Sportbehörde will Suspendierung beantragen Rubiales lehnt Rücktritt ab, heftige Proteste
Nach dem übergriffigen Kuss auf den Mund von Jennifer Hermoso nach dem WM-Finale hat der spanische Verbandspräsident Luis Rubiales einen Rücktritt abgelehnt.
"Ich trete nicht zurück. Ich werde kämpfen bis zum Ende", sagte der 46-Jährige am Freitag (25.08.2023) bei einer außerordentlichen Generalversammlung des spanischen Verbandes RFEF. Er sehe sich als Opfer: "Hier geht es nicht um Gerechtigkeit, sondern um eine soziale Hinrichtung", sagte er in einer bizarren Wutrede.
Erzwungener Kuss auf den Mund
Rubiales hatte nach dem Titelgewinn durch den 1:0-Sieg am Sonntag gegen England die spanischen Spielerinnen geherzt und umarmt. Auf Videos in den sozialen Netzwerken war zu sehen, wie der 45-Jährige Hermoso bei dieser Gelegenheit nach einer Umarmung und einem Kuss auf die Wange auch auf den Mund küsst.
"Hat mir nicht gefallen", sagte die 33 Jahre alte Offensivspielerin später angesprochen auf die Szene. Es sei "ein spontaner, gegenseitiger und einvernehmlicher Kuss" gewesen, sagte Rubiales am Freitag nun über die Szene.
Heftige Kritik in Spanien
Spanische Politiker und Vertreter des Fußballs reagierten mit heftiger Kritik auf Rubiales' Aussagen. "Herr Rubiales weiß immer noch nicht, wo er ist und was er getan hat. Er ist nicht auf der Höhe der Zeit. Er muss sofort zurücktreten und uns weitere Peinlichkeiten ersparen", schrieb die geschäftsführende Vize-Regierungschefin Yolanda Díaz auf der vormals Twitter genannten Plattform X.
Die oberste spanische Sportbehörde CSD will nach dem verweigerten Rücktritt von Luis Rubiales beim Sportgerichtshof Tad die Suspendierung des Fußball-Verbandschefs beantragen. Dies werde die Behörde noch am Freitag in die Wege leiten, sagte CSD-Chef Víctor Francos bei einer Pressekonferenz in Tarragona im Nordosten Spaniens. "Heute werden wir eine Beschwerde beim Tad einreichen, damit dieser beurteilen kann, ob ein schwerwiegendes Fehlverhalten vorliegt", sagte Francos. "Ich denke, wir können sagen, dass es das MeToo des spanischen Fußballs ist. Es muss eine Veränderung geben." Er bat den Sportgerichtshof, bereits am Montag zusammenzukommen.
Nationalspieler tritt zurück
Weltmeisterin und Superstar Alexis Putellas schrieb: "Es ist nicht akzeptabel. Das war's. Ich stehe hinter Dir, Jennifer Hermoso."
Später am Abend veröffentlichten die spanischen Weltmeisterinnen einen Brief und gaben bekannt, in Streik zu treten.
Auch Putellas' Kollege Borja Iglesias wird bis auf Weiteres nicht mehr für die Nationalmannschaft der Männer spielen. "Als Spieler und Mensch fühle ich mich durch das, was passiert ist, nicht repräsentiert", schrieb der Stürmer von Real Betis bei X.
Dieser Rücktritt aus Spaniens Nationalteam gelte, "bis sich die Dinge ändern, und diese Art von Handlungen nicht ungestraft bleiben". Der zweimalige Nationalspieler fügte an, er handele "für einen gerechteren, menschlicheren und anständigeren Fußball".
Auch andere Fußballer äußerten sich kritisch: "Zum Fremdschämen" sei das Verhalten des Verbandschefs, schrieb Ex-Nationaltorhüter Iker Casillas beim Portal X.
"Wir werden handeln"
Besonders hart ging der Chef der Liga, Javier Tebas, mit Rubiales ins Gericht. "Beleidigungen, Angeberei, Erpressung, Drohungen, Spionage und Verfolgung, betrügerische Nutzung von Verbandsorganen, wir leiden unter vielem und haben vieles angeprangert. Die Liste der Frauen und Männer, die in diesen Jahren von Luis Rubiales geschädigt wurden, ist zu lang und das muss aufhören", schrieb Tebas auf X. "Es ist unmöglich, sein frauenfeindliches und verabscheuungswürdiges Verhalten einer absurden Verschwörung zuzuschreiben, wenn der Rufschaden für den gesamten spanischen Fußball bereits unvermeidlich ist", fügte Tebas hinzu.
FIFA hat Verfahren eingeleitet
Der Fußball-Weltverband FIFA hatte bereits am Donnerstag (24.08.2023) ein Verfahren eingeleitet. "Die FIFA bekräftigt ihr uneingeschränktes Bekenntnis zur Achtung der Integrität aller Personen und verurteilt deshalb jedes gegenteilige Verhalten aufs Schärfste", hieß es dazu in einer Stellungnahme.
Zuvor hatte auch Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez von einer "inakzeptablen Geste" gesprochen, Rubiales' Entschuldigung sei "unzureichend".
Rubiales: "Moment maximaler Überschwänglichkeit"
Kurz vor der FIFA-Mitteilung hatte Hermoso selbst in einer gemeinsamen Stellungnahme mit der Spielerinnengewerkschaft Futpro Konsequenzen gegen Rubiales gefordert. Darin wird an den spanischen Verband appelliert, "die notwendigen Protokolle zu erstellen, die Rechte unserer Spielerinnen zu schützen und beispielhafte Maßnahmen zu ergreifen".
Die Gewerkschaft, die Hermosos Interessen in dieser Angelegenheit vertritt, lehne "jede Haltung oder jedes Verhalten ab, das die Rechte von Fußballerinnen verletzt", hieß es. Futpro setze sich dafür ein, dass solche Handlungen "niemals ungestraft bleiben, dass sie sanktioniert werden und dass die geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um Fußballerinnen vor Handlungen zu schützen, die wir für inakzeptabel halten".