Hajo Sommers

Interview mit RWO-Präsident Hajo Sommers "Die Regionalliga ergibt so keinen Sinn"

Stand: 23.01.2025 08:01 Uhr

20 Jahre lang war Hajo Sommers Präsident von Rot-Weiß Oberhausen. Seit zwölf Jahren versucht der Klub vergeblich, aus der Regionalliga herauszukommen. Aus einer Liga, die Sommers viel mehr als nur Kopfzerbrechen macht. Im Interview mit sportschau.de spricht der 66-Jährige, der in diesem Januar aus dem Amt ausgeschieden ist, über die Probleme mit der Liga und den Verbänden. Über Geld und was er ändern würde - wenn er denn nur könnte.

Sportschau: Herr Sommers, als Präsident von Rot-Weiß Oberhausen kennen Sie sich ganz gut aus in der 4. Liga…

Hajo Sommers: Ja, wir sind nun seit 12 Jahren in dieser Liga, wir kommen einfach nicht da raus. Wir waren ein paarmal nah dran, sind auch mal Zweiter geworden, aber das ist es auch. Irgendwie gibt es immer mindestens einen Klub pro Saison, der vorneweg zieht und das Ding macht.

Sportschau: Eigentlich ist das doch aus sportlicher Sicht ganz okay so. Alle haben die gleichen Chancen und wer am Ende oben steht, der steigt auf. Was ist falsch daran?

Sommers: Die Struktur der fünf deutschen Regionalligen stimmt nicht. Wir hier in NRW haben eine bärenstarke Regionalliga, da kommt qualitätsmäßig vielleicht gerade einmal die Ostliga heran. Aber in Bayern, da ist eine gleichrangige Regionalliga - da ist das Niveau des Fußballs aber erheblich niedriger. Die meisten Teams da haben allenfalls das Niveau von der 5. Liga hier.

Sportschau: Was ist für Sie die Regionalliga? Eine Profiliga? Gehobener Amateurfußball? Wo ist die 4. Liga einzuordnen?

Sommers: Das weiß die Liga - glaube ich - selbst nicht so genau. Sie ist ein Mittelding zwischen Profifußball und Amateursport. Das sieht man ja allein am Gehaltsgefüge der Spieler. Da reicht das Monatsverdienst von 530 Euro für einen Studenten bis 15.000 Euro für einen Spieler einer 2. Mannschaft eines Profivereins.

Sportschau: Wie sieht das bei Ihrem Klub in Oberhausen aus? Arbeiten Sie unter Profibedingungen?

Sommers: Ja, bei RWO gibt es das Vollprofitum. Wir trainieren vormittags um 10 oder 11 Uhr, an zwei Tagen in der Woche sogar zweimal täglich. Da kannst du als Spieler nicht einem anderen Vollzeitjob nachgehen. Trotzdem haben wir Spieler im Kader, die bekommen nur 530 Euro. Ein Regionalligaspieler lebt fußballerisch zwischen Stamm und Borke. Ambitionierte Spieler können diese Liga nur als Durchgangsstation sehen. Wenn sie dauerhaft auf diesem Niveau herumdümpeln, sollten sie sich eigentlich - aus Lebensplanungssicht - alsbald um einen richtigen Job kümmern und den Fußball drangeben.

Sportschau: Aber als Unterbau für den "richtigen" Profifußball funktioniert die Liga doch, oder?

Sommers: Aus meiner Sicht ergibt die 4. Liga - so wie sie im Moment aufgestellt ist - keinen Sinn. Die Vereine verbrennen Jahr für Jahr viel Geld, der Nutzen ist einfach nicht da. Kein einziger Verein in der 4. Liga käme ohne Sponsoren klar. Die Ausgaben sind um ein Erhebliches höher als die Einnahmen.

Sportschau: Haben Sie genügend Sponsoren in Oberhausen?

