Werkself auf Meisterschaftskurs Leverkusens Abwehr ist das Fundament für den Titel
Es gibt in dieser Saison für die Bundesliga-Kontrahenten kaum etwas Schwereres, als ein Tor gegen Bayer 04 Leverkusen zu erzielen. Die Defensive der Werkself ist in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich.
Es geht schnell im Profifußball. Noch vor der laufenden Saison gab es nicht gerade leise Gerüchte, dass sich Bayer 04 Leverkusen von Jonathan Tah trennen könnte. Der Innenverteidiger, der für die Werkself stets ein großes Versprechen war, aber in seinen zuvor acht Jahren nie so ganz zu überzeugen wusste, liebäugelte offenbar selbst mit einem Wechsel in die englische Premier League, um nochmal neu durchzustarten.
Mit 28 Jahren ist es dafür schließlich noch lange nicht zu spät. Am Ende blieb Tah unter dem Bayerkreuz - und spielt derzeit die Saison seines Lebens.
Er hatte offenbar ein Gespür dafür, was Außergewöhnliches passieren könnte. "Ich habe gemerkt, dass etwas entsteht. Ich wusste immer, was ich hier habe", sagte Tah vor der Saison. Mittlerweile ist der Nationalspieler eine kaum zu ersetzende Größe in der Defensive des Teams von Trainer Xabi Alonso.
Und gemeinsam mit seinen direkten (5er-Ketten-) Mitspielern Odilon Kossounou sowie Jeremie Frimpong (auf seiner rechten Seite) und Edmond Tapsoba sowie Alejandro Grimaldo (auf seiner linken Seite) hat er die Bayer-Defensive nahezu undurchdringlich gemacht.
Tah mit starken Statistiken
Bislang 18 Gegentore (0,7 im Durchschnitt pro Spiel) in 26 Partien sind eine beeindruckende Zwischenbilanz, die auch europaweit einen Topwert darstellt. Tah sticht in dieser Kette hervor, weil er sich enorm weiterentwickelt hat. "Wenn du älter wirst, übernimmst du mehr Verantwortung auf dem Platz, sprichst mehr auf, auch neben dem Platz in der Kabine", sagt der Leverkusener.
Sein Spiel und seine unter Alonso neu gewonnene Konstanz überzeugen, seine Werte sind herausragend. Er gewann in dieser Spielzeit bislang über 70 Prozent seiner Kopfballduelle (Bestwert im Team) und fing bei Bayer die meisten Zuspiele ab.
Dazu ist er für seine Größe erstaunlich geschmeidig und schnell, seine Höchstgeschwindigkeit von 35,8 km/h überbietet bei Bayer in dieser Saison einzig Jeremie Frimpong (36 km/h Topspeed). Seine enorme Ballsicherheit rundet seine Leistungen ab, Tah hat die beste Passquote bei Bayer (97 Prozent angekommen, auch ligaweit einer der besten Werte).
Hradecky kaum zu bezwingen
Aber auch Tahs Nebenleute wissen zu überzeugen. Der Ivorer Kossounou hat eine Passquote von 90 Prozent angekommener Bälle, außerdem läuft er mit einem Topspeed von 35 km/h an den meisten seiner Gegenspieler einfach vorbei. Tapsoba kommt ebenfalls auf gute 34,1 km/h, zudem hat der 25-jährige Profi aus Burkina Faso die beste Zweikampfbilanz bei Bayer 04 (sehr gute 63 Prozent gewonnen).
Mit Lukas Hradecky hat Alonso einen leistungsstarken wie erfahrenen Schlussmann. Dass es erst einen Weitschuss-Gegentreffer gab (alleinige Bundesliga-Spitze) hängt auch mit der sehr guten Saison von Hradecky im Bayer-Gehäuse zusammen.
Der Finne parierte 79 Prozent aller Bälle auf sein Tor und ist damit die Nummer eins der Liga. "Wir wollen etwas Außergewöhnliches schaffen. Und dafür muss man auch etwas Außergewöhnliches tun", sagte der 34-Jährige kürzlich.
Defensive Stabilität, offensive Effizienz
Eine Besonderheit ist in Leverkusen an den beiden Seitenlinien zu bestaunen. Grimaldo und Frimpong schaffen auf der Außenbahn eine fast einzigartige Kombination aus defensiver Stabilität und offensiver Effektivität. Ganze fünf Gegentreffer fing Bayer 04 über die Flügel (zwei von rechts, drei von links), alle anderen Mannschaften wurden mindestens 13 Mal von den Außenbahnen bezwungen.
Hinzu kommt die offensive Stärke der beiden Profis. Der Spanier und der Niederländer haben eine außergewöhnliche Offensivausbeute: Grimaldo kommt auf neun Tore und elf Torvorlagen (Ligaspitze mit Leroy Sane), ist damit der Top-Scorer von Bayer. Und Frimpong steht Grimaldo mit acht Toren und sieben Torvorlagen in kaum etwas nach.
Es gibt Ersatz
Und selbst wenn Stammkräfte in der Verteidigung ausfallen, findet Alonso gleichwertigen Ersatz. Im Januar spielten Kossounou und Tapsoba für ihre Länder beim Afrika Cup, der von vielen Experten prognostizierte Einbruch blieb aber aus, weil Josip Stanisic und Piero Hincapie nahtlos in ihre Fußstapfen traten: In vier der ersten fünf Spiele des Jahres 2024 stand hinten dann auch die Null.
Und wie geschickt diese Defensiv-Gemeinschaft der Werkself vorgeht, zeigt die Zahl der Foulspiele. Bayer 04 beging insgesamt die wenigsten Fouls (219) und führte auch die wenigsten Zweikämpfe, weil das Team die Gegner häufig dominiert. Und: Leverkusen verursachte als einziger Bundesligist noch keinen einzigen Elfmeter.
Bayer wurde kein Mal nach einer Flanke aus dem Spiel bezwungen (bei 177 gegnerischen Flanken), hier haben Jonathan Tah und Co. im Zentrum ein herausragendes Stellungsspiel.
Die Leverkusener Abwehrkette ist ein Fundament, das die Grundlage für diese außergewöhnliche Saison darstellt - die mit großer Wahrscheinlichkeit mindestens mit dem ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte enden wird.