Nigerias Asisat Oshoala bejubelt einen Treffer.

Überraschend im WM-Achtelfinale Nigeria - "Super Falcons" trotzen den Spannungen

Stand: 06.08.2023 12:06 Uhr

Dass Nigeria bei der WM antreten würde, war nach Verbands-Streitigkeiten unsicher. Jetzt steht das Team im Achtelfinale gegen England am Montag (07.08.2023, 9.30 Uhr MESZ, Livestream auf sportschau.de). Der Europameister sollte gewarnt sein.

Man muss eine sehr starke Position und Persönlichkeit haben als Nationaltrainer in Nigeria, wenn man es wagt, öffentlich den eigenen Fußballverband NFF zu kritisieren. Randy Waldrum hat das getan.

Der Coach der nigerianischen Frauen-Nationalmannschaft stellte sich vor der WM hin und prangerte zweierlei an: Erstens sei die Vorbereitung seines Teams schlecht organisiert, weil unter anderem ein wichtiges Trainingslager einfach ersatzlos gestrichen worden sei. Zudem sei es unverantwortlich, den Spielerinnen nicht die ihnen zustehenden Prämien ausgezahlt zu haben.

"Inkompetentes Großmaul"

Die Lage eskalierte, als der US-Amerikaner mit seinem Team in Australien angekommen war. "Inkompetentes Großmaul. Er erhebt jetzt seine Stimme, kurz bevor er sein einziges Ziel erreicht hat, eine Mannschaft bei einer Weltmeisterschaft zu betreuen", schoss NFF-Mediendirektor Ademola Olajire verbal zurück.

Der Funktionär unterstellte dem 66-jährigen Coach, das Team nur noch aus persönlicher Eitelkeit zu betreuen: "Sein einziges Ziel war es immer, in seinem Lebenslauf stehen zu haben, eine Mannschaft bei einer Weltmeisterschaft trainiert zu haben." Und weiter flog verbaler Schmutz: "Er ist der schlechteste Trainer, den die 'Super Falken' je hatten!"

Nigerias Achtelfinaleinzug - fast ein Wunder

Das Erstaunliche: Auch heute, rund drei Wochen nach diesem Scharmützel, ist Waldrum immer noch im Amt. Und beinahe ein Wunder: Sein Team, Nigeria, hat tatsächlich das Achtelfinale erreicht. Und blieb dabei sogar bislang ungeschlagen.

Der Weltranglisten-40. hat 0:0 gegen Kanada gespielt, Australien mit 3:2 bezwungen und machte die K.o.-Runde mit einem abschließenden 0:0 gegen Irland klar. Übersetzt hieß das: Man kegelte Olympiasieger Kanada aus dem Turnier, ebenso wie das physisch starke Irland.

"Mädels haben uns vertraut"

Für Trainer Waldrum kam das kaum überraschend. "Die Mädels haben uns als Trainerteam vertraut und unsere Vorgaben super umgesetzt. Sie haben an sich geglaubt und damit fast Unvorstellbares geschafft."

Für das kommende Spiel sendet er eine Botschaft in die Fußballwelt: "Warum nicht gegen England spielen? Wir haben gegen die olympischen Goldmedaillengewinner gespielt. Wir haben gegen Australien, das Gastgeberland, gespielt. Also - holt den Europameister her“, sagt er.

Gegen England wird er womöglich endlich auf Stürmerin Desire Oparanozie zurückgreifen können. Der eigentliche Star der Mannschaft, der in China für die Wuhan University spielt, hatte beim letzten Afrika-Cup (Nigeria wurde Vierter) zugunsten des Vereins auf einen Einsatz verzichtet und verletzte sich in Australien in der ersten Trainingswoche.

Star-Stürmerin Oparanozie vor ihrem ersten Einsatz

Sie wurde allerdings glänzend ersetzt von Asisat Oshoala und Ifeoma Onumonu, die sich in der Besetzung der Sturmmitte abwechselten. "Sie hat wieder trainiert. Es sollte niemanden überraschen, wenn wir sie gegen England auf dem Feld sehen", sagt Waldrum.

Für Waldrum hat der Erfolg der "Super Falcons" im Übrigen auch mit der WM-Vorgeschichte zu tun. Damit, dass er ihnen Zivilcourage vorgelebt habe: "Ich denke, die Spielerinnen haben es zu schätzen gewusst, dass ich mich für sie eingesetzt und für sie in ihrem Namen gesprochen habe", sagt er. Und er findet: "Als Trainer muss ich eine Stimme für die Mädchen sein und für die Dinge kämpfen, die sie verdienen."

Fakten zum Spiel

- Spiele gegeneinander: 3 (2 Siege Nigeria, 1 Sieg England)

- FIFA-Ranking: England Platz 4 / Nigeria Platz 40

- Beste WM-Platzierung: England - Dritter Platz 2015 / Nigeria Achtelfinale 2019

- Fun Fact: England erzielte in seinen letzten 16 WM-Spielen immer mindestens einen Treffer. Letztmalig blieb man 2015 beim 0:1 gegen Frankreich ohne Tor.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau FIFA Frauen WM | 07.08.2023 | 08:35 Uhr