Aus in der Gruppenphase Deutsche U21 - Immer Pech ist Unvermögen
Die deutsche U21-Nationalmannschaft ist bei der EM in Georgien erstmals seit 2013 in der Gruppenphase ausgeschieden. Das "Minimalziel Olympia" wurde weit verfehlt. Die Gründe dafür: falsche Taktik und zu wenig Talent(e).
Ja, auch Hermann Gerland - die deutsche Trainer-Koryphäe - war Teil der U21-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft. Als Co-Trainer von Antonio Di Salvo hielt sich der 69-Jährige aber so, wie es ihm am besten gefällt, im Hintergrund auf. Seine Ratschläge konnten das blamable Aus als Tabellenletzter in der Gruppenphase aber auch nicht abwenden.
"Immer Glück ist Können" - diese Fußballweisheit stammt von eben jenem Hermann Gerland, ist aber schon ein paar Jahre alt. Bei den jüngsten drei Turnieren stand die deutsche U21-Nationalmannschaft im EM-Finale - zweimal jubelte Deutschland. Die Mannschaften und das Trainerteam müssen also wirklich etwas gekonnt haben.
30 Schüsse für einen Treffer
Jetzt, 2023, ist Deutschland erstmals seit zehn Jahren wieder in der Gruppenphase ausgeschieden. Die Bilanz: ernüchternd bis blamabel. Niederlagen gegen Tschechien und England, ein mageres Remis gegen Israel trotz 45 Minuten Überzahl. Insgesamt hat die DFB-Elf dabei 60 Mal versucht, ein Tor zu erzielen - zwei Mal ist es gelungen.
"Das Glück, das wir hinten nicht hatten, hatten wir vorne auch nicht", sagte Deutschlands Kapitän Yann Aurel Bisseck nach der 1:2-Niederlage gegen Tschechien. Und auch noch vor dem England-Spiel schlug Stürmer Kevin Schade in die gleiche Kerbe: "Spielpech ist dazugekommen. Im Normalfall gewinnen wir beide Spiele." Doch wenn Gerlands Weisheit tatsächlich stimmt, dann kann man sie auch umkehren: "Immer Pech ist Unvermögen."
Deutsche Gegner mit perfektem Matchplan
Ja, die deutsche Mannschaft war bei diesem Turnier nicht vom sogenannten Spielglück verfolgt. Natürlich hätte ein abgefälschter Schuss auch mal anders springen können. Und natürlich hätte sich dadurch auch mal ein Spielverlauf verändern können. Aber wer es so häufig probiert, ein Tor zu erzielen und immer wieder scheitert, ist einfach (aktuell) nicht gut genug. Aber wenn man eben nicht dauerhaft Glück hat, kann man es ja bekanntermaßen auch erzwingen: nicht durch die reine Masse an Schüssen, aber durch die Qualität an Schüssen und Chancen. Auch das ist der DFB-Elf nicht gelungen.
Die deutschen Gruppengegner haben es der DFB-Elf in Sachen Matchplan perfekt vorgemacht. Die Israelis wussten, dass sie spielerisch unterlegen sind: Verteidigen und kontern können sie aber und kamen damit zum Erfolg. Die Tschechen hatten vor allem die Geschwindigkeit ihrer Außenspieler als Stärke erkannt und kamen damit zum Erfolg. England ist als Turnierfavorit ein komplettes und vielseitiges Team: Ob Einzelaktionen, Bälle in die Tiefe oder One-Touch-Fußball - das können sie alles. Der sportliche Leiter der Nationalmannschaften Joti Chatzialexiou sah am Ende "ein Katz-und-Maus-Spiel".
Was ist eigentlich die Stärke dieser Mannschaft?
Es war klar ersichtlich, wie Deutschland zum Erfolg kommen wollte - aber war es der richtige Ansatz? Über außen nach vorne und dann einen Abnehmer für die Flanken finden. Sage und schreibe 90 Flanken hat die DFB-Elf in drei Spielen geschlagen - gefährlich wurde es fast nie. Die einzigen Tore fielen nach einem Freistoß (Kopfball Bisseck) und Schuss aus 16 Metern (Stiller). Der Mannschaft fehlen schlichtweg die Spieler, um wirklich gefährliche Flanken zu schlagen, geschweige denn zu verwerten.
Um die zumeist tief stehenden Gegner zu knacken, fehlte es im deutschen Spiel außerdem fast immer an Tempo, Präzision im Passspiel und auch dem Mut, mal ins Eins-gegen-eins zu gehen. "Am Ende sind es genau die Themen", sagte Chatzialexiou nach der England-Pleite: "Das prangern wir schon seit Längerem im deutschen Fußball an. Da liegt noch viel Arbeit vor uns, um den Anschluss an die Weltspitze nicht zu verpassen."
Chatzialexiou legt damit den Finger in die Wunde - nicht nur in die der U21, sondern auch in die der A-Nationalmannschaft und der gesamten DFB-Nachwuchsarbeit. Denn wenn mehrere DFB-Teams die gleichen Probleme haben, ist das womöglich auch kein Pech, sondern Unvermögen.