Comeback beim DFB-Team Toni Kroos - die Rückkehr des Gamechangers
Toni Kroos ist zurück bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und fühlt sich bereit, bei der Heim-EM eine Führungsrolle im DFB-Team zu übernehmen.
Eines hat Julian Nagelsmann mit der Berufung von Toni Kroos schonmal geschafft. Es wird wieder mehr über die Nationalmannschaft gesprochen. Und zwar nicht über politische Statements und Trikot-Designs. Sondern über grundlegende, fußballerische Dinge wie Taktik und Aufstellung. Und das drei Monate vor dem Beginn einer Heim-EM, die nach Möglichkeit bei großen Teilen des Landes Begeisterung entfachen soll, aber bislang eher unter dem Radar läuft.
Doch dafür gibt es ja jetzt Kroos, einen der wenigen verbliebenen deutschen Weltstars. Ein echter Gamechanger, allein was die Wahrnehmung des Nationalteams angeht, das nach einer Reihe von verkorksten Turnieren ein Imageproblem mit sich herumschleppt.
"Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich nochmal hier sitzen würde", sagte der 106-malige Nationalspieler am Dienstag (19.03.2024) bei der Pressekonferenz auf dem DFB-Campus. Seinen bislang letzten Auftritt im DFB-Dress hatte Kroos bei der 0:2-Niederlage im EM-Achtelfinale gegen England, das zugleich auch das Ende der Amtszeit von Bundestrainer Joachim Löw bedeutete.
Kroos: "Lust, der Mannschaft helfen zu wollen"
Für die Entscheidung zurückzukehren, habe er sich durchaus Zeit genommen und viele Dinge abgewogen, verriet Kroos. Mit Julian Nagelsmann sei er "schnell auf einer Wellenlänge" gewesen. "Wir haben viel darüber gesprochen, wie man wieder Erfolg haben kann", so Kroos. Am Ende habe ihn wieder die Lust gepackt, der Mannschaft helfen zu wollen, bei einer Heim-EM. Es ginge darum zu zeigen, "ob Deutschland ein besseres Turnier spielen kann, als viele annehmen im Land. Vielleicht auch zu Recht, nach den letzten Auftritten."
Nagelsmanns Plan mit Kroos
Der Bundestrainer, dies ließ Kroos durchblicken, habe ihm dabei in den Gesprächen einen festen Platz im Mittelfeld zugesichert. Schon bei der Bekanntgabe des Kaders, als das Comeback von Kroos feststand, lobte Nagelsmann das "unglaubliche Gespür" und die Erfahrung des Spiellenkers von Real Madrid: "Er kann ein genialer Verbindungsspieler zwischen Offensive und Defensive sein."
Wer immer noch von "Querpass-Toni" schreibe, habe leider gar keine Ahnung vom Fußball, sagte Nagelsmann und gab damit noch den zahlreichen Kritikern einen mit, die sich in der Vergangenheit an der Spielweise des Regisseurs gestoßen hatten, darunter Branchengrößen wie Uli Hoeneß.
Kroos: "Muss niemandem mehr etwas beweisen"
Wie ein Reporter Kroos bei der PK übermittelte, habe sich nun aber auch Hoeneß positiv über Kroos‘ Comeback im Nationalteam geäußert. Kroos handelte dies ebenso routiniert wie gelassen ab wie die Kritik aus der Vergangenheit aus gewissen Teilen des Fußballbetriebs. Er habe seinen Frieden damit geschlossen, sagte Kroos, er müsse niemandem mehr etwas beweisen. Für die Entscheidung zur Rückkehr ins DFB-Team seien die "handelnden Personen bei der Nationalmannschaft" ausschlaggebend gewesen, "keine Meinungen von außen".
Gündogan über Kroos-Comeback: "Wir wollen es den Kritikern beweisen"
Dass Kroos der Nationalmannschaft bei der EM helfen kann, davon ist nicht nur der Bundestrainer überzeugt, sondern auch der Kapitän. Nagelsmann habe ihn sogar kontaktiert und sich das Okay geholt, ob er Kroos zurückholen solle, verriet Ilkay Gündogan zuletzt im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Er sei sofort einverstanden gewesen, er habe noch nie ein Problem mit Kroos gehabt, sagte Gündogan, im Gegenteil: "Wir wollen den Kritikern beweisen, dass wir zusammenpassen und dem deutschen Spiel unseren Stempel aufdrücken können."
