Sommermärchen-Prozess Verfahren gegen Niersbach vorerst eingestellt
Das Verfahren im Sommermärchen-Prozess gegen den früheren DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach ist gegen eine Geldauflage von 25.000 Euro zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zunächst für einen Monat eingestellt worden. Erfüllt der ehemalige Verbandsboss die verhängte Zahlungsauflage bis zum 9. September, ist der Prozess für ihn endgültig beendet. Damit sitzt nur noch Niersbachs Vorgänger als DFB-Präsident, Theo Zwanziger, auf der Anklagebank.
"Dies ist kein Freispruch. Der Tatverdacht besteht weiter, auch wenn die Schuld als gering zu betrachten ist", sagte Eva-Marie Distler, Vorsitzende Richterin am Landgericht Frankfurt/Main, am Montag (26.08.2024) über die Einstellung des Verfahrens gegen Niersbach wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Die Vorsitzende Richterin begründete die Entscheidung damit, dass Niersbach "möglicherweise der Einzige ist, der nicht explizit involviert war in die Vorgänge".
Zudem sei Niersbach durch den Skandal am tiefsten gefallen. "Für ihn war es ein persönliches Waterloo. Er hat alle Ämter verloren. Die Auswirkungen waren deutlich höher als bei den anderen Angeklagten", sagte die Vorsitzende Richterin. Der heute 73-Jährige war nach einem stetigen Aufstieg beim DFB von 2012 bis 2015 dessen Präsident, ehe er wegen der WM-Affäre zurücktrat.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt, die eine Geldauflage von 58.000 Euro angedacht hatte, stimmte der Einstellung zu. Diese Entscheidung sei "sachdienlich und gerechtfertigt", sagte Oberstaatsanwalt Jesco Kümmel bei der Verhandlung.
Ihr Mandant nutze die Möglichkeit, "die Belastungen für ihn und seine Familie" zu beenden, sagte Niersbachs Anwältin Renate Verjans. Sie bekräftigte zudem, dass die Einstellung gegen eine Geldauflage "kein Schuldeingeständnis" von Niersbach sei.
Schon vor der Sommerpause des Steuerprozesses hatte Distler die Abtrennung des Verfahrens gegen den früheren DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt aus gesundheitlichen Gründen verfügt. Somit ist der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger der einzig verbliebene Angeklagte. Da Zwanziger nach Ansicht Distlers auf "einen Freispruch abziele", der "momentan nicht in Betracht" käme, gebe es für ihn kein Angebot einer Einstellung.
Frühere DFB-Spitzenfunktionäre Niersbach, Schmidt und Zwanziger vor Gericht
Die einstigen Spitzenfunktionäre des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sollen eine im April 2005 an den Weltverband FIFA erfolgte Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro in der Steuererklärung für 2006 unrechtmäßig als Betriebsausgabe deklariert und damit die Steuer für das WM-Jahr um rund 13,7 Millionen Euro gekürzt haben. Alle drei Angeklagten weisen den Vorwurf strikt zurück.
Sommermärchen-Prozess läuft weiter - Radmann und Blatter als Zeugen erwartet
Die FIFA hatte die 6,7 Millionen Euro nur einen Tag nach dem Eingang an Robert Louis-Dreyfus weitergeleitet. Der französische Unternehmer hatte im Jahr 2002 ein Darlehen in Höhe von zehn Millionen Schweizer Franken auf ein Konto von Franz Beckenbauer überwiesen. Diese Summe war später auf einem Firmenkonto des damaligen FIFA-Vizepräsidenten, Mohamed bin Hammam, in Katar gelandet. Welchem Zweck das Geld diente, ist immer noch unklar.
Als weitere Zeugen vor Gericht werden unter anderem noch Fedor Radmann, der einst im Organisationskomitee der WM 2006 saß und als enger Vertrauter des verstorbenen Beckenbauer galt, sowie der ehemalige FIFA-Präsident Joseph S. Blatter und Ex-DFB-Präsident Fritz Keller erwartet.