Nations League gegen Ungarn Deutschland sucht den Super-Sechser
Toni Kroos spielt nicht mehr - auch deshalb ist Bundestrainer Julian Nagelsmann vor dem Nations-League-Auftakt gegen Ungarn als Tüftler gefragt.
Kürzlich hat Joshua Kimmich in seiner neuen Rolle gleich mal über Titel gesprochen. So landete er bei einem Wettbewerb, den Deutschland noch nie gewonnen hat. "Die Nations League", sagte Kimmich, "redet man sich im Nachhinein unwichtig, wenn man nicht erfolgreich war."
Wenn Deutschland am Samstag (07.09.2024) mit einem Heimspiel in Düsseldorf gegen Ungarn (ab 20.45 Uhr im Live-Ticker und in der Radio-Reportage) in die vierte Ausgabe der Nations League startet, heißt der Kapitän nicht mehr Ilkay Gündogan. Er ist zurückgetreten. Kapitän ist nun Kimmich.
Eine Überraschung war das nicht. Bundestrainer Julian Nagelsmann muss künftig nicht nur ohne Gündogan auskommen, auch Manuel Neuer, Thomas Müller und Toni Kroos haben nach der EM ihren Rücktritt bekannt gegeben. Im aktuellen Kader ist deshalb Kimmich, 29, mit 91 Länderspielen der erfahrenste Spieler.
Nagelsmann legt sich fest: Kimmich bleibt Rechtsverteidiger
In der Kapitänsfrage also wählte Nagelsmann die naheliegende Lösung, ähnlich ging er in der Torwartfrage vor: Marc-André ter Stegen wird die neue Nummer eins. Auch damit hatte man rechnen können. Doch die drängendste Frage hat der Bundestrainer noch nicht geklärt, zumindest hat er das nicht in der Öffentlichkeit getan: Wer soll Kroos im Mittelfeld ersetzen?
Natürlich ist Nagelsmann manchmal darauf angesprochen worden. Aber verkündet hat er bislang nur eine Entscheidung: Kimmich wird es nicht. Ihn benötigt er als Rechtsverteidiger. "Josh", sagte Nagelsmann und meinte natürlich Kimmich, "hat bei der EM eine Benchmark gesetzt. Er hatte die mit Abstand besten Werte von allen Rechtsverteidigern. Er wird die Position weiter bekleiden."
Über Kimmich weiß man, dass er es als Rechtsverteidiger zu einigem Erfolg gebracht hat, auch weil er wunderbar flankt. Man weiß aber auch, dass er eigentlich lieber im Mittelfeld spielt. Dass er sich als "Sechser" sieht.
Doch dort hat Nagelsmann die Auswahl, die ihm rechts hinten fehlt. Auch deshalb muss der neue Kapitän weiter verteidigen.
Deutschland gegen Ungarn: Wer darf sich als Kroos-Ersatz versuchen?
Wen er sich stattdessen als Kroos-Nachfolger vorstellen kann, das hat der Bundestrainer Nagelsmann auch schon angedeutet. Kurz nach dem Ausscheiden bei der Europameisterschaft nannte er Aleksandar Pavlovic und Angelo Stiller "zwei Spieler, die ihn vom Spielstil her ersetzen können".
Pavlovic, 20, hatte Nagelsmann schon für die EM in sein Aufgebot berufen, doch der Mittelfeldspieler vom FC Bayern musste seine Teilnahme krankheitsbedingt absagen. Nun steht er wieder im Kader - und ist ein Kandidat, um an der Seite von Abräumer Robert Andrich das Spiel zu ordnen. Ein anderer Kandidat wäre Stiller, 23, er spielt beim VfB Stuttgart seit einem Jahr ähnlich dominant wie Kroos bei der EM.
Und dann ist da auch noch Pascal Groß, 33, seit Juli beim BVB. Groß soll laut Nagelsmann auf der Position von Kroos spielen. Ihn mit Kroos direkt zu vergleichen, sei aber nicht richtig, merkte Nagelsmann an. "Er macht nicht den Kroos, er macht den Pascal. Ich brauche niemanden, der den Toni ersetzt", sagte Nagelsmann.
Füllkrug erinnert sich gerne an die Stimmung bei der EM
Auch Groß hat beim DFB gerade eine neue Rolle bekommen, nur ist sie nicht so offensichtlich wie die von Kimmich. Groß ist nun Teil eines vierköpfigen Mannschaftsrats, dem auch ter Stegen, Jonathan Tah und Niclas Füllkrug angehören. Sie gehören im Kader zu den erfahreneren Spielern, sie waren in unterschiedlichen Rollen auch bei der EM dabei.
Ihre Rolle kann man sich ein wenig wie die eines Seismografen vorstellen, nur sollen sie Stimmungen in und um die Mannschaft aufzeigen und nicht Erschütterungen im Boden. Es ist eine wichtige Aufgabe, schließlich sucht der Bundestrainer Nagelsmann gerade nicht nur den neuen Super-Sechser.
Er sucht auch nach einer Achse, nach Spielern, für die Einsätze bei der Nationalmannschaft auch dann etwas Besonderes sind, wenn nicht EM ist. Wenn der Gegner in der Nations League stattdessen Ungarn heißt.
Füllkrug lobt die positive Grundstimmung im DFB-Team
In den Tagen vor dem Spiel saß vielleicht auch deshalb einmal Füllkrug bei einer Pressekonferenz der Nationalmannschaft. Füllkrug wird laut Nagelsmann gegen Ungarn von Beginn an spielen. Und er hat schon bewiesen, dass er nicht nur köpfen kann und schießen. Dass er eben auch ein Gefühl für die Belange einer Mannschaft hat.
Die größte Aufgabe, so sah Füllkrug das, werde es, die positive Grundstimmung rund um die Nationalmannschaft bei der EM zu erhalten. Er habe während des Turniers das Gefühl gehabt, sagte Füllkrug, dass viele Menschen nur zu gerne ihre Woche "nach dem Deutschland-Spiel gerichtet" hätten. "Das Gefühl war da, dass sich im positiven Sinne alles um uns gedreht hat."
Ihm hat das gefallen - so gut, dass er darauf nur ungerne verzichten würde. Dass es da vielleicht trotzdem einen Unterschied geben könnte zwischen einer Heim-EM und einem Nations-League-Spiel, das war dann aber auch Füllkrug klar. Eine Idee hatte er auch. Er sagte: "Wir wollen erfolgreich sein. Der Erfolg wird jedem Menschen gefallen."