Frauen-WM in Australien Marina Hegering - Abschied der Spätberufenen
Der Stern von Marina Hegering in der Nationalmannschaft ging erst spät auf. Verlängern wird die 33 Jahre alte Fußballerin ihre aktive Zeit allerdings nicht, ihre Karriere als Trainerin hat sie schon länger fest im Blick.
Auf die Frage, ob sich ihre Pläne angesichts der rasanten Entwicklung im Frauenfußball geändert hätten, muss Hegering nur kurz überlegen. "Nein, die stehen noch", sagt sie und lächelt. Als im vergangenen Jahr der Wechsel der Abwehrchefin der deutschen Nationalmannschaft vom FC Bayern zum VfL Wolfsburg bekannt gegeben wurde, wurde auch gleich das Karriereende mit geregelt: Nach der Saison 2023/2024 soll der Routinier ins Trainerteam der "Wölfinnen" wechseln. Und dabei bleibt es.
Einst als Deutschlands größtes Talent gefeiert
"Ich genieße eigentlich schon seit zwei Jahren einfach, dass ich Fußball-Profi sein darf", betont Hegering, die bereits die ersten Trainerlizenzen in der Tasche hat. Der Genuss des Profiseins hat allerdings allenfalls am Rande etwas mit dem nahenden Ende der Zeit als Aktive zu tun. Bis 2020 - sie spielte in Duisburg, Leverkusen und Essen - musste die Defensivspezialistin nebenher nämlich noch arbeiten.
Ich genieße eigentlich schon seit zwei Jahren einfach, dass ich Fußball-Profi sein darf.
Das wiederum hat auch mit ihrem Verletzungspech zu tun. Denn eigentlich hätte eine wie sie schon früh groß Karriere machen müssen. Hegering gehörte zur goldenen Generation im DFB-Nachwuchs - mit der U20-Nationalmannschaft gewann sie im Jahr 2010 an der Seite von Alexandra Popp im eigenen Land die Weltmeisterschaft.
Seit der U15 war Hegering immer in den U-Nationalmannschaften dabei. Im Alter von 16 Jahren hatte sie beim FCR Duisburg bereits ihr Bundesliga-Debüt gefeiert und war 2009 mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold als beste Nachwuchsspielerin ausgezeichnet worden - noch vor Popp, die Silber bekam.
181 Bundesliga-Spiele sind für Hegering bis zum heutigen Tag notiert. Deutlich mehr als bei vielen ihrer Mitspielerinnen, für eine Frau ihrer Klasse aber eigentlich zu wenig. Ihre Karriere ist allerdings zugleich eine lange Verletzungsgeschichte, die mehr Einsätze verhindert hat.
Debüt in der A-Nationalmannschaft erst mit 28
Dass Martina Voss-Tecklenburg, die in Duisburg Hegerings erste Trainerin im Erwachsenenbereich war und mit ihr zweimal den Pokal und einmal den Vorläufer der Champions League gewann, ihre ehemalige Spielerin 2019 für die A-Nationalmannschaft berief, kam unerwartet - auch für Hegering selbst.
Zumal auf das Debüt im April mit 28 Jahren nur wenige Monate später die ersten Spiele bei der WM folgten. "Ich war sehr aufgeregt, weil das alles für mich ein bisschen überraschend kam", blickt die gebürtige Münsterländerin zurück.
Sie stand in allen fünf WM-Spielen von Beginn an auf dem Platz, konnte wie ihre Mitspielerinnen allerdings nicht vollends überzeugen. "Ich wusste nicht so richtig, wo ich mich einfinden muss, auch innerhalb der Mannschaft. Das war ja irgendwie total jungfräulich." Im Viertelfinale gegen Schweden (1:2) war Schluss.
Hegering: "Die EM hatte einen krassen Effekt"
Aber die Karriere der Spätberufenen nahm nun richtig Fahrt auf. 2020 kam der Wechsel zu Bayern München. Und sie wurde endlich zum Profi. "Das war für mich ein ganz neuer Schritt, eine ganz andere Erfahrung", beschreibt sie. Zwei Jahre später ging es weiter nach Wolfsburg. Und dann war da ja auch noch die EM in England 2022, wo Deutschland auch wegen einer bärenstarken Hegering bis in Finale vorstieß und für einen Boom im Frauenfußball sorgte.
Die eigentlich so routinierte Hegering staunt: "Die EM hat einen krassen Effekt gezeigt, und der hat sich tatsächlich über das ganze Jahr gezogen. Das Interesse der Fans hat irgendwie gar nicht abgenommen, also es war wirklich so, dass es kontinuierlich gleichgeblieben ist."
Erfolgsdruck bei der WM soll nicht hemmen
Vor der EM war Hegering wieder einmal verletzt gewesen. MVT setzte trotzdem alle Hoffnungen in ihre Anführerin, die genau rechtzeitig zum Turnierstart fit wurde. Das Vertrauen der Bundestrainerin war am Ende ein Erfolgsfaktor. Mit Blick auf die nun anstehende WM erklärt Hegering: "Diesmal habe ich eine komplette Vorbereitung mitgemacht. Deswegen freue ich mich jetzt einfach, dabei zu sein."
Ihre Ruhe und Abgeklärtheit, die sie im Spiel auszeichnen, tun dem Team auch abseits des Platzes gut. Erfolgsdruck sei in Australien auf jeden Fall da: "Wir sind Deutschland, wir haben eine gute Mannschaft und wir haben den Anspruch, das Maximum rauszuholen. Das sollte uns aber nicht irgendwie hemmen."
Der Abschied "ist ein Stück weit im Hinterkopf"
Dass sie ihr letztes großes Turnier in Australien spielt, weiß Hegering zu schätzen. "Das ist ein Land, das man eigentlich nur aus dem Fernsehen kennt", sagt die 33-Jährige, die hofft, "down under" auch Kängurus und Koalas zu Gesicht zu bekommen.
Ihren Abschied habe sie "schon ein Stück weit im Hinterkopf", über allem steht allerdings der Erfolg mit der Mannschaft. "Ich freue mich einfach auf alles, was ich jetzt noch erleben darf. Definitiv. Aber ich gehe da von den Emotionen her nicht anders heran."
Und auch wenn es am Ende mit dem 46,5 Zentimeter hohen und fünf Kilogramm schweren WM-Pokal klappen sollte, sieht Hegering sich und ihr Team gut vorbereitet. "Wir sind ordentlich im Gym unterwegs. Von daher glaube ich, dass jede die fünf Kilo ordentlich stemmen kann", sagt sie, lächelt wieder und fügt hinzu: "Genau dafür werden wir alles tun." Auch daran besteht kein Zweifel.