Förderprogramm in Nordafrika Königlicher Support für den Frauenfußball in Marokko
Ein Sieg gegen Südkorea am Sonntag (30.07.2023, 6.30 Uhr MESZ, im Livestream auf sportschau.de) - und Marokko könnte bei der WM 2023 vom Achtelfinale träumen. Der Frauenfußball in dem nordafrikanischen Land hat eine erstaunliche Entwicklung genommen.
Keine Frage: Das 0:6 zum WM-Auftakt gegen Deutschland war eine krachende Niederlage - WM-Debütant Marokko ist sozusagen auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden. Dennoch fand Team-Kapitänin Ghizlane Chebbak nach der deftigen Abfuhr für sich und ihr Team mutige Worte: "Wir machen weiter. Wir wollen nicht nur dabei sein bei dieser WM. Wir wollen am Ende das Team sein, das vielleicht noch alle überrascht."
Viel Unterstützung in Sydney und Umgebung
Die Nordafrikanerinnen sind mutig - und sie können sich in Sydney und Umgebung auf jede Menge Unterstützung verlassen. Die marokkanische Gemeinde in Australien ist groß. Und weil das nordafrikanische Team das erste arabische überhaupt bei einer WM-Endrunde der Frauen ist, solidarisiert sich die arabische Gemeinschaft vor Ort und liefert gemeinschaftlichen Support ab.
Systematisches Fußball-Förderprogramm
Grund zur Zuversicht gibt es reichlich: Marokkos Frauenfußball hat sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt - und das sozusagen auf königlichen Erlass. Marokkos Regierung hat nicht nur in den zurückliegenden vier Jahren 20 Millionen US-Dollar bereitgestellt, um den Frauenfußball im Land zu fördern. Die konzertierte Aktion folgte auf ein systematisches Fußball-Förderprogramm, das seit 2010 betrieben wird und beispielhaft für den afrikanischen Kontinent ist.
Systematisches Fußball-Förderprogramm
Seinerzeit wurde in Sala Al Jadida, einem Vorort der Hauptstadt Rabat, mit der Mohammed VI Football Academy ein Trainingszentrum modernster Prägung eröffnet. Auf einer Fläche von 2,5 Quadratkilometern entstanden auf königliche Kosten beste Ausbildungsbedingungen für 50 Nachwuchsfußballer.
Die Akademie ist baulich an das marokkanische Kulturerbe angelehnt. Die Form ähnelt einem traditionellen Douar mit einem zentralen Dorfplatz, der von fünf Gebäuden umgeben ist. Jedes Gebäude erfüllt dabei eine bestimmte Funktion: Unterkunft, Bildung, medizinische Einrichtung und Kantine. Eine Schule mit zehn Klassenräumen sowie einem Sprach- und Informatikraum bietet ein dreistufiges Programm für die Auszubildenden an. Das Lehrangebot der Akademie wird vom Kultusministerium unterstützt.
Seit 2010 geht's voran
Implementiert in die Anlage wurden vier nach FIFA-Richtlinien erbaute Stadien sowie ein Kunstrasenfeld, ein Kleinfeld, vier Umkleideräume und ein spezieller Trainingsbereich für Torhüter. Das medizinische Zentrum besteht aus einer Klinik, einer Praxis für Physiotherapeuten und einem Balneotherapie-Pool.
Die ersten Fußball-Auszubildenden wurden 2010 aus der Region rund um Rabat zusammengezogen und fortan systematisch gefördert. Zudem wurde das Gelände als permanenter Campus für Trainingslager der Männer- und Frauen-Nationalmannschaft genutzt. Ähnliche Anlagen entstanden anschließend bis 2015 in Agadir, Tanger und Saidia.
45.000 Zuschauer beim Afrika-Cup-Endspiel der Frauen
Die Erfolge dieser Maßnahmen sind nicht zu verkennen - und es war nicht nur das WM-Halbfinale zwischen Marokko und Frankreich bei den Männern, das ins Auge fällt. Auch das marokkanische Frauenteam hat einen enormen Leistungssprung getan, die "Atlas-Löwinnen" wurden beim Afrika-Cup 2022 hinter Südafrika Zweiter. Mehr als 45.000 Fans kamen zum Endspiel, das im Moulay-Abdellah-Stadion in der Hauptstadt Rabat stattfand. Mit Rang zwei qualifizierte sich Marokko erstmals für eine WM-Endrunde.
"Wir sind besser gerüstet, um Talente zu entdecken"
Die Entwicklung Marokkos wird in Fachkreisen mit viel Interesse verfolgt. "Es gibt noch viel zu tun, das steht fest, aber an Talenten mangelt es nicht", bestätigt Anthony Rimasson, Trainer der U17-Frauenauswahl Marokkos, die sich 2022 ebenfalls zum ersten Mal für die Weltmeisterschaft ihrer Altersklasse qualifizieren konnte. "Der Frauenfußball ist in Marokko noch recht jung. Es hat lange gedauert, die Strukturen aufzubauen. Aber heute ist diese Sparte gut organisiert: Wir sind jetzt besser gerüstet, um die Talente zu entdecken."
Frauenfußball im Blick - Männer-WM im Sinn
Es ist eine Entwicklung, die auch der Weltfußballverband FIFA mit Interesse verfolgt. Er vergibt die WM-Turniere gerne in Länder, die den Fußball in ihrem Land ganzheitlich unterstützen und entwickeln.
Das Selbstvertrauen der marokkanischen Fußballwelt ist mittlerweile immens. So groß, dass man nach dem Zuschlag der Klub-WM 2023 bereits ernsthaft nach höheren Weihen strebt: Man möchte endlich ein Fußball-Großereignis ausrichten, die WM ist das Ziel. "Wir wollen, dass diese Organisation zwischen dem afrikanischen Kontinent und dem europäischen Kontinent geteilt wird", sagte kürzlich Fouzi Lekjaa, Leiter des Königlich-Marokkanischen Fußballverbands. Er bekundete damit sein Interesse an der Ausrichtung der Ausgabe 2030 des globalen Fußball-Vorzeigeprojekts.
Eine WM der Männer in Marokko wäre ein großer Triumph für das nordafrikanische Land. Und der hätte dann auch etwas zu tun mit der systematischen Entwicklung des marokkanischen Frauenfußballs.
- Spiele gegeneinander: bisher keine
- FIFA-Ranking: Südkorea Platz 17 / Marokko Platz 72
- Beste WM-Platzierung: Südkorea - Achtelfinale 2015 / Marokko - Erste Teilnahme 2023
- Fun Fact: Südkorea hat das Team mit dem höchsten Durchschnittsalter aller 32 Mannschaften: 28,9 Jahre. Den im Schnitt jüngsten Kader hat Haiti (22,3 Jahre), im DFB-Team liegt er bei 26,3.