FIFA Frauen WM "Inkompetentes Großmaul": Streit bei Nigeria eskaliert
Die WM in Australien und Neuseeland hat noch nicht einmal begonnen, da gibt es bereits die erste öffentlich ausgetragene Schlammschlacht. Nigerias US-amerikanischer Coach Randy Waldrum poltert gegen den heimischen Verband - und der schießt mit harschen Worten zurück. Nicht ausgeschlossen, dass der Trainer noch vor dem ersten Gruppenspiel entlassen wird.
Waldrum hatte zuletzt in verschiedenen Podcasts die Nigeria Football Federation (NFF) an den Pranger gestellt. Er warf dem Verband, bei dem der 66-Jährige seit Oktober 2020 unter Vertrag steht, unter anderem schlechte Zahlungsmoral vor.
So habe er ein halbes Jahr auf sein Gehalt warten müssen, von dem er nun nur einen kleinen Teil erhalten habe. Auch einige seiner Spielerinnen würden immer noch auf Geld warten, dass ihnen bereits seit zwei Jahren zustehe, so der US-Amerikaner.
Zudem beklagte der Texaner, dass er seit seinem Amtsantritt keine Unterstützung von Seiten der NFF erhalte, der Verband sich bei Personalentscheidungen einmische und es ihm nicht ermöglicht habe, ein WM-Trainingslager außerhalb von Nigeria abzuhalten, obwohl der Weltverband FIFA unter anderem dafür extra Geld zur Verfügung gestellte habe.
Waldrum hinterfragt Verbleib von FIFA-Geld
"Ich habe einen wirklich engen Kontakt in den USA, der sehr vernetzt ist und in einigen Gremien der FIFA sitzt. Diese Person erzählte mir, dass im Oktober 2022 jedes Land 960.000 US-Dollar von der FIFA erhalten hat, um sich auf die Weltmeisterschaft vorzubereiten. Wo ist das Geld? Wenn Nigeria es im Oktober bekommen hat, warum hatten wir dann nicht im November ein Trainingslager?", fragte Waldrum im Podcast "On the Whistle".
Indirekt warf der 66-Jährige, der auch schon Erfahrungen als Coach des Nationalteams von Trinidad & Tobago gesammelt hat, den NFF-Funktionären vor, das Geld zweckentfremdet zu haben.
Zuvor hatte sich der US-Amerikaner in anderen Interviews bereits darüber echauffiert, dass einige seiner Spielerinnen auf Reisen zur Auswahlmannschaft auf dem Flughafen schlafen mussten, weil der Verband kein Geld für Hotelzimmer zur Verfügung gestellt habe.
Coach muss mit kleinem Mitarbeiterstab auskommen
Zudem bemängelte er, dass ihm die NFF keine Scouts für die Gegnerbeobachtung zur Verfügung gestellt habe und sein Stab für die anstehende WM lediglich elf Mitarbeiter umfasse, obwohl die FIFA 22 bezuschussen würde. Und überhaupt: "Die Spielerinnen werden bei ihren Vereinen besser behandelt als bei der Nationalmannschaft." Das Einzige, was ihm noch zum Weitermachen bewege, seien seine Akteurinnen: "Sonst hätte ich diesen Job schon vor langer Zeit aufgegeben."
Fliegt Waldrum noch vor dem Kanada-Spiel?
Waldrum ist inzwischen mit dem Nationalteam in Australien angekommen und bereitet sich in Down Under auf das erste Gruppenspiel am 21. Juli (4.30 Uhr, MESZ) gegen Kanada vor. Die weiteren Gegnerinnen der Afrikanerinnen sind anschließend Co-Gastgeber Australien sowie Irland. Ob der US-Amerikaner bei diesen Partien auf der Bank sitzen wird, darf allerdings zumindest angezweifelt werden. Denn der Verband reagierte - nachvollziehbarer Weise - nicht sonderlich erfreut auf die Aussagen des Coaches.
Verband: "Schlechtester Trainer aller Zeiten"
"Inkompetentes Großmaul. Er erhebt jetzt seine Stimme, kurz bevor er sein einziges Ziel erreicht hat, eine Mannschaft bei einer Weltmeisterschaft zu betreuen. Er behauptet, den Job wegen der Spielerinnen zu machen - Blödsinn. Sein einziges Ziel war es immer, in seinem Lebenslauf stehen zu haben, eine Mannschaft bei einer Weltmeisterschaft trainiert zu haben. Er ist der schlechteste Trainer, den die 'Super Falken' je hatten", erklärte NFF-Mediendirektor Ademola Olajire.
Der Funktionär bestritt zudem, dass der Verband das Nationalteam finanziell nicht ausreichend unterstützt habe. Er verwies auf Turnierteilnahmen in Japan, Mexiko sowie der Türkei. Zudem würde sich die Mannschaft insgesamt 15 Tage in Australien auf die WM vorbereiten. "Zahlt das das 'Blubbermaul' Waldrum?", fragte Olajire.
Coach spricht von "kindischer Reaktion"
Der angesprochene Coach titulierte die Reaktion seines Arbeitgebers auf seine vorige Kritik anschließend als "kindisch". Ob sich beide Parteien während der WM im Sinne des Teams zu einem Burgfrieden entschließen können, ist ungewiss. Ziemlich klar aber scheint, dass Waldrum spätestens nach dem Turnier in Australien und Neuseeland wohl seine Papiere von der NFF erhalten wird. Und mit ein wenig Glück dann vielleicht ja auch die angeblich noch ausstehenden Gehälter...