Sommers: Es ist immer wieder enorm schwer, genügend Geldgeber aufzutreiben, um eine Regionalligasaison durchstehen zu können. Wir erkennen dabei gerade sogar ein Phänomen: Unsere Zuschauerzahlen steigen. Nicht nur die unseres Vereins, auch die anderer Klubs. Es kommen vor allem immer mehr junge Leute zu uns, denen das Gehabe in der 1. und 2. Liga auf die Nerven geht. Die sagen: 'Bei euch wird noch ehrlicher Fußball gespielt.' Aber: Die Sponsoren werden gleichzeitig nicht mehr. Es wird sogar immer schwerer, genügend Geldgeber zu finden.

Sportschau: Warum tun sich Sponsoren mit der 4. Liga so schwer?

Sommers: Man bekommt ja als Sponsor kaum etwas zurück. Jeder, der in der 4. Liga Geld gibt, ist eigentlich ein Mäzen. Der Werbewert ist kaum messbar, was auch damit zu tun hat, dass es ja keinerlei Fernsehübertragungen gibt. Dazu kommt: Die Landesverbände, die für die Regionalligen zuständig sind, sind vermarktungstechnisch ein totaler Ausfall. Da passiert nun wirklich gar nichts.

Sportschau: Wäre eine Eigen-Vermarktung der Liga durch die Vereine denkbar?

Sommers: Das wäre nicht nur denkbar, sondern auch viel besser. Auch, wenn wir so etwas wie Live-Streaming der Spiele selbst durchführen und vermarkten könnten. Zu Coronazeiten gab es das mal zwei Jahre lang. Wir in Oberhausen haben damals richtig schön eine "Sportschau für Kleine" gemacht. Mit drei Kameras und so weiter. Dann durften wir das nicht mehr wegen der Verbandsinteressen. Seither: Still ruht der See.

Sportschau: Gibt es eine Allianz der betroffenen Vereine, um etwas zu verändern?

Sommers: Als Rot-Weiss Essen noch in der Liga war, gab es das mal. Damals hatten sich der Wuppertaler SV, RW Oberhausen, RW Essen, Alemannia Aachen und Fortuna Köln zusammengetan und eine Allianz gebildet, die beim Verband offensiv Veränderungen angemahnt hat. Das gibt es jetzt nicht mehr. Es herrscht eine Stimmung der Angst, keiner traut sich, gegen den Verband zu sprechen. Aus Angst vor Repressalien: Ungünstige Termin-Ansetzungen, ungünstige Schiri-Ansetzungen, Strafen.

Sportschau: Was müsste verändert werden?

Sommers: Wir brauchen eine zweigleisige 3. Liga, damit sichergestellt ist, dass alle Meister der Regionalligen auch aufsteigen können. Die 2. Mannschaften der Profiklubs müssten aus der Liga verschwinden. Warum haben die nicht eine eigene Runde der Zweitvertretungen, wo sie sich untereinander mit ihren Talenten und Ersatzspielern aus den Profikadern messen können? In England schütteln sie nur den Kopf darüber, dass es so etwas bei uns nicht gibt. Die 2. Mannschaften bringen fast keine Zuschauer mit, sie kosten uns andere Vereine einfach nur viel Geld.

Sportschau: Was würden Sie in Oberhausen machen, wenn sich ein Investor anbieten würde, der viel Geld mitbringt, um den Verein schnellstmöglich nach oben zu bringen?

Sommers: Ich würde mich vielleicht nicht besonders wohl damit fühlen, aber aus Sicht des Vereins würde ich da mitgehen. Aber nur, wenn das einer wäre, der ein Konzept für mindestens vier oder fünf Jahre mitbringt. Das wäre schon super, wenn ich plötzlich in der Lage wäre, nicht nur unser Profiteam vernünftig zu finanzieren. Ich denke da auch an die Jugendabteilung. Wir messen uns im Jugendbereich mit den besten Gegnern aus Deutschland - da würde ich unseren Trainern sehr gern auch eine Festanstellung anbieten können. Anstatt sie mit einem 400-Euro-Job abzukanzeln.

Das Gespräch führte Olaf Jansen