Zweitligisten im DFB-Pokal Zuhause ist es doch am schönsten
Im DFB-Pokal haben Drittligisten und Mannschaften aus Ligen darunter Heimrecht. Für Zweitligisten gilt das nicht. Das finden nicht alle gut. Beim DFB sind sie zufrieden mit dem Modus.
Am Tag vor dem großen Spiel saß Horst Steffen bei einer Pressekonferenz. Vor ihm waren zwei Mikrofone aufgebaut, hinter ihm eine Wand, auf der Sponsoren der SV Elversberg aufgelistet waren. Zu sehen war auch das Logo der 2. Fußball-Bundesliga. Die SVE ist ein Zweitligist, in der Tabelle steht sie vor Klubs wie Köln und Schalke und knapp hinter Hertha und dem HSV.
Es sind große Gegner für die kleine SV Elversberg, zumindest dem Namen nach. Doch diesmal ging es nicht um Köln, Schalke, Hamburg. Es ging um Bayer Leverkusen, den Deutschen Meister und Pokalsieger. Leverkusen ist am Dienstag (29.10.2024, ab 18 Uhr im Live-Ticker und in der Radio-Reportage) Elversbergs Gegner in der 2. Runde des DFB-Pokals.
Horst Steffen, 55, wird am Tag des Spiels genau sechs Jahre im Amt sein. Es ist eine erfolgreiche Zusammenarbeit: Elversberg und Steffen sind zusammen zweimal aufgestiegen. Nun ärgern sie mit einiger Regelmäßigkeit Klubs wie Köln und den HSV. Und einmal haben sie auch Leverkusen geärgert.
Vor zwei Jahren, als der Klub gerade in die 3. Liga aufgestiegen war, gelang Steffens Mannschaft in der 1. Runde des Pokals eine große Überraschung. Sie gewann im eigenen Stadion 4:3.
Zweitligisten kommen eher weiter, wenn sie gegen Erstligisten zuhause spielen
Nun, am Tag vor dem Wiedersehen, saß Steffen vor einer Wand mit dem Logo der 2. Liga und sprach über den DFB-Pokal. Natürlich erinnerte er sich gut an das bislang einzige Spiel der SVE gegen Leverkusen. Er erinnerte sich an vier Tore seiner Mannschaft, den Jubel, das Weiterkommen. Trotzdem sei Elversberg auch diesmal nur Außenseiter, sagte Steffen. Aber ohne Chance sei man nicht. "Wir haben immer die Idee, Spiele zu gewinnen. Egal, gegen welchen Gegner."
Gespielt wird diesmal nicht in Elversberg, das Spiel findet in Leverkusen statt. Elversberg ist einer von fünf Zweitligisten, die in der 2. Runde des DFB-Pokals bei einem Erstligisten spielen. Knapp 2000 Fans werden den Klubs ins Rheinland begleiten. Aber ein Auswärtsspiel ist ein Auswärtsspiel - und für den klassentieferen Verein oft ein Nachteil.
Seit der Saison 2019/20 gab es im DFB-Pokal 56 Duelle zwischen Erst- und Zweitligisten. Immerhin in 30 Prozent der Spiele setzte sich der Zweitligist durch. Dabei gab es einen deutlichen Unterschied zwischen Heim- und Auswärtsspielen. Im eigenen Stadion kamen die Zweitligisten in 21 Prozent der Spiele weiter, aber nur in neun Prozent aller Auswärtsspiele.
"Ja, super": Als Kaiserslautern sich über das Bayern-Los ärgerte
Drittligisten und Mannschaften aus den Ligen darunter haben im Pokal automatisch Heimrecht. Für Zweitligisten gilt das nicht. Darüber ist in der Vergangenheit manchmal diskutiert worden. Etwa im Frühjahr 2014, als der Zweitligist 1. FC Kaiserslautern im Halbfinale beim FC Bayern München antreten musste und 1:5 verlor.
