Keine Tore im regnerischen Sydney Jamaika blockt französische Offensive erfolgreich ab
Die französischen Fußballerinnen gehören bei der Frauen-WM zum Kreis der Mitfavoritinnen auf den Titel. Im ersten Spiel mussten "Les Bleues" am Sonntag (23.07.2023) aber einen Dämpfer hinnehmen: Defensivstarke Jamaikanerinnen kamen gegen die Europäerinnen beim 0:0 zu einem historischen Punktgewinn.
Statt über einen Auftaktsieg jubelnde Französinnen lagen sich nach dem Schlusspfiff im Sydney Football Stadium die Spielerinnen aus Jamaika in den Armen: Mit einer über 90 Minuten plus Nachspielzeit überzeugenden kämpferischen Leistung hatten sie den favorisierten Weltranglisten-Fünften ein torloses Remis abgetrotzt - und damit für ihre Fußball-Nation etwas ganz Besonderes zustande gebracht: Nach drei Niederlagen bei der ersten WM-Teilnahme vor vier Jahren war es der erste Punktgewinn und das erste Spiel ohne Gegentor für die Jamaikanerinnen bei einer WM-Endrunde überhaupt.
Getrübte Stimmung bei Frankreich
Klarer Fall: Im Lager des Teams aus dem Inselstaat in der Karibik herrscht nach dem WM-Auftakt trotz eines späten Platzverweises gegen Kapitänin Khadija Shaw (90.+2) eitel Sonnenschein - während sich die Laune bei Frankreich eher mit dem ungemütlich nass-kalten Wetter in Sydney vergleichen lässt.
"Jamaika hat heute alles gegeben, und wir haben es nicht geschafft, ein Tor zu erzielen", sagte Frankreichs neuer Trainer Hervé Renard, der erst im März auf Corinne Diacre folgte, dem TV-Sender "M6". "Manchmal kann man ein Turnier mäßig beginnen und dann läuft es danach gut."
Jamaikas Pressing zeigt Wirkung
Frankreich im Vorwärtsgang, die Jamaikanerinnen um eine sichere Defensive bemüht - so war es vor dem Anpfiff für das erste Duell dieser beiden Mannschaften überhaupt erwartet worden. Im Spiel selbst kam es dann allerdings etwas anders, denn das frühe Pressing von Jamaika hemmte den Spielaufbau der im 4-3-3 agierenden Europäerinnen sehr.
Wendie Renard und Co. schafften es selten, zielstrebig aufzubauen und die Stürmerinnen in Szene zu setzen. Frankreich kam in den ersten 20 Minuten zu keinerlei Abschlusschancen am und im gegnerischen Strafraum. Die Außenseiterinnen setzten nach Balleroberungen in der eigenen Hälfte auf schnelles Umschalten und nutzte bei Kontern die recht großen Räume im defensiven Zentrum der Französinnen.
Viele Zweikämpfe und viele Fouls
Beide Mannschaften hängten sich voll rein in die vielen Zweikämpfe im Mittelfeld - manchmal auch zu sehr. Schiedsrichterin Maria Carvajal aus Chile versuchte mit Gelben Karten gegen Clara Mateo (14.), Atlanta Primus (24.) und Shaw (37.) an den Fairplay-Gedanken zu erinnern, hatte damit angesichts von insgesamt 13 Fouls im ersten Durchgang aber nur mäßigen Erfolg.
Frankreich wird nach und nach stärker
Fußball gespielt wurde aber auch: Kapitänin Wendie Renard mit einem Kopfball (28.) und PSG-Stürmerin Kadidiatou Diani mit einem Flachschuss (36.) brachten den Ball für Frankreich aufs Tor, Shaw schoss auf der anderen Seite einen Freistoß knapp links vorbei (41.). In der Nachspielzeit brachte ein von Chantelle Swaby abgefälschter Diani-Schuss (45.+5) den zum Ende des Durchgangs stärker werdenden Französinnen fast noch die Pausenführung. So aber blieb Jamaika erstmals überhaupt in einer Halbzeit eines WM-Spiels ohne Gegentor.
Zerfahrene zweite Hälfte - Lattenkopfball von Diani
Nach dem Seitenwechsel hielt der EM-Halbfinalist 2022 zwar den Druck nach vorne hoch und hatte weiterhin deutlich mehr Ballbesitz, aber die "Reggae Girlz" setzten sich immer noch physisch stark zur Wehr. Zwei Diani-Kopfbälle (54., 67.) und ein Schuss von Sandie Toletti (58.) im gegnerischen Strafraum wurden nicht in der Kategorie "Großchance" abgeheftet.
Frankreichs Coach Renard und sein Gegenüber Lorne Donaldson brachten für die Schlussphase eine ganze Reihe ausgeruhter Einwechselspielerinnen, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Frankreich blieb offensiv zwar gegen die bis zum Schluss kämpferisch starken Gegnerinnen am Drücker, mehr als ein Latten-Kopfball von Diani (90.) sprang aber bei insgesamt 13:6-Abschlüssen nicht mehr heraus. Auch die Gelb-Rote Karte für Shaw nach einem Foul gegen Renard an der Seitenlinie brachte den Underdog in der sechsminütigen Nachspielzeit nicht mehr um den verdienten Lohn.
Le Sommer ist jetzt französische WM-Rekordspielerin
Dass Stürmerin Eugenie Le Sommer mit nun 17 WM-Einsätzen zur französischen Rekordspielerin aufstieg, düfte nach der enttäuschenden Punkteteilung gegen die Außenseiterinnen aus Jamaika (Weltranglistenplatz 53) in der Equipe von "Les Bleues" kein großes Thema mehr sein.
Eugenie Le Sommer war nach ihrem Rekordspiel nicht zum Feiern zumute.
So geht's weiter in Gruppe F
Das zweite Spiel für Frankreich dürfte ein echter WM-Leckerbissen werden: Am Samstag (29.07.2023, 12 Uhr MESZ, im Liveticker auf sportschau.de) treffen "Les Bleues" in Gruppe F auf die in der Weltrangliste achtplatzierten Brasilianerinnen. Jamaika ist am selben Tag (14.30 Uhr MESZ, im Liveticker auf sportschau.de) gegen Panama gefordert.