Kroos neben Gündogan - und wer dahinter?
Gündogan ging damit selbst auf die Debatte ein, die das Nationalteam nun aller Voraussicht nach bis ins Turnier hinein begleiten wird: welche Auswirkungen die Rückkehr von Kroos auf die taktische Ausrichtung, vor allem auf die Statik im zentralen Mittelfeld haben wird. Beide haben als Spielertyp große Ähnlichkeiten, sind herausragende Techniker und Kreativspieler. Gündogan hat vom Bundestrainer im Nationalteam eine offensivere Rolle zugesprochen bekommen. Kroos wiederum spielt bei Real Madrid inzwischen einen etwas defensiveren Part, doch wie auch Gündogan in der "SZ" bemerkte: "Keiner von uns ist ein richtiges Zweikampfmonster."
Einen Mangel an "Workern" hatte auch Nagelsmann nach den zuletzt ernüchternden Testspielen als große Baustelle im DFB-Team ausfindig gemacht. Sollte der Bundestrainer in der Zentrale mit Gündogan und Kroos, den zwei Feingeistern der spanischen Weltklubs, planen, dann bräuchte es zur Absicherung eigentlich zwingend eine "Working Six": einen klassischen Abräumer, der erst einmal dazu da ist, den Offensiv-Strategen den Rücken freizuhalten.
Zuletzt schien Pascal Groß, der in Brighton auf dieser Position eine erstaunliche Entwicklung genommen hat, dafür der Favorit des Bundestrainers zu sein. Aber auch der zuverlässige Robert Andrich spielte sich in dieser Saison in Leverkusen in den Vordergrund. Zudem berief Nagelsmann für die kommenden Länderspiele gegen Frankreich und die Niederlande erstmals den 19-jährigen Alexander Pavlovic, der beim FC Bayern drauf und dran ist, sich als Sechser zu etablieren. Pavlovic musste sein mögliches Debüt im DFB-Trikot allerdings krankheitsbedingt verschieben.
Das neue DFB-Mittelfeld - wo spielt Kroos?
Natürlich sollte sich auch Kroos zu den taktischen Planspielen im deutschen Mittelfeld äußern. Er verwies zunächst darauf, dass für eine gute Spielzentrale das Gesamtkonstrukt stimmen müsse, der "richtige Mix aus Spielern, die alle Facetten mitbringen: Sicherheit, Aggressivität, aber auch offensive Kreativität". Dann sprach er aber auch vom erfolgreichen Modell bei Real Madrid, mit einer festen Rollenverteilung zwischen dem Spielmacher in vorderster Front, einem Achter und einem Sechser. Übertragen auf die mögliche neue Grundausrichtung im deutschen Mittelfeld, konnte man dies durchaus so deuten, dass Kroos sich hinter dem Zehner Gündogan auf der Acht verortete - mit einer weiteren Absicherung dahinter.
Vorlagengeber für Musiala und Co: "Können uns viel Freude bereiten"
Was Kroos dem auf vielen Positionen veränderten DFB-Team in jedem Fall mitbringt, ist seine große Erfahrung. Er schwärmte von den neuen Überfliegern in der Offensive wie Florian Wirtz und Jamal Musiala. Er sehe es auch als seine Aufgabe an, diese Spieler in die richtige Position zu bringen, "dann könnten sie uns viel Freude bereiten", sagte Kroos.
Der Routinier ist im verjüngten DFB-Team einer der wenigen Führungsspieler, die älter als 30 Jahre sind, neben Gündogan, dem ewigen Thomas Müller und Keeper Manuel Neuer. Auch deshalb fühlt Kroos sich bereit, gleich wieder eine tragende Rolle zu übernehmen: "Es ist kein Geheimnis, dass es hilft, Spieler dabei zu haben, die schon drei oder vier Turniere gespielt haben." Einen wie Toni Kroos.
Datum | Gegner | Ort |
---|---|---|
23.03.24 | Frankreich | Lyon |
26.03.24 | Niederlande | Frankfurt |
03.06.24 | Ukraine | Nürnberg |
07.06.24 | Griechenland | Mönchengladbach |
14.06.24 | Schottland | München (EM) |
19.06.24 | Ungarn | Stuttgart (EM) |
23.06.24 | Schweiz | Frankfurt (EM) |