Fußball-EM in Deutschland Gastgeberstädte ziehen positive Bilanz
Die Fußball-EM neigt sich dem Ende. Die Gastgeberstädte ziehen bereits Bilanz. Und die fällt positiv aus. Einziger Makel, und da sind sich alle einig: das Wetter.
Dortmund: Tolle Stimmung mit kleinen Macken
Den Dortmundern wird wohl vor allem auch das Spiel des deutschen Teams gegen Dänemark in Erinnerung bleiben - das liegt vor allem auch an der Gewitter-Unterbrechung und dem Stadiondach-Kletterer. Martin Sauer, der EM-Beauftragte der Stadt, blickt auf aufregende Wochen zurück. "Wir sind gut durchgekommen", sagte er: "Trotz aller Schwierigkeiten, die wir hatten - den Fans ging es gut. Aber fast jedes Spiel hatte Regen mit dabei, und wir hatten das einzige Spiel der EURO, das wegen schlechten Wetters unterbrochen werden musste."
Hamburg feiert ein Sommermärchen - mit kleinen Schatten
In der Hansestadt machten vor allem niederländische, albanische und türkische Fans ordentlich Alarm. Und das in positivem Sinne, so die Polizei Hamburg. "Die wichtigste Botschaft: Zehntausende Fans haben über die Tage bewiesen, wie man friedlich feiern kann", sagte ein Polizeisprecher. Weder bei den Spielen im Volksparkstadion noch auf dem Fanfest am Heiligengeistfeld sei es zu nennenswerten Störungen oder erheblichen polizeilichen Einsätzen gekommen, sagte der Hamburger Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Thomas Jungfer.
Mehr Geld in die Stadt gespült hat die Europameisterschaft nach Einschätzungen des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga nicht. Laut Vizepräsidentin Kathrin Wirth-Ueberschär liegt der Juni "hinter den Erwartungen in Hamburg. Wir haben größere Hoffnungen in die EM gesetzt."
"Fantastische Wochen" in Stuttgart
Stuttgart wird als Gastgeberstadt vor allem wegen des dramatischen Viertelfinalspiels zwischen Deutschland und Spanien (1:2 n.V.) in Erinnerung bleiben. Trotz des schmerzhaften Endes einer "großen Party" fällt das Fazit positiv aus. EM-Botschafter Cacau zieht Vergleiche zum Sommermärchen 2006: "Es war waren drei fantastische Wochen in Stuttgart mit einer sehr guten Stimmung und tollen Fans". So etwas nach der WM 2006 noch einmal erleben zu dürfen, sei ein "Privileg".
Von einer sehr friedlichen und zugleich ausgelassenen Stimmung spricht auch die Stuttgarter Polizei. Polizeipräsident Markus Eisenbraun verwies aber auch auf den Messerangriff am 26. Juni, bei dem ein 25 Jahre alter Mann während des Public Viewings des Spiels Türkei gegen Tschechien drei Menschen schwer verletzt haben soll. Besonders betroffen machte die Polizei der Tod eines Kollegen nach einem Verkehrsunfall am 24. Juni.
Unwetter stört Stimmung in Frankfurt
Friedliche Partystimmung mit bunten Fanwalks, Verbrüderungsszenen zwischen den Anhängern und nur wenige Rettungseinsätze - das gab es in Frankfurt. Das Deutsche Rote Kreuz sprach von einer "äußerst friedlichen Veranstaltung" und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband freute sich über "Fantouristen aus ganz Europa".
Größter Aufreger war ein Unwetter beim Vorrundenspiel zwischen Polen und Österreich, bei dem in der Fanzone eine Windböe einen Baum umriss.
Köln: Schotten sorgen für Stimmung
Zufriedenheit auch in Köln. In der Domstadt sorgten vor allem schottische Fans für Begeisterung. "Mein Highlight war es, als die Schotten 'God save cologne' ('Gott schütze Köln') gesungen haben", sagte Sportdezernent Robert Voigtsberger. Oberbürgermeisterin Henriette Reker erklärte, sie habe "nur gute Rückmeldungen" bekommen, und auch die Bilanz der Polizei fiel positiv aus. Es seien 20 Menschen in Gewahrsam genommen worden, sagte Sprecher Polizei Christoph Schulte, was bei Hunderttausenden Besuchern "eine kleine Zahl" sei.
