
Historische erste Hälfte Union Berlin sichert mit irrem Acht-Tore-Remis die Klasse
Ein historischer erster Durchgang, Treffer ohne Ende, Traumtore: Union Berlin und der VfB Stuttgart haben sich am Samstagabend in einer denkwürdigen Partie der Fußball-Bundesliga mit einem Remis getrennt. Die Köpenicker durften durch den Punktgewinn den sicheren Klassenerhalt bejubeln.
Beim 4:4 (4:4) trafen Andrej Ilic (5. Spielminute), Diogo Leite (19.), Leopold Querfeld (38.), Andrej Ilic (45.+6) für Union Berlin. Deniz Undav (23.), Enzo Millot (29.), Jeff Chabot (43.) und Chris Führich (45.+1) erzielten die Gäste-Tore. Acht Tore in der ersten Halbzeit - das hatte es zuvor in der Fußball-Bundesliga noch nie gegeben.
Die gastgebenden Köpenicker können mit jetzt 35 Punkten nicht mehr von Heidenheim auf dem Relegationsplatz eingeholt werden und dürfen sich dementsprechend über den definitiven Ligaverbleib freuen. Nach einer durchwachsenen Saison verhalfen zuletzt fünf Spiele ohne Niederlage dem Team von Trainer Steffen Baumgart zum frühzeitigen Klassenerhalt.
Union-Trainer Baumgart: "War schon wild"
"Die erste Halbzeit war schon wild", sagte Baumgart nach der Partie am Sportschau-Mikrofon - und blickte auf die starken vergangenen Wochen zurück: "Wir sind einen Weg gegangen. Der Weg war steinig, jetzt haben wir aber den Klassenerhalt erreicht. Jetzt geht es darum, auch die nächsten vier Spiele erfolgreich anzugehen."
Stuttgart hingegen verpasste es, Schritte in Richtung Europapokal-Plätze zu machen und bleibt mit nun 41 Punkten auf Rang elf. "Es war mehr drin. Wir kassieren drei Standard-Gegentore, das darf nicht passieren", sagte Torschütze Undav zum Spiel: "Ansonsten: 4:4, Hauptsache nicht verloren. Gefühlt gab es alle zwei Minuten ein Tor, es war eine kranke erste Halbzeit."
Blitzstart für Union Berlin
Dass Union Berlin und der VfB Stuttgart das Bundesliga-Topspiel am Samstagabend bestreiten sollten, dürfte vor der Partie wohl den einen oder anderen Fußball-Fan gewundert haben - schließlich handelt es sich jeweils um Teams aus dem (erweiterten) Tabellen-Mittelfeld. Was aber dann auf dem Rasen in Köpenick passierte, wurde dem Prädikat "Topspiel" mehr als gerecht - von Beginn an.
Nachdem die Stuttgarter mit Schwung in die Partie gegangen waren, eröffnete Ilic nach einem Eckstoß von Christopher Trimmel aus dem Getümmel schon nach fünf Minuten den Torreigen. Ermedin Demirovic vergab kurz darauf eine Großchance, als er sich den Ball deutlich zu weit an Union-Torwart Frederik Rönnow vorbei vorlegte. Und als Leite - wieder nach Trimmel-Ecke - den Ball zum 2:0 einnicken durfte, sah schon vieles nach einem schönen Nachmittag für die Berliner aus.
Traumtore von Stuttgarts Millot und Unions Querfeld
Doch Stuttgart schlug sofort zurück. Maximilian Mittelstädts Zuspiel brachte Undav in Position, der hart und platziert zum Anschlusstreffer einschoss. Die Stuttgarter, in dieser Phase mit deutlich mehr Ballbesitz, setzten nach - und wie: Millot nahm den Ball in die Bewegung mit und nahm sich aus 24 Metern ein Herz.
Der Schlenzer segelte, noch touchiert von Rönnow, zum Ausgleich in die Maschen. Vier Torschüsse waren bis dato abgefeuert worden, alle vier fanden den Weg ins Tor.

Enzo Millot (Mitte) wird für sein Traumtor gefeiert
Doch damit nicht genug: Auch Union Berlin verzeichnete ein Traumtor. Querfeld nahm in der verrückten Partie aus 34 Metern maß, zog mit 118 km/h ab - und traf mit seinem leicht nach außen rotierenden Ball ins rechte Eck. Die Antwort des VfB ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Chabot setzte sich nach einem Freistoß von Angelo Stiller durch und köpfte zum Ausgleich ein.
Bundesliga-Torrekord in der ersten Hälfte
Mit bereits sechs erzielten Toren ging es in die üppige Nachspielzeit, ein erstes Durchatmen stand für Mannschaften und Zuschauer in Aussicht. Doch aus "Durchatmen" wurde erstmal nichts.
Zum ersten Mal ging der VfB in Führung: Führich tänzelte im Strafraum durch die Union-Abwehr und schloss aus 15 Metern ins kurze Eck ab. Den Tor-Rekord perfekt machte aber erneut Ilic, der Trimmels Freistoßflanke aus wenigen Metern zum 4:4 einnicken durfte.
Acht Tore in der ersten Halbzeit - das hatte es in der Bundesliga-Geschichte noch nie gegeben. Im zweiten Durchgang hatte einst Borussia Dortmund zehnfach getroffen (1982 beim 11:1 gegen Bielefeld), dieser Wert ist bis heute unübertroffen.
Kaum Torchancen im zweiten Durchgang
Wilde erste Hälfte bedeutet wilde zweite Hälfte? Mitnichten. Die Partie war im zweiten Durchgang eine andere. Stuttgart war weiterhin häufiger am Ball, kam aber gegen die plötzlich sattelfeste Unioner Defensive kaum noch durch.
Die Angriffsbemühungen der Köpenicker beschränkten sich größtenteils auf lang geschlagene Bälle, die die Stuttgarter Hintermannschaft souverän wegverteidigte. Das Spiel war nun von der Spannung geprägt.
Stuttgart schnürt Union ein
In der Schlussphase verstärkten die Stuttgarter den Druck, schnürten Union immer mehr in der eigenen Hälfte ein. Der VfB spielte rund um den Strafraum gefällig und investierte viel, ohne allerdings die ganz großen Chancen zu kreieren. Union wurde nach - natürlich - nach einem Trimmel-Standard nochmals gefährlich, Laszlo Benes scheiterte mit seiner Direktabnahme aber aus neun Metern (82.).
Tore fielen nicht mehr, Freude kam am Ende aber bei den Gastgebern auf: Die Unioner durften dank des einen Punktes den Klassenerhalt bejubeln - deutlich früher, als sie wohl selbst vor einigen Wochen vermutet hätten. Die Fans honorierten den starken Saisonendspurt ihrer Mannschaft, feierten ihre Unioner mit viel Applaus bei der Ehrenrunde und sangen: "Nie mehr 2. Liga".
Union in Bochum, Stuttgart gegen Heidenheim
Union Berlin ist am nächsten Spieltag in Bochum zu Gast, für die Gastgeber ist es eine extrem wichtige Partie im Abstiegskampf (Sonntag, 27.04., 15.30 Uhr). Stuttgart spielt Freitagabend zu Hause gegen den 1. FC Heidenheim (20.30 Uhr).