Torschützin Sara Däbritz feiert ihr Tor gemeinsam mit ihren Mitspielerinnen
analyse

Bei Debüt von Bundestrainer Wück Wembley ruft - Deutschland antwortet

Stand: 26.10.2024 10:16 Uhr

Die deutschen Fußballerinnen haben beim Debüt von Bundestrainer Christian Wück in London gegen England mit 4:3 gewonnen. Das Testspiel bot beste Unterhaltung - und einige Erkenntnisse.

Ein Feuerwerk wurde schon vor dem Spiel abgebrannt, mit einer großen Lightshow, Feuer und Musik im Wembley-Stadion vor knapp 48.000 Zuschauern. Das Spiel hatte in der ersten Hälfte denselben Wow-Faktor wie seine Einleitung, und jetzt brannten die Deutschen das Feuerwerk ab. Giulia Gwinn traf erst per Elfmeter (4. Minute) und dann nach traumhafter Vorlage von Klara Bühl aus 14 Metern (11.), nach einer knappen halben Stunde brachte Bühl mit dem 3:0 die Londoner Arena zum Schweigen. Ein Traumstart ins Spiel - und für den neuen Bundestrainer!  "Wenn man hier in Wembley nach einer halben Stunde 3:0 führt, dann gibt es wenig zu meckern. Danach hätte man abgeklärter spielen müssen. Aber nach nur drei Trainingseinheiten haben die Mädels das schon sehr gut gemacht", sagte Wück nach dem Spiel im Sportschau-Interview.

Bundestrainer Christian Wück - "Wir sind in der Findungsphase"

Sportschau, 25.10.2024 20:15 Uhr

Mutig und kreativ

Wück hatte gefordert, dass seine Spielerinnen mutig spielen, "ohne Angst vor Fehlern" - diese Botschaft ist beim Team angekommen. Leipzigs Giovanna Hoffmann legte ein selbstbewusstes Debüt auf den berühmten Rasen im Wembley-Stadion hin und bereitete einen Treffer vor, Bühl brillierte technisch bei ihrer Vorlage zum 2:0 und schloss cool und überlegt ab zum 3:0. Rückkehrerin Linda Dallmann überzeugte auf der Zehn mit Spritzigkeit, guten Ideen und auch sie traute sich viel zu, zog ab, hätte beinahe Englands Torhüterin Hannah Hampton per Fernschuss überwunden. Jule Brand zeigte erneut ihr überragendes Talent - und ebenso, dass am Ende der Fokus manchmal noch fehlt, um starke Aktionen mit einem Tor abzuschließen.

Licht und Schatten

Die Viererkette verteidigte hoch und ließ den Engländerinnen zunächst kaum Gelegenheiten, ihr Angriffsspiel aufzuziehen. Das Team von Sarina Wiegmann wirkte zeitweise überrumpelt und zudem in der Defensive indisponiert.

In der Innenverteidigung zeigte Janina Minge, die sonst meist im Mittelfeld zum Einsatz kommt, eine sehr souveräne Leistung. Neben ihr spielte Sara Doorsoun - bisweilen fing die erfahrene Frankfurterin mit viel Ruhe die Bälle ab, stärker in Erinnerung bleiben wird aber ihr Aussetzer in der 40. Minute, als ihr fataler Fehlpass beinahe den Engländerinnen den Ausgleich ermöglicht hätte. Auch im Anschluss wirkte die 32-Jährige nicht immer sicher. Kathrin Hendrich wäre die bessere Alternative - sie steht dem Nationalteam aber aktuell nicht zur Verfügung. Und dass die zurückgetretene Abwehrchefin Marina Hegering mit ihrer Robustheit und ihrer Klarheit im Spielaufbau vermisst werden würde, stand bereits vor der Partie fest. "Wir sind in der Findungsphase", so Wück. "Wir müssen schauen, dass wir etwas abgeklärter werden."

Wer geht voran?

Nach einer guten halben Stunde kippte das Spiel - nach Handspiel von Gwinn traf Georgia Stanway per Elfmeter zum 1:3 (33.), nur drei Minuten später setzte die Münchnerin noch einen drauf und erzielte das 2:3, die linke deutsche Abwehrseite war dabei unbesetzt. Dem Tempo und der Kaltschnäuzigkeit der Engländerinnen hatte das deutsche Team in dieser Phase wenig entgegenzusetzen. Die Abwehr schwamm, die Fehler - wie bei Doorsoun -  häuften sich. In vergangenen Spielen versammelten in solchen Situationen Alexandra Popp, Hegering und auch bereits die designierte Kapitänin Gwinn, die auch gegen England die Binde trug, die Mitspielerinnen um sich, machten klare Ansagen - in Wembley ließen sich von außen solche Momente nicht beobachten. Gut, dass dann die Halbzeitpause zum Durchatmen kam.

Ruhigere zweite Hälfte

In der zweiten Hälfte brachte Wück, der an diesem lauen Londoner Herbstabend mit grauem Pulli fast das gesamte Spiel in seiner Coaching Zone stand, einige neue Spielerinnen in die Partie, u.a. kamen Cerci, Rauch, Däbritz und Wolter. Das Spiel war nun weniger aufregend als vor der Pause, Sara Däbritz stellte beim Foulelfmeter ihre Coolness unter Beweis und erzielte den vierten deutschen Treffer (72.). Ein Fehler der deutschen Nummer 1 Ann-Katrin Berger ermöglichte Englands Lucy Bronze den Treffer zum 3:4 Endstand.

Fazit

Dieses Spiel hat Spaß gemacht - denen auf dem Rasen und denen auf den Rängen sowie vor den Fernsehern, die nicht zu den Gastgeberinnen hielten. Bei den Olympischen Spielen hatte Deutschland im August die Bronzemedaille geholt und zurecht über einen großen Erfolg gejubelt. Der Unterhaltungswert und die spielerische Kreativität waren zuletzt allerdings des öfteren überschaubar. Wücks Spielidee könnte sein Team packen - und die Fans ebenso. "Das heute haben die Spielerinnen geschafft", sagte der Coach nach dem Spiel. "Wir als Trainerteam haben Ihnen ein bisschen Input gegeben, aber umgesetzt wurde es auf dem Platz."