Der Hoffenheimer Orban, Union-Trainer Baumgart und der Kieler Holtby

Abstiegskampf in der Bundesliga Sechs Teams zwischen Abwärtstrend und Hoffnungsschimmer

Stand: 06.03.2025 19:11 Uhr

Die einen wurden schon abgeschrieben, andere waren kaum noch gefährdet und sind plötzlich mittendrin, wie andere stehen kurz vor dem Klassenerhalt: Im Abstiegskampf der Bundesliga sind zehn Spiele vor Saisonende sechs Teams verblieben - mit sehr unterschiedlichen Ausgangslagen.

Tabelle vor dem 25. Spieltag
Team Tordifferenz Punkte
13. 1899 Hoffenheim -15 25
14. Union Berlin -17 23
15. FC St. Pauli -11 21
16. VfL Bochum -24 17
17. Holstein Kiel -24 16
18. FC Heidenheim -23 15

Talent-Infusion mit der Finanzspritze wird Hoffenheim wohl retten

Besser als aktuell auf Tabellenplatz 13 stand die TSG Hoffenheim zuletzt nach dem 2. Spieltag da. Vor wenigen Wochen Ende Januar war die TSG bis auf den Relegationsrang abgerutscht, nur drei Zähler vom Tabellenende entfernt. In einer auch hinter den Kulissen atemberaubend chaotischen Saison mit diversen Personalrochaden auf Führungsebene schien der Abstieg der Kraichgauer so realistisch wie lange nicht. Doch nach den etwa 50 Millionen Euro, die für Sommertransfers wie Adam Hlozek und Alexander Prass ausgegeben wurden, konnte die TSG im Winter sogar nochmal nachlegen und verpflichtete Stürmer Gift Orban aus Lyon, holte sich Toptalent Bazoumana Traoré für den Flügel und lieh Innenverteidiger Leo Ostigard von Stade Rennes aus.

Diese Möglichkeit einer großzügigen Talent-Infusion mit der Finanzspritze ist etwas, das die Hoffenheimer ganz klar von den anderen verbliebenen Abstiegskandidaten unterscheidet. Und gerade Orban und Norwegens Nationalspieler Ostigard haben im Gegensatz zu vielen der Sommer-Transfers dann doch direkt gezündet und dürften auch Wunschspieler von Trainer Christian Ilzer gewesen sein, der die Mannschaft im November übernommen hatte. Zuletzt siegte die TSG gegen Bremen und Bochum und spielte zwischendrin gegen Stuttgart unentschieden. Ostigard stand in allen drei Spielen in der Startelf, Orban hat in den letzten sechs Partien viermal getroffen. Acht Zähler beträgt gerade der Vorsprung auf Rang 16, am Sonntag geht es gegen den Letzten aus Heidenheim, der in der Liga aus den letzten sieben Partien genau einen Punkt geholt hat. Wenn das individuell stark besetzte Hoffenheim, das mittlerweile auch die Idee vom "Ilzer-Fußball" anzunehmen scheint, diese Partie erwartungsgemäß gewinnen sollte, ist der Klassenerhalt im Prinzip sicher.

Union Berlin - Doch kein Aufwärtstrend unter Baumgart

Am 21. Spieltag hatte Union Berlin gerade mit 4:0 gegen Hoffenheim gewonnen, zuvor Leipzig einen Punkt abgerungen, es schien, als würde der "Trainer-Effekt", den man sich mit der Ablösung Bo Svenssons durch Steffen Baumgart erhofft hatte, nun mit ein bisschen Verspätung doch noch eintreffen. Die Abstiegsränge waren neun Punkte entfernt. Nun sind seitdem aber keine weiteren Zähler hinzugekommen - das Torverhältnis aus den Spielen gegen Mönchengladbach, Dortmund und Holstein Kiel beträgt 1:9.

Kiel jubelt bei Union Berlin und gibt Rote Laterne ab

Simon Wenzel, Sportschau Bundesliga, 01.03.2025 21:15 Uhr

Auch spielerisch enttäuschten die Eisernen auf ganzer Linie und Baumgarts Punkteschnitt liegt mittlerweile nur noch bei 0,78. Unter Svensson hatte er immerhin bei 1,19 gelegen. Vor allem das 0:1 gegen Holstein Kiel ließ alle Alarmglocken läuten. Die Kieler sind dadurch wieder im Aufwind und auch wenn der Abstand auf Rang 16 noch sechs Zähler beträgt: Die kommenden Gegner der Unioner sind Eintracht Frankfurt, Bayern München, der SC Freiburg, der VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen und der VfB Stuttgart. Angesichts der jüngsten Leistungen lassen sich da kaum mehr als ein oder zwei Punkte prognostizieren. In der Hinrunde gab es in dieser Reihe von Spielen genau jene zwei. Dass die Eisernen in den kommenden Wochen auf einen der drei letzten Ränge rutschen, ist kein unrealistisches Szenario mehr. Ob man im Verein dann nochmal die Trainer-Reißleine ziehen würde, hängt wahrscheinlich auch von der spielerischen Entwicklung ab. Hintenraus sieht das Programm mit Bochum, Bremen, Heidenheim und Augsburg jedenfalls noch einmal etwas freundlicher aus.

FC St. Pauli - Irgendwer muss dann auch mal ein Tor schießen

Seit Morgan Guilavogui sich am 20. Spieltag gegen den FC Augsburg verletzte, hat der FC St. Pauli kein Tor mehr geschossen. Guilavogui war zuvor immer besser in Fahrt gekommen und mit fünf Treffern zum Toptorjäger der Kiezkicker aufgestiegen. Da auch die mittlerweile "nur" noch viertbeste Defensivreihe in keiner der folgenden vier Partien die Null halten konnte, sind die sieben Punkte Abstand auf Rang 16 zu schmalen vier geschmolzen. Trainer Alexander Blessin hat es nach stotterndem Saisonstart geschafft, die noch sehr im Kader integrierte "Fabian-Hürzeler-Spielweise", mit der in der Bundesliga aufgrund der gestiegenen Gegnerqualität jegliche Stabilität fehlte, zu einer für den Abstiegskampf tauglichen defensiven, laufintensiven und disziplinierten Spielart umzuwandeln.

