Afrika-Cup Kap Verde – die "Blue Sharks" düpieren Afrikas Elitefußballer
Die Kapverden sind der denkbar größte Außenseiter beim Afrika-Cup. Dennoch hat die zusammengewürfelte Mannschaft aus aller Welt die Stars des Kontinents düpiert.
Das Problem vom vergangenen Freitag hat Roberto Lopes noch nicht vergessen. "Ich weiß nicht, ob ich jemals nach einem Fußballspiel so erschöpft war", berichtet der erfahrene Verteidiger der Shamrock Rovers. Der 31-Jährige ist gerade weit entfernt von seiner Heimat Irland - er spielt beim Afrika-Cup für Kap Verde.
Und das äußerst erfolgreich. Am Montagabend (22.01.2024) zogen die Inselkicker von der afrikanischen Westküste nach einem dramatischen 2:2 gegen Rekordsieger Ägypten klar als Erster der Vorrundengruppe B ins Achtelfinale ein.
"Es ist so heiß hier"
"Pico", wie Lopes nur genannt wird, ist in Dublin geboren, spielt aber seit 2019 für das Nationalteam der westafrikanischen Inselgruppe. Sein Vater ist dort geboren - daher die Spielberechtigung.
"Es ist so unfassbar heiß hier", sagt Lopes über die Bedingungen beim Afrika-Cup. Die Elfenbeinküste hat tropisches Klima. Selbst nachts sinkt die Temperatur selten unter die 30-Grad-Marke, tagsüber geht es fast immer hinauf auf 36 Grad und mehr, bei hoher Luftfeuchtigkeit. "Nach dem Sieg über Mosambik hatten wir kaum noch Kraft zum Feiern", sagt Lopes. "Wir mussten erst einmal irgendwie in die Kabine, relaxen und irgendwie viel trinken."
Gruppensieger vor den Großen des Kontinents
Dass Lopes mit den Anstrengungen im Moment aber gut leben kann, hat auch damit zu tun, dass sein Team bislang die große positive Überraschung bei Afrikas Kontinentalturnier ist. Mit seinen gerade einmal gut 500.000 Einwohnern sind die Kapverden auch fußballerisch ein Zwerg auf dem Kontinent. In der Elfenbeinküste schaffte das zusammengewürfelte Team von Spielern aus aller Welt aber die Sensation: Nach zwei Auftaktsiegen zogen die "Blue Sharks" als erstes Team in die K.o.-Runde ein.
Zuerst wurde Ghana sensationell mit 2:1 bezwungen, dann folgte ein total souverän herausgespielter 3:0-Sieg über Mosambik. Damit stand das Team vor dem abschließenden Vorrundenspiel gegen Ägypten sogar schon als Sieger der Gruppe B fest. "Für uns ist das super. Damit ist klar, dass wir am gleichen Spielort und im gleichen Hotel bleiben können. Ein großer Vorteil, denn die Reisestrapazen sind hier in Afrika nicht zu unterschätzen", sagt Lopes.
Manuel Dias Correira - erfolgreich mit den Kapverden
"Bebé" - Manchesters "Transfer-Flop" blüht auf
Gegen Mosambik gelang Stürmer Tiago Manuel Dias Correia, genannt "Bebé", ein Traumtor: Aus rund 40 Metern schmetterte der hünenhafte Linksaußen der Kapverden einen Freistoß à la einst Cristiano Ronaldo über die Fäuste des gegnerischen Keepers hinweg ins Netz. "Wir alle wissen, das 'Bebé' solche Dinger drauf hat", sagt "Pico" Lopes.
"Bebés" Geschichte ist auch so eine, wie sie gut zur Mannschaft der Kapverden passt. 1990 in Lissabon geboren, machte der 1,90 Meter große Angreifer zunächst eine Karriere wie im Bilderbuch. Über die U21-Nationalmannschaft Portugals wechselte der Sohn kapverdischer Einwanderer 2010 von Vitoria Guimaraes für rund zehn Millionen Euro zu Manchester United. Er war Alex Ferguson empfohlen worden, sollte damals Konkurrenz machen auf die bei Man United gesetzten Wayne Rooney und Dimitar Berbatov.
17 Vereinswechsel in 13 Jahren
"Bebé" schaffte aber den Durchbruch nicht - es begann eine Odyssee von Leihen und Verkäufen quer durch Europa. Bei United galt er bald als klassischer Transferflop. Heute spielt der mittlerweile 33-Jährige, der seit 2010 sage und schreibe 17 mal transferiert wurde, für Rayo Vallecano in der spanischen La Liga.
Nachdem es nie für die A-Nationalmannschaft Portugals gereicht hatte, stellte "Bebé" 2019 den Antrag auf Spielberechtigung für Kap Verde, für das er 2022 endlich sein Debüt geben konnte.
2013 erstmals Qualifikation für den Afrika-Cup
Das Team ist ein regelrecht zusammengewürfelter Haufen von Spielern aus der ganzen Welt. Es wird geschätzt, dass neben der halben Million Einwohner, die auf den neun bewohnten Inseln etwa 460 Kilometer vor Westafrika leben, noch einmal genauso viele überall auf der Welt verteilt leben.
Aus diesem Fundus suchte erstmals 2012 der damalige Nationaltrainer Lucio Antunes nach tauglichen Spielern mit kapverdischen Wurzeln für sein Nationalteam. Fündig wurde er vor allem in der zweiten und dritten Liga Portugals. Und gefeiert wurde er 2013 als "Mourinho von Kapverden", als er im letzten Quali-Spiel für den Afrika-Cup den großen Favoriten Kamerun um Samuel Eto'o aus dem Wettbewerb warf.
Spieler aus aller Welt mit kapverdischen Wurzeln
Seither haben die Verantwortlichen der "Haie" dieses Mittel zum Programm gemacht: die Suche nach Spielern mit kapverdischen Wurzeln. Die 26 Spieler aus dem Kader verdienen ihr Geld in 16 verschiedenen Ländern - die meisten immer noch in der ehemaligen Kolonialmacht Portugal. Es sind aber auch Akteure dabei, die in den USA, in Aserbaidschan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten kicken.
Trainer ist Pedro Brito Leitao, bekannt als "Bubista", der selbst 14 Jahre lang als Verteidiger für die Kapverden spielte und Kapitän der Nationalmannschaft war während er in Angola und Spanien Klubfußball spielte. Im Januar 2020 löste er Rui Aguas als Nationaltrainer ab. Der 54-Jährige kündigt vor den bevorstehenden K.o.-Spielen an: "Noch nie haben die Kapverden ein K.o.-Spiel beim Afrika-Cup gewonnen. Diesmal ist es soweit. Wir sind bereit dazu. Ich weiß es."