Spätes DFB-Debüt Marius Wolf - Ein Mann für die Baustelle
Mentalitätsspieler und Problemlöser: Außenverteidiger Marius Wolf soll im DFB-Team gleich mehrere Baustellen schließen.
Als DFB-Neuling Marius Wolf die Glückwünsche zu seiner Nominierung von Kumpel Kevin-Prince Boateng empfing, blühte der Flachs. "Wir haben ein, zwei Späßchen gemacht", verriet der Dortmunder über das Telefonat mit dem Hertha-Profi und berichtete schmunzelnd: "Er war auch glücklich, dass er noch ein Jahr spielen darf."
Zur Erinnerung: Boateng, damals wie Wolf in Frankfurt, hatte 2018 im Jahr des DFB-Pokalsiegs der Eintracht gesagt: "Wenn Marius Wolf kein Nationalspieler wird, dann höre ich auf." Fünf Jahre später und kurz vor dem bevorstehenden Karriereende von Boateng ist es so weit: Hansi Flick hat Wolf beim Neustart der DFB-Auswahl nach der missratenen WM erstmals in seinen Kader geholt - und gleich viel vor mit dem Spätberufenen.
Marius Wolf (l.) und Kevin-Prince Boateng (2. v. l.) jubeln gemeinsam im Trikot von Eintracht Frankfurt nach dem DFB-Pokalfinale 2018.
Wolf ist Flicks achter Rechtsverteidiger
Wolf, immerhin schon 27 Jahre alt, soll sich als Problemlöser auf der "ewigen" Baustelle rechts hinten erweisen. Flick hat auf der Position in seiner 19-monatigen Amtszeit schon sieben (!) Profis eingesetzt - Wolf, neben dem der Bundestrainer noch den Stuttgarter Ergänzungsspieler Josha Vagnoman für dieselbe Rolle berufen hat, dürfte gegen Peru am Samstag (20.45 Uhr) Nummer acht werden.
"Gerade Marius auf der Außenbahn hat es sich verdient, weil er die letzten Wochen eine gute Entwicklung gemacht hat", sagte Flick über die Nominierung und lobte die "Mentalität" des Debütanten, der versprach: "Ich werde 100 Prozent geben wie bei Dortmund, bei mir gibt es immer nur 100 Prozent!" Dass er dabei sein darf, nennt Wolf "ein überragendes, ein unbeschreibliches Gefühl".
Sackgassen, Herz-OP und jetzt Nationalspieler
Schließlich verlief sein Weg in die Nationalelf auf überaus verschlungenen Wegen, die gleich mehrfach in einer Sackgasse zu enden drohten. Aussortiert in der Jugend in Nürnberg, in die zweite Mannschaft verbannt in Hannover, zweimal verliehen vom BVB: Der Mann mit dem blonden Zopf und dem Schnauzbart bekam nichts geschenkt. Im vergangenen November schreckte er mit Vorhof-Flimmern aus dem Schlaf, über seine Gedanken in diesem Moment, sagte er, spreche er "lieber nicht" zu genau: "Das war nicht schön."
Doch auf die Herz-OP folgte die beste Phase seiner Karriere. "Er hat bewiesen", sagte BVB-Trainer Edin Terzic, "dass man sich bei uns mit Arbeit und Fleiß alles erarbeiten kann." Auch eine späte Berufung in die Nationalmannschaft. Was er dort über sieben Jahre nach seinem einzigen Junioren-Länderspiel für die U20 gegen Italien (0:2) einbringen will? "Über das Kämpferische zu kommen, zeichnet mich aus", sagte der Mann mit den silbernen Ohrringen und über einem Dutzend Tattoos. Den Pokal, den er an der Seite von Boateng errungen hat, ließ sich Wolf damals übrigens auf das rechte Schienbein stechen. Für die EM-Trophäe wäre aber sicher noch Platz.