Der ehemalige Eishockey-Nationaltrainer Marco Sturm

Eishockey-Trainer in den USA Sturm über Feuer in Los Angeles: "Die Asche. Die Panik. Der Schock"

Stand: 24.01.2025 15:32 Uhr

Marco Sturm ist Eishockey-Trainer der Ontario Reign, dem Farmteam der Los Angeles Kings aus der nordamerikanischen Profiliga NHL. Im Interview mit der Sportschau schildert er die Feuer-Katastrophe, die er hautnah mitbekommen hat.

Von Burkhard Hupe

Als Marco Sturm vor gut zwei Wochen mit seiner Mannschaft im Flugzeug saß und auf den Start nach Las Vegas wartete, da lag Los Angeles wie immer zu seiner Rechten. Doch nichts war an diesem Tag wie immer. Denn über Los Angeles wölbte sich eine apokalyptische Rauchglocke und tauchte die kalifornische Metropole in ein gespenstisches Licht. "Diese Wolke war wie eine Wand. Und da hat man dann schon gemerkt: Es geht erst richtig los", sagt Sturm.

Im Vorhof zur Flammenhölle

Zwei Tage später kehrte Marco Sturm mit den Ontario Reign, dem Farmteam des NHL-Klubs Los Angeles Kings, zurück nach Kalifornien. Und fast alles hatte sich, zumindest für den Moment, verändert. Das Paradies unter Palmen war zum Vorhof einer Flammenhölle geworden. "Man hat es gleich an der Luft gemerkt. Wir mussten wieder für ein paar Tage eine Maske tragen. Vor meinem Haus liegt heute noch Asche", erinnert sich Sturm und das leichte Lächeln, dass sein Wesen sehr treffend beschreibt, verschwindet für ein paar Momente.

Marco Sturm
Marco Sturm blickt auf eine lange Eishockey-Karriere zurück. Die begann beim EV Landshut, in Deutschland spielte Sturm auch für den ERC Ingolstadt und die Kölner Haie. Doch immer wieder zog es ihn nach Amerika, wo er für die San Jose Sharks, die Boston Bruins, die Los Angeles Kings, die Washington Capitals, die Vancouver Canucks und die Florida Panthers auflief. Von 2015 bis 2018 war Sturm Trainer der deutschen Nationalmannschaft, dann ging es zurück nach Amerika. Sturm wurde Assistenztrainer der Los Angeles Kings und übernahm 2022 den Cheftrainerposten beim Farmteam Ontario Reign.

Das Undenkbare durchdenken

"Die Luft, die Asche, die Leute, die Panik, der Schock …", hier macht Sturm im Exklusiv-Interview mit sportschau.de eine kurze Pause, "für ein paar Tage war's dann wirklich ein ganz komisches Gefühl." Sturm sagt, dass er selbst keine Angst gehabt habe, schließlich sei das Feuer ja noch eine halbe Autostunde entfernt gewesen, aber in Telefonaten mit seiner Frau Astrid sei zum ersten Mal auch das eigentlich Undenkbare durchdacht worden: "Da macht man sich schon Gedanken und fragt sich: Wollen wir in diesen Bereichen noch wohnen?"

Familie war nicht in Sorge

Dazu muss man wissen, dass Marco Sturm in Kalifornien so etwas wie ein Strohwitwer-Dasein führt, weil seine Familie seit mehr als 13 Jahren in Florida zu Hause ist. Eine grundsätzliche Entscheidung. Den Kindern Kaydie und Mayson Joseph sollte eine Tingeltangel-Jugend mit ständigen Wohnortwechseln erspart bleiben. Mittlerweile spielt Mayson Joseph selbst College-Hockey und Kaydie wird im Sommer die Highschool beschließen. "Meine Familie wusste aber immer, dass ich nicht in Gefahr bin. Also, die hat sich keine Sorgen gemacht", sagt Sturm.

Leben mit den Wetterextremen

Aber seltsam mutet so ein Leben schon an: in Kalifornien mit den Waldbränden vor der Tür, und in Florida mit der permanenten Gefahr von Hurricanes. Doch die düsteren Gedanken waren noch nie Marco Sturms Sache: "Amerika ist zum Leben immer noch der schönste Platz. Ich kann mir nichts Besseres vorstellen."

Das nächste Feuer ist schon unterwegs

Die verheerendsten Waldbrände in der Geschichte Kaliforniens scheinen nun unter Kontrolle zu sein. Mindestens 28 Menschen haben ihr Leben verloren und 15.000 Häuser wurden zerstört. Und während Marco Sturm sich endlich wieder zu 100 Prozent auf seine bislang sehr erfolgreiche Trainer-Arbeit beim AHL-Klub Ontario Reign konzentrieren will und muss, tauchen in den Nachrichten die nächsten Waldbrandbilder auf. Rund um den Castaic Lake, nur eine Autostunde nördlich.

"Regen wäre gut für uns alle"

In El Segundo, zehn Minuten vom Pazifik entfernt, sind die Temperaturen wieder auf 27 Grad gestiegen. Unter der Rauchglocke war es kühl geworden, weil die Sonne nicht durchkam. Auch deshalb ist Marco Sturm ja ein Fan dieses Landes, weil man eigentlich immer Sonne haben kann. "Ich weiß gar nicht, wann es das letzte Mal geregnet hat", sagt er noch zum Schluss, "aber jetzt ist Regen angekündigt worden. Das wäre gut für uns alle."