Celtics Greg Taylor (l.) im Kopfballduell James Tavernier von den Glasgow Rangers

Neue Richtlinien des Verbands Profiklubs in Schottland sollen weniger Kopfbälle trainieren

Stand: 28.11.2022 20:10 Uhr

Im schottischen Profifußball soll das Kopfballtraining ab sofort eingeschränkt werden. Die neuen Richtlinien stützen sich auf Ergebnisse einer medizinischen Studie, wonach Profifußballer ein mehr als dreifach erhöhtes Risiko für schwere neurologische Schäden haben.

Die schottische Football Association (SFA) hat eine Beschränkung der Zahl von Kopfbällen im Training eingeführt. Wie mehrere britische Medien, darunter BBC und "Guardian" berichten, sollen demnach speziell auf das Kopfballspiel abzielende Trainingseinheiten mit wiederholten Kopfbällen, wie zum Beispiel das Training von Flanken und Standards, künftig höchstens noch einmal pro Woche stattfinden. Jeweils einen Tag vor und nach einem Spiel soll im Training überhaupt nicht geköpft werden. Für die Spiele hingegen gibt es vorerst keinerlei Einschränkungen.

Die neuen Richtlinien sollen mit sofortiger Wirkung in Kraft treten und für alle schottischen Profiligen bindend sein. Der Verband reagierte damit auf die alarmierenden Ergebnisse einer Langzeitstudie der Universität Glasgow.

Studie: "Messbare Beeinträchtigung des Gedächtnisses" durch Kopfbälle

Die wissenschaftliche Untersuchung hatte ergeben, dass ehemalige Fußballer ein mehr als dreifach erhöhtes Risiko entwickeln, Demenz oder andere schwere Gehirnerkrankungen zu bekommen. "Wir konnten feststellen, dass es nach einer Serie von Kopfbällen noch bis zu 48 Stunden lang zu messbaren Beeinträchtigungen des Gedächtnisses kommt", zitierte der Guardian den leitenden Arzt Dr. John MacLean, der von der SFA mit der Studie beauftragt worden war. Deshalb müsse es das Ziel sein, "Kopfbälle im Training generell einzuschränken, um mögliche kumulative Langzeiteffekte einzudämmen."

Das Team von der Universität Glasgow hatte die Todesursachen bei mehr als 7.600 zwischen 1900 und 1976 verstorbenen früheren Profifußballern mit denen einer 23.000 Personen großen Kontrollgruppe aus der allgemeinen Bevölkerung verglichen. Die Rate an Todesfällen infolge neurodegenerativer Erkrankungen und verordnete Medikamente für Demenzerkrankungen seien in der Gruppe der früheren Fußballer höher gewesen, so die Studie.

Mehrere WM-Helden von 1966 an Demenz erkrankt

Der mögliche Zusammenhang zwischen Kopfballspiel und Gehirnerkrankungen ist bereits länger ein Thema auf der Insel, mehrere der verstorbenen WM-Helden von 1966 wie Jack Charlton, Martin Peters, Ray Wilson oder Nobby Stiles waren an Demenz erkrankt. Es drohen Klagen und Entschädigungsforderungen von Hinterbliebenen gegen den englischen Fußball-Verband.

Schottlands Fußball ist im Nachwuchsbereich zusammen mit den britischen Verbänden aus England und Nordirland bereits ein Vorreiter. Für Jugendliche unter zwölf Jahren sind Kopfbälle seit 2020 beim Training grundsätzlich verboten.

Überwachung der Kopfballbeschränkungen im Training?

Die Verbände im englischen Profifußball, darunter die Premier League, hatten im Vorjahr ebenfalls eine Beschränkung von Kopfbällen im Training eingeführt, erlaubt sein sollen demnach nur noch zehn "higher-forced" Kopfbälle, also Kopfbälle mit erhöhtem Kraftaufwand und physischer Belastung. Doch schon seinerzeit gab es Kritik - vor allem daran, wer die Einhaltung der Beschränkungen überwachen und gegebenfalls sanktionieren soll.

Genau diese Frage stellt sich nun auch bei der neuen Kopfball-Richtlinie aus Schottland. Nach eigenen Angaben hatte sich der schottische Verband mit 50 Profiteams aus dem Männer- und Frauenfußball beraten, bevor die neuen Trainingsbeschränkungen verabschiedet wurden. Mehr als 70 Prozent der Profiklubs wollen die neuen Vorgaben unterstützen. Die Umsetzung und Überwachung der Vorgaben im täglichen Training sollen aber den Klubs vorbehalten sein.