Dänemark-Kapitän Christian Eriksen jubelt

EM-Treffer drei Jahre nach dem Drama Eriksen ist Herz, Rhythmus und Papa von Dänemark

Stand: 10.07.2024 08:50 Uhr

Nach einem Herzstillstand vor drei Jahren ist Christian Eriksen bei der Fußball-EM 2024 auf die große Bühne zurückgekehrt - und wie. Beim EM-Auftakt gegen Slowenien traf er in der 17. Minute zum 1:0.

Von Patrick Stricker, Stuttgart

Kurz vor Turnierbeginn übte sich Christian Eriksen in einem bewundernswerten Pragmatismus. "Alles, was über das erste Spiel hinausgeht, wäre schön", sagte der 32-Jährige - schob dann aber schnell noch einen Satz hinterher, der zumindest erahnen ließ, wie der Mittelfeldspieler auf seine ganz persönliche Geschichte blickt: "Auf dieses Niveau zurückzukommen, war für mich von Anfang an ein Ziel, als ich erfuhr, dass ich wieder Fußball spielen kann."

Christian Eriksen: Plötzlich ging es um sein Leben

Wieder Fußball spielen. Vor ziemlich genau drei Jahren war das ein alles andere als selbstverständliches Vorhaben. Am 12. Juni 2021, die dänische Nationalmannschaft startete gerade in Kopenhagen mit einem Heimspiel gegen Finnland in die EM 2020, ging es plötzlich um Eriksens Leben.

Gegen Ende der ersten Halbzeit blieb der Profi von jetzt auf gleich regungslos am Boden liegen: Sein Herz hatte für einige Minuten aufgehört zu schlagen. Hinter dem Sichtschutz seiner erschrockenen Mitspieler, die sich um ihn herum aufstellten, wurde Eriksen auf dem Spielfeld mit Herzdruckmassagen und einem Defibrillator wiederbelebt. Der Schock saß tief, auch und vor allem bei unzähligen Fußballfans in ganz Europa.

Dänemark startet gegen Slowenien in die EM

Doch innerhalb von nur wenigen Monaten deutete sich an, dass aus Eriksens Geschichte eine Story mit Happy End werden könnte. Der Offensivspieler ließ sich behandeln, einen "internen implantierbaren Defibrillator" einsetzen, er durchlief eine Reha - bis zu seinem Comeback bei Premier-League-Klub FC Brentford Ende Februar 2022.

Mit Dänemarks erstem EM-Auftritt gegen Sloweinen kehrte Eriksen nun auf die große Bühne des internationalen Fußballs zurück.

"Zum Glück ist das alles jetzt drei Jahre her, und seitdem ist viel passiert", blickte Eriksen zurück: "Ich habe viele Spiele gemacht, und es ist nichts, woran ich jeden Tag denke. Es ist nicht vergessen. Aber es ist auch nichts, was mich bremst." Man könnte fast meinen: im Gegenteil.

Kasper Hjulmand: "Eriksen ist der Rhythmus, das Herz"

Während des Abschlusstrainings der Dänen am Spielort Stuttgart und auch in ihrem EM-Quartier in Freudenstadt drängte sich der Eindruck auf, dass der Spielmacher (41 Tore in 130 Länderspielen) mehr denn je zum innersten Zirkel von "Danish Dynamite" gehört.

"Christian Eriksen ist der Rhythmus, das Herz des Teams", sagte Nationaltrainer Kasper Hjulmand, der 2014/15 den Bundesligisten Mainz 05 coachte, über seinen Taktgeber: "Er fühlt das Spiel."

Vor allem mit Mittelstürmer und Torjäger Rasmus Hojlund verbindet Eriksen eine besondere Beziehung. Beide spielen für Manchester United, beide wollen und können dabei helfen, dass Dänemark mindestens den Halbfinal-Einzug von 2021 wiederholt.

Dänemarks Eriksen und Hojlund - wie Vater und Sohn

"Er nennt mich Vater", sagt Eriksen über den elf Jahre jüngeren Hojlund. "Und jedes Mal, wenn ich einen Raum betrete, fragen mich die Leute: Wo ist dein Sohn? Aber das ist alles nur ein Spaß", flachste der 32-Jährige vor dem Auftaktmatch der Dänen gegen Slowenien.

Nach dem erstem Gruppenspiel vor drei Jahren, das Dänemark völlig nebensächlich mit 0:1 gegen Finnland verlor, verbrachte Eriksen den Rest des Turniers im Krankenhaus. Nun will er auch die anderen Partien erleben, gegen England, Serbien und am liebsten viele K.o.-Spiele.

"Ich freue mich einfach darauf, Fußball zu spielen und versuche, das Positive darin zu sehen", so Eriksen - und übt sich wieder in diesem bewundernswerten Pragmatismus.