Deutschland im Halbfinale U17-EM - DFB-Youngster greifen nach den Sternen
Sie sind Teenager und träumen von der großen Fußballkarriere: Die U17-Auswahlspieler des DFB spielen derzeit ein überzeugendes EM-Turnier in Ungarn. Doch der Weg in die Spitze ist noch weit.
Allein so ein Name lässt ja schon Träume sprießen: Paris Brunner heißt er - der Stürmer der deutschen U17-Nationalmannschaft, der das Team bei der derzeit laufenden Europameisterschaft in Ungarn gewissermaßen ins Halbfinale geschossen hat. Brunner ist ein kantiger Mittelstürmer mit einer guten Grundschnelligkeit, der im Alltag sehr erfolgreich für Borussia Dortmund stürmt. Am Dienstag geht es für ihn und die anderen deutschen Talente gegen Polen um den Finaleinzug.
Brunner und Kollegen gehen favorisiert in diese Partie, nachdem sie bislang ein blitzsauberes Turnier hingelegt haben. In der Vorrunde gelangen ihnen in drei Spielen drei Siege (10:1 Tore), gegen die Schweiz gewann das Team von Trainer Christian Wück im Viertelfinale (3:2 nach Elfmeterschießen), obwohl man 75 Minuten lang in Unterzahl agieren musste.
Paris Brunner - eine Quote wie Moukoko
2020 wechselte Brunner vom Revier-Nachbarn VfL Bochum zu Borussia Dortmund, spielte zuvor auch schon in der Jugend von Rot-Weiss Essen. Beim BVB zündete der 1,85 Meter große Mittelstürmer dann die nächste Entwicklungs-Stufe: Er war bei den B-Junioren so schnell ein zuverlässiger Torgarant (16 Tore in fünf Spielen), dass er schon als 16-Jähriger flugs zur U19 hochgezogen wurde. Seine Saisonbilanz 22/23 ist beeindruckend: In 31 Pflichtspielen gelangen ihm ganze 28 Torbeteiligungen. Vier darunter in der Youth League, in der er mit dem BVB bis zum Viertelfinale kam.
Natürlich - und das ist heutzutage bei 17-Jährigen gängige Praxis - hat das Tauziehen um das große Sturmtalent schon längst begonnen. Auf internationaler Ebene - schließlich konnte sich Brunner auch bereits in der Uefa Youth League präsentieren.
Paris Brunner (links)
Die großen Klubs sind dran am Modellathleten - alllen voran der FC Barcelona, wie man hört. Die Katalanen waren vor einigen Monaten bereits bei Dortmunds Juwel Youssoufa Moukoko abgeblitzt - bei Brunner wollen es die "Blaugrana" offenbar wieder versuchen.
Gefahr des "Abhebens" ist groß
Es ist natürlich naheliegend: Ein solcher Hype kann einen jungen Mann vom eingeschlagenen Weg abbringen. Junge Leute wie Brunner müssen Bodenhaftung behalten, wenn von allen Seiten die Schulterklopfer, Spielerberater und Vereinsagenten kommen und versuchen, ihnen den Kopf zu verdrehen - das ist nicht ganz leicht.
Nationaltrainer Wück ist aber zuversichtlich, dass sein Sturm-Ass auf dem Boden bleibt. Schon im vergangenen Winter meinte er gegenüber dem Internetportal "Goal": "Paris ist ein sehr reflektierter Spieler. Er weiß, wohin er will und was er dafür investieren muss. Das zeichnet ihn aus und ist in meinen Augen der Hauptgrund, weshalb er im vergangenen Jahr eine solch rasante Entwicklung genommen hat."
Talente - von 11.000 landen 200 in der Bundesliga
Die große Frage ist: Wie konkret sind die Chancen der U17-Nationalspieler tatsächlich, das große Ziel Profifußball zu erreichen? Die Quoten - selbst der Junioren-Nationalspieler - sind eher niederschmetternd.
Christian Wück - Trainer des U17-Teams
Wenn ein Fußballer in ein Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) eines Profiklubs kommt, konkurriert er deutschlandweit mit rund 11.000 anderen NLZ-Kickern. Jeder von ihnen kann richtig gut Fußball spielen. Bloß von diesen 11.000 Spielern kommen am Ende nur 200 in der Bundesliga an - das ist ein statistischer Fakt.
Als Beispiel für den schwierigen Weg, der selbst nach Nationalmannschafts-Erfahrungen vor U17-Spielern liegt, mag der EM-Kader von 2015 dienen. Damals gewann Deutschland in Bulgarien Silber, verlor erst im Endspiel gegen Frankreich (1:4). Mit folgender Abwehr-Besetzung während des Turniers: Joel Abu Hanna (Bayer Leverkusen), Enes Akyol (Hertha BSC), Dzenis Burnic (Borussia Dortmund), Jonas Busam (SC Freiburg), Erdinc Karakas (VfL Bochum) und Daniel Nesseler (Bayer Leverkusen). Allesamt sind sie heute um die 25 Jahre alt - als gestandene Bundesliga-Profis darf man sie weniger bezeichnen.
Wie groß ist die Profi-Chance?
Paris Brunner wird natürlich eine etwas bessere Prognose gestellt. Er mag zu jenen gehören, die eine echte Chance haben, den großen Sprung zu schaffen. Ähnlich wie Winsley Boteli, der mit der Schweiz gegen Deutschland im Viertelfinale das Nachsehen hatte. Knapp ein Jahr ist es her, dass Borussia Mönchengladbach die Verpflichtung des damals 16-Jährigen von Servette Genf bekannt gegeben hat.
Boteli zählt zu den größten Talenten im "Fohlenstall", nächste Saison geht es hoch in die U19, für die er bereits debütiert und gleich getroffen hat. Seit seinem Wechsel aus der Schweiz an den Niederrhein im Sommer 2022 steht der Angreifer bei 14 Treffern - in nicht einmal sechs Monaten. Die meisten Tore erzielte er für Borussias U17. In neun Spielen war der Schweizer achtmal erfolgreich.
Winsley Boteli - Hoffnung im Gladbacher "Fohlenstall"
Wie geht es jetzt weiter für den körperlich enorm entwickelten Angreifer? Eine Trainingslager-Nominierung bei den Profis käme im Sommer, selbst wenn Borussia bis dahin noch nicht alle Lücken im Angriff geschlossen haben sollte, wahrscheinlich zu früh. Aber im Fokus werden sie ihn schon haben in Gladbach.
Winsley Boteli (rotes Trikot)
"Haben eine super Mannschaft"
Während Boteli nach anstrenger Saison jetzt erst einmal in den Urlaub gehen kann, stehen für die deutschen U17-Talente noch große Aufgaben an. Mit dem Erreichen des EM-Halbfinales hat man sich auch bereits die Qualifikation für die kommende WM im November gesichert. Aber jetzt will das Team natürlich erst einmal den Europameistertitel. Trainer Wück glaubt an Großes: "Wir haben eine super Mannschaft. Es macht einfach Spaß, wenn man den Jungs beim Spielen zusieht!"