Spitzenspiel gegen Real Madrid FC Girona in La Liga - katalanischer Putschversuch
Erster gegen Zweiter, das gibt es an diesem Wochenende nicht nur in der Bundesliga. Auch die Primera División macht mit: Überraschungsteam FC Girona tritt am Samstag (10.02.2024) an, um die "Königlichen" von Real Madrid zu stürzen.
Am Tag vor dem Spiel sprach Míchel über das Leiden. Man darf ihn sich als einen Architekten vorstellen, der ein Bauwerk von einiger Pracht geschaffen hat, nur um dann ausgerechnet den Moment zu verpassen, in dem die Welt hinschaut. Eigentlich ist Míchel, 48, kein Architekt, er ist Fußballtrainer. Aber in dieser Funktion hat er zuletzt manchmal wie ein Architekt gearbeitet. Er hat ein Fundament erschaffen, Wände eingezogen, über die Feinheiten nachgedacht.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das Bauwerk des Trainers Míchel ist der FC Girona, er hat den Klub vor zweieinhalb Jahren im Abstiegskampf der zweiten Liga übernommen, nun tritt seine Mannschaft an, um die "Königlichen" von Real Madrid (58 Punkte) zu stürzen. Es ist ein Putschversuch, nur ohne Militär und ohne Gewalt. Mit einem Sieg könnte das kleine Girona (56 Punkte) die Tabellenführung zurückerobern.
"Wir werden viel leiden müssen", sagt Míchel. Real Madrid, so sieht er das, sei eine der Mannschaften, gegen die auch Pressing manchmal wirkungslos sei. Auch weil die individuelle Qualität der Spieler so hoch sei. "Selbst wenn wir viel Druck auf sie ausüben, sind sie in der Lage, sich aus den Zweikämpfen zu befreien."
Rote Karte für den Trainer - Míchel sitzt gegen Real auf der Tribüne
Natürlich wird Míchel seine Mannschaft auf dieses Spiel vorbereiten, er wird sie warnen vor Jude Bellingham, der in Madrid plötzlich ein Torjäger ist, vor Vinícius Júnior und Rodrygo, vor Toni Kroos und Luka Modric. Er wird daran erinnern, dass Real in der Liga seit April kein Heimspiel mehr verloren hat. Aber wenn es losgeht, wird er auf der Tribüne sitzen und nicht auf der Bank.
Als Girona zuletzt gegen Real Sociedad spielte, war Míchel mit den Entscheidungen des Schiedsrichters manchmal nicht einverstanden. Er meckerte, und er meckerte einmal zu oft. Er sah Rot, den Rest des Spiels verfolgte er auf der Tribüne. Das sei ärgerlich, sagte Míchel, die Entscheidung empfand er als ziemlich "hart", aber das sei nicht mehr zu ändern. Er sagt: "Ich akzeptiere die Strafe."
Zusätzlich muss Míchel gegen Real Madrid auf die Stammspieler Yangel Herrera und Daley Blind verzichten, sie sind gelbgesperrt. So viel zu den Leiden eines Architekten, der kein Architekt ist. Immerhin deuten Medienberichte aus Spanien darauf hin, dass Torjäger Artem Dovbyk (14 Treffer in La Liga) nach Knieproblemen rechtzeitig zurückkehren könnte.
In Girona lohnt sich das Hinschauen nicht nur wegen des Fußballs
Dovbyk ist einer der Protagonisten beim FC Girona, andere sind Sávio, der mit seinen Dribblings Abwehrreihen vor Probleme stellt, oder Spielmacher Aleix García. Er hat im November sogar für Spaniens Nationalmannschaft debütiert. Es liegt auch an ihnen, dass Girona mehr Tore erzielt hat als jede andere Mannschaft in der Primera División (52). Dass der Klub erst einmal verloren hat, da kann nur Real Madrid mithalten. Dass Girona im November auch gegen den FC Barcelona gewann.
Ohnehin lohnt sich beim FC Girona das Hinschauen, nicht nur auf dem Platz. Es lohnt sich auch ein Blick auf das Organigramm. Girona gehört zur City Football Group (CFG), deren berühmtester Klub Manchester City ist. An Girona hält die CFG 44,3 Prozent der Anteile, beteiligt ist auch die Girona Football Group mit 44,3 Prozent. Hinter der Girona Football Group steht Pere Guardiola, einst ein mächtiger Spielerberater und heute Vorsitzender des Verwaltungsrats des Klubs. Zufällig hat er einen Bruder, der im Fußball auch kein Unbekannter ist: Pep Guardiola, Trainer von Manchester City.
Bei der CFG sind die Wege kurz
Pep Guardiola und Gironas Trainer Míchel haben sich schon manchmal getroffen. Spanische Medien haben ausführlich darüber berichtet. Sie haben über Fußball diskutiert und über Taktik. Sie saßen am Tisch und verschoben Messer und Gabel, auch Weingläser spielten eine Rolle. Míchel hat Teile von Guardiolas Lehre adaptiert und mit eigenen Ideen vermischt, das sieht schön aus und ist erfolgreich.
Es ist schon jetzt eine sportliche Erfolgsgeschichte, unabhängig vom Ausgang des Spiels in Madrid. Doch wie es weitergehen wird mit dem FC Girona, dem Trainerarchitekten Míchel und Spielern wie Sávio, das ist offen. Seitdem klar ist, dass der FC Barcelona zur neuen Saison einen neuen Trainer sucht, wird manchmal auch der Name Míchel genannt. Und dann ist da noch Sávio, er ist bei der Überraschungsmannschaft Girona die größte Überraschung.
Im Sommer kam er als Leihspieler vom französischen Zweitligisten ESTAC Troyes. Auch Troyes gehört zur City Football Group. Girona würde Sávio, 19, laut spanischen Medienberichten gerne weiter an sich binden, doch dazu wird es eher nicht kommen. Denn Sávio soll vor einem Wechsel zu Pep Guardiolas Manchester City stehen.
So ist das bei der CFG. Die Wege zwischen dem Nordwesten Englands, dem Nordosten Frankreichs und der Region Katalonien im Nordosten Spaniens sind mitunter erstaunlich kurz.