Nach Keller-Aussage Sommermärchen-Prozess nimmt wieder Fahrt auf
Der frühere DFB-Präsident Fritz Keller hat mit seiner Zeugenaussage im "Sommermärchen"-Prozess die Spekulationen um möglichen Stimmenkauf bei der WM 2006 genährt.
Im Prozess um die Geldflüsse hat die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler derweil die Aufklärungsarbeit des Deutschen Fußball-Bundes kritisiert. Das vom DFB im Jahr 2020 beauftrage Beratungsunternehmen Esecon habe eine "wunderbare Fleißarbeit" geleistet, sagte Distler. Letztlich sei von der Kanzlei Freshfields, die zuvor mit der Aufarbeitung beauftragt war, und der Schweizer Bundesanwaltschaft abgeschrieben worden.
Für die Aufarbeitung der Vorgänge durch Freshfields und Esecon nach Bekanntwerden der Affäre im Herbst 2015 hatte der DFB viel Geld ausgegeben. Keller, der von 2019 bis 2021 DFB-Präsident war, gab an, die Esecon-Nachforschung habe einen sechsstelligen Betrag gekostet. "Es wurde sehr viel Geld ausgegeben, von dem man auch Steuern hätte bezahlen können oder andere Sachen", sagte die Vorsitzende Richterin Distler.
Fritz Keller: "Gebe zu, dass es eine Finte war"
Konkret ging es bei Kellers Befragung am Donnerstag (05.12.2024) um die Inhalte eines Gesprächs zwischen ihm selbst und dem ehemaligen DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt am 10. Februar 2021, zu dem er ohne vorherige Kenntnis seines Gegenübers einen Vertreter des Beratungsunternehmens Esecon hinzugezogen hatte.
"Ich gebe zu, dass das eine kleine Finte war", so Keller. Schmidt habe der Anwesenheit des Vertreters von Esecon aber zugestimmt. Im Gespräch habe er schnell gemerkt, "dass da nichts großartig Neues rauskommt", führte der 67-Jährige aus. Es habe keine "sehr weitreichenden neuen Geschichten" gegeben. Das einzige sei gewesen, dass Schmidt die "Spekulation" geäußert habe, "dass es sehr wahrscheinlich Stimmenkauf ist". An konkrete Inhalte des Gesprächs konnte sich Keller am Donnerstag ansonsten nur noch in kleinen Teilen erinnern.
"Kleine Finte" - Fritz Keller
Gesprächsprotokoll nicht freigegeben
Schmidt habe damals das Gesprächsprotokoll nicht freigegeben mit der Begründung, dass dieses mehrere Fehler beinhalte. Esecon war im Frühjahr 2020 während der Amtszeit Kellers mit einer tieferen Aufarbeitung der Sommermärchen-Affäre beauftragt worden. "Ich war der Meinung, dass man das nochmal intern neu überprüfen sollte und hatte den Eindruck, dass nicht alle Bereiche durchleuchtet wurden von Freshfields", begründete Keller.
Er sagte als erster von drei ehemaligen DFB-Präsidenten aus, sein Auftritt bildete den Auftakt in einige Wochen mit prominenten Zeugen. Am 13. Januar soll Reinhard Grindel aussagen, am 30. Januar Wolfgang Niersbach. Erkenntnisse verspricht sich das Gericht auch von Ex-FIFA-Präsident Sepp Blatter und Günter Netzer, die im Februar per Video vernommen werden sollen.
Zwanziger sitzt auf der Anklagebank
Der Prozess war im November wieder fortgeführt worden, nachdem er zuvor wegen einer Erkrankung der Vorsitzenden Richterin Eva-Marie Distler für gut zwei Monate unterbrochen gewesen war. Auf der Anklagebank sitzt inzwischen nur noch der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger (79).
Ursprünglich mussten sich seit Anfang März neben Zwanziger auch die früheren DFB-Funktionäre Niersbach (74) und eben Schmidt (83) wegen des Verdachts der "Hinterziehung, bzw. Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2006 in Höhe von über 13,7 Millionen Euro zugunsten des DFB" verantworten.
Niersbach und Schmidt sind raus
Das Trio weist die Vorwürfe zurück. Das Verfahren gegen Niersbach war am 26. August unmittelbar vor der Prozess-Unterbrechung gegen eine Zahlung von 25.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen eingestellt worden. Schmidt bekommt wegen gesundheitlicher Probleme, die bereits für eine zweimonatige Verhandlungspause im Sommer gesorgt hatten, ein abgetrenntes Verfahren.