Zuvor, als die Begegnung in der ARD ausgelost wurde, wurde irgendwann auch Kaiserslauterns Vorstandsvorsitzender Stefan Kuntz zugeschaltet. "Ja, super", sagte Kuntz, als er über den Gegner informiert wurde. Glücklich sah er nicht aus. Er wusste ja aus der Vorsaison, wie wenig erfolgsversprechend Reisen nach München für einen Zweitligisten waren. Auch da hatte der FCK bei den Bayern gespielt. Auch da verlor er mit vier Toren Unterschied, nur eben in der zweiten Runde.
Später berichtete die "Sport Bild", der Deutsche Fußball-Bund (DFB) beschäftige sich mit einer sanften Reform des DFB-Pokals. Die Überlegung war demnach, auch den Zweitligisten ein grundsätzliches Heimrecht gegen Erstligisten einzuräumen. Dazu kam es nicht. Beim DFB waren sie nicht begeistert. "In Sachen DFB-Pokal haben wir unter dem Strich einen klaren Standpunkt: Wir sehen keinen Grund, den Modus unseres erfolgreichen, etablierten Formats zu verändern", teilte der damalige Generalsekretär Helmut Sandrock mit.
Der DFB bestätigt: Änderungen sind nicht geplant
Sandrock ist längst nicht mehr für den DFB tätig. Doch geändert hat sich nichts. Es gebe derzeit keine Überlegungen, auch Zweitligisten ein grundsätzliches Heimrecht gegen Erstligisten einzuräumen, teilte der DFB auf Anfrage der Sportschau mit. Sie verweisen dort auf den 1. FC Kaiserslautern, der in der vergangenen Saison als Klub aus der 2. Liga bis ins Endspiel kam. Das, schreibt der Verband, habe "gezeigt, was als Zweitligist möglich ist."
Stefan Kuntz wird Kaiserslauterns Weg bis ins Endspiel sicher verfolgt haben, auch wenn er nicht mehr Vorstandsvorsitzender des Klubs ist. Er ist nun Sport-Vorstand beim Hamburger SV. In der zweiten Runde spielt der Zweitligist HSV beim Erstligisten SC Freiburg und ist dort Außenseiter. Zeiten ändern sich.
Das weiß auch Richard Golz. Er war als Torhüter viele Jahre für beide Vereine aktiv, nur war damals das Kräftverhältnis ein anderes: Hamburg war ein Erstligist, der oft auch international spielte. Freiburg war ein Erstligist, der oft um den Klassenerhalt zitterte.
Im Interview mit der Sportschau sagt Golz, 56, ein generelles Heimrecht für unterklassige Mannschaften halte er nur dort für sinnvoll, wo die wirtschaftlichen Unterschiede dies erforderten, Stichwort: Fernsehgelder. Dies gelte bis hoch zur dritten Liga. Für Zweitligisten wie den HSV gelte das nicht. Er sagt: "So wie es ist, ist es gut - aus meiner Sicht."
In Elversberg hätten sie gerne im eigenen Stadion gespielt
Bei der SV Elversberg hingegen hätten sie gegen eine Heimrecht-Reform nichts einzuwenden. "Natürlich hätten wir gerne zuhause gespielt", teilte Sport-Vorstand Ole Book auf Anfrage der Sportschau mit. Dort sei die Chancen auf "eine Sensation", auf das Weiterkommen, einfach größer.
Wenn der Trainer Horst Steffen ein Gesicht des Elversberger Aufschwungs ist, ist Book, 38, das andere. Nach dem Ende seiner Karriere kam Book als Scout ins Saarland und blieb. Nur seine Rollen änderten sich: Als die SVE Steffen als Trainer präsentierte, präsentierte sie direkt auch einen neuen Sportdirektor. Sie präsentierte Book. Vor einem Jahr wurde er befördert, er ist nun Sport-Vorstand.
Er sei ein Befürworter einer Reform, sagt Book. Die, so sieht er das, würde den "Wettbewerb spannender" machen und "weniger vorhersehbar." Vorerst aber werden sie sich bei der SVE mit der aktuellen Regelung arrangieren müssen. Ein Erfolg in Leverkusen würde dabei sicher helfen.