Gelsenkirchen poliert Image auf
Zum Start lief es schlecht in Gelsenkirchen: Ein englischer Fan bezeichnete die Stadt als "Drecksloch" und beim ersten Spiel gab es Transportprobleme. Das Image, die kleinste und ärmste EM-Gastgeberstadt zu sein, konnte Gelsenkirchen allerdings dennoch aufpolieren.
"Wir haben ein tolles Stadion und tolle Menschen", sagte Oberbürgermeisterin Karin Welge: "Wir haben ein tolles Turnier auf die Beine gestellt und uns als Gelsenkirchen so präsentiert, wie wir sind - weltoffen, herzlich und gastfreundlich." Das sahen dann hinterher auch die englischen Fans ein.
Leipzig: Besser als 2006
Wenn die Polizei ihre Einsätze "noch lange in guter Erinnerung behalten wird", dann kann es so schlimm ja nicht gewesen sein. Die Polizei Leipzig jedenfalls zog "ein positives Fazit aller vier Spieltage" in der Messestadt. Zufriedenheit auch in der Fanzone. Das Areal auf dem Augustusplatz war ein Zuschauermagnet. "Das ist einmalig. Das ist mit 2006 nicht zu vergleichen", freute sich Projektkoordinator Stefan Schmidt.
Auch sportlich war die Bilanz positiv: Portugals Cristiano Ronaldo und Kroatiens Luca Modric waren da, Titelfavorit Frankreich gab sich die Ehre und am Ende jubelten die glücksbeseelten Türken im Achtelfinale.
Düsseldorf: Drei Halbfinalisten und ein Altbier-Fan
Zufriedenheit auch in Düsseldorf nach drei erfolgreichen Public-Viewing-Zonen und stimmungsvollen Fanmärschen. "Es gibt so viele Menschen, die hier eine gute Zeit verbracht haben und dann in ihrer Heimat erzählen, dass Düsseldorf eine wunderbare Stadt ist. Mehr können wir uns an der Stelle nicht wünschen," sagte Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) dem WDR. Seine wertvollste Trophäe ist ein signiertes Trikot von Starstürmer Kylian Mbappé.
Gleich drei der vier Halbfinalisten haben in Düsseldorf gespielt: Spanien und England je einmal, Frankreich sogar doppelt. Was außerdem in Erinnerung bleibt: ein oft verbreitetes Video, in dem ein Österreich-Fan von Altbier schwärmt und über Kölsch lästert - Balsam für die Düsseldorfer Seele.
München: Vor allem sportliche Höhepunkte
Bayerns Landeshauptstadt erlebte sportliche Höhepunkte wie Deutschlands furioses 5:1 im Eröffnungsspiel gegen Schottland und Spaniens 2:1-Halbfinalsieg gegen Frankreich inklusive Traumtor von Lamine Yamal.
Auch die Stadt München schaut positiv auf die vergangenen Wochen. An den sechs EM-Spieletagen, so schätzt das Referat für Arbeit und Wirtschaft, lag die touristisch bedingte Wertschöpfung bei circa150 Millionen Euro. Über 500.000 Fans aus aller Welt waren zur EM in Bayern. Das Stadion war laut der UEFA immer ausverkauft und auch die Fan Zone am Olympiapark besuchten bislang über 600.000 Gäste.
Berlin: Zwei Tage Sonderurlaub für Polizei und Feuerwehr
Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf der EM. "Wir haben gezeigt: Wir können Sicherheit", sagte Spranger auf einer Pressekonferenz am Montag. Den Einsatzkräften von Polizei und Feuerwehr sagte sie zwei Tage Sonderurlaub zu.
Insgesamt hätten mehr als eine Million Menschen auf den "Fan-Zones" am Brandenburger Tor und vor dem Reichstagsgebäude gefeiert. Allein beim Endspiel Spanien gegen England seien 120.000 Menschen dort gewesen.
Mit Blick auf die Kosten von mehr als 80 Millionen Euro, die Berlin als Austragungsort zu stemmen hatte, erklärte die Innensenatorin: "Wir sollten keinen einzigen Cent, den wir reingesteckt haben, bereuen." Es sei gut gewesen, dass Berlin dieses Geld in die Hand genommen habe.
Noch vor Ende der Europameisterschaft hatte der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ein durchwachsenes Fazit für die Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe in Deutschland gezogen. Das Fußballevent habe "erwartungsgemäß keine Umsatzzuwächse" beschert.