobt.
Zusätzliche Stabilität könnte zudem ein Umstand verleihen, der in der K.o.-Runde automatisch eingetreten war: Koemans Vertrag als Coach der "Elftal" reicht nun bis einschließlich der Weltmeisterschaft 2026. "Ich denke, man kann mich nicht mehr loswerden", sagte der 61-Jährige. Wären die Niederländer spätestens im Achtelfinale der EM ausgeschieden, hätte sich der Verband KNVB von ihm trennen können.
"Weghorst oder Depay" oder "Weghorst und Depay"?
Vor dem Halbfinale gegen England geht es bei den niederländischen Fans also nicht um die Frage, ob Koeman der Richtige ist. Sondern es geht einzig darum, wie "Oranje" die angeschlagenen Engländer schlagen könnte.
Cody Gakpo liefert, Wout Weghorst hat als Joker bereits zwei Siegtore erzielt. Soll der wuchtige Hüne nun von Beginn an auflaufen? Neben oder statt des hoch eingeschätzten Memphis Depay, der mit einem Treffer und einer Torvorlage bislang noch nicht zur Höchstform aufgelaufen ist?
Koeman lässt sich nicht in die Karten schauen
Der Bondscoach lässt sich nicht in die Karten schauen. "Wenn man Europameister werden will, müssen die Spieler, die etwas Besonderes haben, in solchen Spielen wie gegen England dabei sein", sinnierte Koeman gegenüber Journalisten, "für das Spiel nach der Halbzeitpause ist Weghorst natürlich ein viel besserer Stürmer als Depay."
Eine eindeutige Aussage - könnte man meinen. Doch dann sagte der Chefcoach: "Aber gegen England? Depay kann es, Weghorst kann es, die Kombination kann es. Ich weiß es für mich selbst, aber ich lasse es für euch offen."