Morgan Guilavogui vom FC St. Pauli in Aktion

Morgan Guilavogui vom FC St. Pauli in Aktion

Das klappte lange gut, aber wenn vorne so gar kein Tor mehr fallen will und dazu noch die fünftmeisten Aluminium-Treffer der Bundesliga kommen, wird es schwierig mit dem Klassenerhalt. Würde man die aktuell 18 erzielten Treffer auf die gesamte Saison hochrechnen, landet man bei 25,5. Mit 25 Toren hat in den letzten zehn Jahren keine Mannschaft Platz 15 oder besser erreicht, mit 26 gelang das genau einmal - 2020/21 rettete sich Arminia Bielefeld hauchdünn. Am 25. Spieltag trifft St. Pauli auf den VfL Wolfsburg, da hielt man im Hinspiel immerhin die Null - trotzdem dürften die Hamburger primär wohl auf eigene Treffer hoffen, die auch für die restliche Saison wieder etwas Auftrieb geben würden.

VfL Bochum - Wird der Trend jetzt ausgebremst?

Es hätte alles so gut aussehen können: Der VfL Bochum baut gegen Abstiegs-Mitkonkurrent TSG Hoffenheim die Serie von drei ungeschlagenen Spielen in Folge auf vier aus und erhält in der gleichen Woche am Grünen Tisch den Sieg für das Spiel gegen Union Berlin zugesprochen. Die Mannschaft von Dieter Hecking ist die formstärkste Mannschaft im Keller, hat das Momentum und Tuchfühlung zu Platz 15. Doch daraus wurde nichts. Timo Horn, gerade erst zur neuen Nummer Eins erkoren, patzte bei einem eher ungefährlichen Abschluss von Tom Bischof, Hoffenheim siegte mit 1:0 und die Bochumer haben weiterhin vier Zähler Rückstand auf Platz 15.

Hoffenheim profitiert von Timo Horns Fehlgriff

Claus Lufen, Sportschau Bundesliga, 01.03.2025 18:00 Uhr

Am 13. Spieltag waren es noch neun Zähler gewesen - die Aufholjagd des VfL ist beachtlich, keine Frage, doch die liegen gelassenen Big Points gegen Hoffenheim schmerzen besonders. Denn nun heißen die nächsten Gegner Bayern München, Eintracht Frankfurt, Bayer Leverkusen, VfB Stuttgart - die These, dass das Momentum der Bochumer in dieser Serie nun deutlich ausgebremst werden könnte, bedarf nicht viel Fantasie.

Holstein Kiel - Im Norden brennt noch Licht

Hätte Holstein Kiel in der letzten Woche gegen Union Berlin verloren, sähe die Prognose deutlich düsterer aus. Doch die Störche siegten eben verdient mit 1:0 - erst das zweite Mal in dieser Saison, dass sie ohne Gegentor blieben, gaben die Rote Laterne an den 1. FC Heidenheim ab und können plötzlich wieder Hoffnung schöpfen. Denn in Sachen Restprogramm haben die Kieler gegenüber vielen Konkurrenten einen entscheidenden Vorteil: Weder die Bayern, noch Leverkusen, noch Frankfurt stehen noch auf dem Spielplan.

Kiel-Trainer Marcel Rapp

Kiel-Trainer Marcel Rapp

Drei der insgesamt vier Saisonsiege stammen aus der Gegnerkombination, die die Störche noch erwartet - sollte man das wiederholen können, kann das in diesem "Schneckenrennen" um den Klassenerhalt definitiv für Platz 16 reichen. Gegen den VfB Stuttgart hängen die Trauben am Wochenende allerdings für die Elf von Marcel Rapp noch einmal hoch, ehe es zum richtungsweisenden Auswärtsspiel beim 1. FC Heidenheim kommt. Sollten wiederum beide Partien verloren gehen, wäre die Länderspielpause womöglich der letzte "sinnvolle" Zeitpunkt, um nochmal über einen Impuls auf der Trainerbank nachzudenken.

Kann die Ruhe im Umfeld die Heidenheimer nochmal retten?

Dass der 1. FC Heidenheim im Abstiegskampf für einen rettenden Impuls seinen Trainer austauscht, scheint so wahrscheinlich wie ein verschossener Elfmeter von Harry Kane. Trotzdem sind auch an der Brenz die kommenden zwei Spiele absolut wegweisend: Hoffenheim und Kiel heißen die Gegner, die man im Rennen um den Klassenerhalt auf keinen Fall wegziehen lassen will - und sollte. Acht Ligaspiele hintereinander bliebt die Mannschaft von Frank Schmidt zuletzt ohne Sieg, der Relegationsplatz ist aber noch in direkter Reichweite.

"Wenn wir so weitermachen, wird es verdammt schwer", analysierte Schmidt nach der deutlichen 0:3-Pleite gegen Borussia Mönchengladbach. Ein Pfund, mit dem der Tabellenletzte immerhin wuchern kann: Die Trainerfrage wird sich auch öffentlich wohl kaum stellen - Ruhe im Umfeld kann im Rennen um den Klassenerhalt durchaus das Zünglein an der Waage sein.

Sportschau am Samstag, am 08.03. ab 18 Uhr

Sportschau, 08.03.2025 18:00 Uhr