"Schande für afrikanischen Fußball" Benin-Spieler und Trainer Rohr von Polizei angegriffen
Eigentlich hat Gernot Rohr gerade allen Grund zur Freude: Mit der Nationalelf von Benin hat er sich für den Afrika-Cup 2025 qualifiziert. Auf das letzte Qualifikations-Spiel in Libyen ist der Trainer aber gar nicht gut zu sprechen.
Gernot Rohr hat schon so einiges erlebt. Einst als Spieler war der in Mannheim geborene 71-Jährige dreimal französischer Meister mit Girondins Bordeaux, um nach seiner aktiven Karriere die Trainerlaufbahn einzuschlagen. Die führte ihn in den vergangenen 15 Jahren zu abenteuerlichen Stationen: In Niger, Burkina Faso, Gabun, Nigeria war er Nationaltrainer, seit Anfang dieses Jahres bekleidet er dieses Amt im westafrikanischen Benin.
Aber das, was er mit seinem Team Ende November beim letzten Qualifikationsspiel für den Afrika-Cup 2025 erlebte, war auch für den höchst erfahrenen Deutsch-Franzosen zu viel: "Eine Schande für den afrikanischen Fußball", nennt er das, was ihm und seinen Leuten in Tripolis, der Hauptstadt Libyens, widerfuhr.
Eskalation nach Spielabpfiff
Es war das letzte Quali-Spiel, und es ging um viel. Libyen hätte einen Sieg für die erfolgreiche Qualifikation benötigt, Benin reichte ein Unentschieden, um das Ticket als Tabellenzweiter der Gruppe hinter Nigeria für die Endrunde in Marokko zu ziehen. Nach kampfbetonten 90 Minuten stand es 0:0. Benin hatte es geschafft.
"Wir sind nach dem Abpfiff von den gegnerischen Trainern angegriffen und geschlagen worden. Dann wurden wir in der Kabine eingeschlossen. Als wir dann endlich im Mannschaftsbus saßen, kamen bewaffnete Polizisten in das Gefährt und haben uns dort tätlich angegriffen", berichtet Rohr.
"Ordnungskräfte" gehen auf Nationalspieler los
Gemeinschaftlich hätten die Spieler seines Landes es dann irgendwann geschafft, die mit Schlagstöcken bewaffneten "Ordnungskräfte" aus dem Bus zu drängen. "Es ist dringend nötig, dass der afrikanische Fußballverband CAF hier reagiert und keine Qualifikationsspiele mehr in Ländern mit derart labiler politischer Lage zulässt", fordert Rohr.
Die Lage in Libyen ist auch vier Jahre nach Beendigung des Bürgerkriegs unübersichtlich. Das Land ist seit 2021 politisch in zwei Lager geteilt. Die in Tripolis amtierende, international anerkannte Regierung der Nationalen Einheit unter Premierminister Abdelhamid Dabeiba beherrscht mithilfe von mächtigen Milizen den Nordwesten des Landes. Ihr Einflussbereich wird maßgeblich durch türkische Militärbasen in der Region gesichert.
Gewalt und Unruhen prägen das Bild in Libyen
Dagegen kontrolliert eine mächtige Miliz um Anführer Chalifa Haftars mithilfe einer russischen Militärpräsenz den Osten, das Zentrum und den Süden des Landes. Es geht um Geld und Bodenschätze, ständig flammen Unruhen und Kämpfe um die Verteilung der Rohölerträge auf. Die Bevölkerung lebt in ständiger Angst vor ausbrechenden Gewaltexzessen.
Dass in dieser Gemengelage offizielle Fußballspiele im Land stattfinden, ist nicht nur in Rohrs Augen absurd.
Nigerias Team wurde am Flughafen eingesperrt
Gerade erst einen Monat zuvor hatte es eine ähnliche Eskalation in Libyen mit der Nationalelf Nigerias gegeben. Die war über Stunden auf einem menschenleeren Flughafen eingesperrt und festgehalten worden. Ohne Essen und Getränke, ohne die Möglichkeit nach außen zu kommunizieren. "Ich bin jetzt seit fast 13 Stunden am Flughafen, kein Essen, kein WiFi, kein Schlafplatz", berichtete Leverkusens Profi Victor Boniface damals.
Das Team hatte sich daraufhin geweigert, zum Qualifikationsspiel in Tripolis anzutreten und hatte die Heimreise angetreten, nachdem es "befreit" worden war.
Der afrikanische Fußballverband CAF entschied anschließend, dass das Spiel für Libyen mit 0:3 als verloren erklärt wird. Zudem wurde der libysche Fußballverband zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 US-Dollar verdonnert. Zur Vernunft hat diese Strafe die Verantwortlichen in Tripolis offenbar nicht bringen können.