Fans des Hamburger SV

Etliche Aufstiegskandidaten "Stärkste 2. Liga aller Zeiten" - diesmal stimmt es sogar

Stand: 28.07.2023 14:44 Uhr

Stärkste 2. Liga der Welt, aller Zeiten oder auf Neudeutsch "ever": Diese Superlative haben die Fans schon oft gehört, vor allem, wenn sie Bezahl-Abos fürs Fernsehen abschließen sollten. Diesmal sind die Werbetexte sogar berechtigt.

Allein der Auftaktspieltag sorgt schon für einen sehr guten Vorgeschmack auf das, was da kommt. Am 28. Juli um 20.30 Uhr (Live-Ticker bei sportschau.de) empfängt der Hamburger SV den FC Schalke 04. Dass diese beiden Teams in die Bundesliga aufsteigen wollen, ist möglicherweise die falsche Verbwahl. Sie müssen.

Rund um den HSV hatten ja schon 2018/19 viele gedacht, dass der erste Abstieg des Bundesliga-Dinos ein Betriebsunfall sei, der logischerweise nach nur einer Saison wieder korrigiert würde. Stattdessen gehören die Hamburger inzwischen zum Establishment der Zweitklassigkeit, sie gehen in ihre sechste Saison im Unterhaus.

HSV gegen Schalke 04 - Topspiel der Aufsteiger?

Mittagsmagazin, 28.07.2023 13:00 Uhr

Boldt philosophiert über die HSV-Ambitionen

Das soll aber nun wirklich die Letzte sein. Das stellte Sportvorstand Jonas Boldt gleich beim Trainingsauftakt nur dreieinhalb Wochen nach der gescheiterten Relegation gegen den VfB Stuttgart klar, also jedenfalls war das wohl seine Absicht: "Es ist völlig egal, was ich sage, weil ich glaube, dass jeder, der sich mit dem HSV beschäftigt, und jeder, der auch weiß, wie wir ticken, ganz klar weiß, dass das unsere Ambition wiedergibt." Das waren ganz schön viele Worte als Antwort auf eine einfache Frage: Steigt der HSV diesmal auf?

Scheitern könnte es wie in bisher jedem der fünf Jahre neben dem Nervenkostüm auf der Zielgeraden an der Qualität des Kaders. Mit Sonny Kittel ist ein Fixpunkt in der Offensive gegangen, große Hoffnungsträger sind nicht unter den Neuzugängen: Levin Öztunali hat bei Union Berlin ein komplettes Jahr verloren, Ablöse investiert wurde nur in das Braunschweiger Mittelfeld-Talent Immanuel Pherai.

Bülter und Zalazar fehlen Schalke

Schalke 04 hat ungefähr fünfmal so viel investiert wie die Hanseaten, und dabei trotzdem noch ein Transferplus von 14,6 Millionen Euro erzielt. Schmerzhaft sind dabei die Verluste der fußballerisch starken Offensivkräfte Marius Bülter und Rodrigo Zalazar, doch mit Linus Tempelmann (Freiburg), Paul Seguin (Union), Bryan Lasme (Bielefeld) und Ron Schallenberg aus Paderborn kommen Verstärkungen, die die Lücken füllen könnten.

Der Härtetest im Trainingslager gegen Gornik Zabrze bestärkte diese Aussichten, das Team von Thomas Reis fegte den polnischen Erstligisten mit 5:0 vom Rasen. Der Coach feierte "Intensität und Spielfreude" seiner Schützlinge, die "Königsblauen" scheinen gerüstet für den Kampf um die sofortige Rückkehr in Liga eins.

Mehr Maloche bei der Hertha

Neben Schalke und Hamburg steht die Berliner Hertha am meisten unter Druck. Bei der Mannschaft von Pal Dardai ist in der Vorbereitung ein Philosophiewandel eingekehrt, der eigentlich eher Schalke zuzuordnende Ruhrpott-Begriff "Maloche" soll das neue Leitwort sein. Sinnbildlich dafür ist die Verpflichtung des neuen Abwehrchefs: Der rustikale Abräumer Toni Leistner gibt jetzt hinten die Kommandos.

Pal Dardai feuert seine Spieler an

Pal Dardai feuert seine Spieler an - harte Arbeit soll im Vordergrund stehen

Dass manche Hertha-Fans noch nicht so ganz begriffen haben, dass so ein Arbeitstier genau das richtige Signal nach Jahren der erfolglosen Schönspielerei sein müsste, zeigte ein Schmähplakat gegen ihn am Trainingsgelände - nur weil Leistner auch mal für Stadtrivale Union Berlin gespielt hat. Dabei hat diese jahrelange Selbstüberschätzung des vermeintlichen "Big-City-Klubs" die Kluft zwischen den beiden Vereinen so groß gemacht, dass man erstmal gar nicht mehr von Rivalität sprechen dürfte: Union spielt Champions League, Hertha 2. Liga.

Herthas Leistner - Neuer wurde auch erst nicht gemocht

Leistner nimmt den Skeptikern die Beleidigungen aber nicht krumm: "Es gab schon andere Spieler im deutschen Fußball, deren Wechsel nicht so positiv aufgefasst wurden und die jetzt in ihren Vereinen geschätzt, gemocht, geliebt werden. Man braucht sich nur Manuel Neuer anzugucken."

Zur Ausgangslage vor dem Saisonstart - Hertha beginnt am Samstagabend um 20.30 Uhr beim direkten Konkurrenten Fortuna Düsseldorf - sagt Leistner: "Man kommt nicht hierher, um gegen den Abstieg zu spielen. An den Transfers sieht man, dass es Hoffnung gibt, aufzusteigen. Ob es dann für ganz oben reicht, wird man sehen. Sechs bis acht Teams wollen hoch."

Viele Traditionsklubs und der beste Fußballer der Liga

Herthas Auftaktgegner Düsseldorf ist einer davon, aber auch der FC St. Pauli, der SC Paderborn und Hannover 96 sind sehr ambitioniert. Die Traditionsklubs 1. FC Nürnberg und 1. FC Kaiserslautern sind ebenfalls in Lauerstellung.

Dazu hat der Karlsruher SC mit Lars Stindl einen Confed-Cup-Sieger von 2017 und damit möglicherweise den besten Fußballer der 2. Liga verpflichtet. Das Testspiel gegen den FC Liverpool ging nur durch zwei Tore in der Nachspielzeit 2:4 verloren und hat auch die These untermauert, dass die beste 2. Liga "ever" an den Start geht.

Lars Stindl (m.) im Testspiel gegen Liverpool

Prominentester Zweitliga-Zugang: Lars Stindl (m.) im Testspiel gegen Liverpool