Ehemaliger Star-Trainer Christoph Daum im Alter von 70 Jahren gestorben
Der frühere Fußballtrainer Christoph Daum ist nach einem langen Kampf gegen den Krebs gestorben. Er sei "friedlich im Kreise seiner Familie verstorben", teilte diese mit. Daum starb am Samstag (24.08.2024) in Köln, er wurde 70 Jahre alt.
Im Herbst 2022 hatte Daum die Diagnose Lungenkrebs erhalten und sich zunächst aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Kurz darauf kehrte er aber wieder ins Rampenlicht zurück, gab Interviews und sprach öffentlich über seine Krankheit, aber auch über Fußball. "Der Krebs hat sich den falschen Körper ausgesucht", lautete seine Kernbotschaft.
Zahlreiche Weggefährten kondolierten: "Wenn man einmal erlebt hat, mit welcher Energie, welcher Leidenschaft und welcher Euphorie er über den Fußball gesprochen hat, kann man nachvollziehen, was das für ein großer Verlust ist", sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf. "Er war ein echter Typ."
Bewegtes Trainer-Leben startet mit Bayern-Scharmützel
Daums Trainerkarriere begann ungewöhnlich, da ihr keine große Laufbahn als Spieler vorausging. Beim 1. FC Köln stieg er im September 1986 nach der Freistellung von Georg Keßler vom Co- zum Cheftrainer auf. Er bewahrte den FC vor dem Abstieg und führte ihn 1987/88 auf Rang drei der Bundesliga.
Daum lieferte mit dem 1. FC Köln in der Saison 1988/89 Bayern München einen spannenden Titelkampf - der nicht nur auf dem Platz ausgetragen wurde. Daums gemeinsamer Auftritt im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF mit Kölns Manager Udo Lattek in Konfrontation zu Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß und Trainer Jupp Heynckes wurde zu einem Stück Bundesliga-Geschichte.
Daum verlor den Titelkampf und beschloss ihn mit den Worten: "Hinfallen? Ja. Aber wieder aufstehen." 1990 entließ ihn der 1. FC Köln trotz einer weiteren Vize-Meisterschaft und dem Erreichen des Halbfinales des UEFA-Cups. Grund laut des damaligen Präsidenten Dietmar Artzinger-Bolten war "eine nicht mehr vorhandene Vertrauensbasis".
Christoph Daum in seiner ersten Zeit beim 1. FC Köln
Stuttgart: Endlich Meister, tiefer Fall nach Wechselfehler
Im Herbst 1990 übernahm Daum den VfB Stuttgart, führte ihn auf Platz sechs und in der Saison 1991/92 sogar zur Meisterschaft. Das dramatische Saisonfinale, in dem der VfB in Leverkusen knapp vor Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund landete, brachte den Stuttgartern mit dem Titel die Teilnahme an der Champions League.
Die begann mit der ersten Qualifikationsrunde gegen Leeds United. Der VfB gewann das Hinspiel 3:0, verlor in Leeds 1:4 und wäre wegen der damals gültigen Auswärtstorregel weitergekommen - doch Daum wechselte damals unerlaubterweise einen vierten Ausländer ein. Die Folge war ein Entscheidungsspiel, das Stuttgart 1:2 verlor. Eine schwache Hinrunde folgte, der VfB trennte sich von Daum.
Christoph Daum als Deutscher Meister 1992 mit dem VfB Stuttgart
Leverkusen: Daum formt Bayer zum Spitzenteam, zur Schale reicht es nie
1994 zog es Daum in die Türkei. Er erlebte persönlich glückliche Jahre bei Besiktas Istanbul, von denen er immer wieder schwärmte. Sportlich gelang ihm die türkische Meisterschaft. 1996 wechselte er zu Bayer Leverkusen - ein Klub, über den er in Köln oft gespottet hatte, man würde Werbung machen, wenn man nur den Namen des Klubs ausspreche. Doch nun war das Verhältnis ein anderes, in Leverkusen legte Daum mit Manager Reiner Calmund den Grundstein für eine Ära als Spitzenteam in der Bundesliga.
Daum machte immer wieder mit Motivationstricks Schlagzeilen. Während er in Köln vor einem wichtigen Spiel zahlreiche Tausend-Mark-Scheine an die Kabinentür nagelte, ließ er in Leverkusen Spieler über Glasscherben laufen. Er spielte zudem Werbefigur für einen Energiekonzern, der blaue Anzug war zeitweise ein Markenzeichen.
1997 und 1999 erreichte Daum mit Leverkusen Platz zwei hinter den Bayern, 2000 folgte das größte Drama für Daum: Leverkusen verlor am letzten Spieltag 0:2 bei der SpVgg Unterhaching und verspielte so am letzten Spieltag die schon sicher geglaubte Meisterschaft.
Motivator in Leverkusen: Christoph Daum
DFB: Daums Kokain-Konsum verhindert Aufstieg zum Bundestrainer
Überzeugt hatte Daum aber vor allem in seiner Zeit in Leverkusen. Als die Nationalmannschaft bei der EM 2000 in den Niederlanden und Belgien desaströs in der Vorrunde ausgeschieden war, einigte sich Leverkusen mit dem DFB darauf, dass Daum neuer Bundestrainer werden sollte. Uli Hoeneß intervenierte, sprach vom "verschnupften" Daum und warf ihm so öffentlich Drogenkonsum vor.
"Der DFB kann doch keine Aktion 'Keine Macht den Drogen' starten und Herr Daum hat vielleicht damit etwas zu tun", sagte Hoeneß damals, der sich daraufhin in den Stadien Anfeindungen ausgesetzt sah. Daum willigte ein, sich einem Drogentest zu unterziehen und kündigte an: "Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe." Die Haarprobe in der Kölner Gerichtsmedizin ergab: Kokain-Konsum.
Haarprobe? Das war ein Fehler" - Christoph Daum bei der Pressekonferenz mit Werner Hansch
Daum verlor den Posten des Bundestrainers und zunächst jede Reputation, er reiste zunächst nach Florida, um deutsche Medien zu meiden. "Die Haaranalyse, die ich hab machen lassen, das muss man im Nachhinein sagen, das war ein Fehler", sagte Daum später scherzhaft bei einer eigens einberufenen und von Werner Hansch moderierten Pressekonferenz.
Mehrere Auslandsstationen und Rückkehr nach Köln
Daum kehrte nach der Kokain-Affäre 2001 zu Besiktas Istanbul zurück, wechselte zu Austria Wien und Fenerbahce Istanbul. 2006 trat er aus gesundheitlichen Gründen zurück. Als der 1. FC Köln 2006 in der 2. Bundesliga in einer tiefen Krise steckte, sagte Daum zunächst in einer kuriosen Pressekonferenz in einem Kölner Krankenhaus am 11.11.2006 ab - um wenig später doch zuzusagen. Er führte Köln im zweiten Anlauf 2008 zurück in die Bundesliga, verließ den Klub 2009 aber überraschend.
Daum wechselte erneut zu Fenerbahce und kehrte 2011 ein letztes Mal in die Bundesliga zurück. Doch seinen Rettungsauftrag bei Eintracht Frankfurt erfüllte er nicht und stieg ab. Nach dem FC Brügge und Bursaspor war die rumänische Nationalmannschaft zwischen 2016 und 2017 seine letzte Station als Trainer.
Pressekonferenz mit Mediziner: Christoph Daum am 11.11.2006