Engländer dominieren WM Darts in Deutschland - Zwischen Ernüchterung und Hoffnung
Bei der Darts-WM in London blieb der ganz große deutsche Erfolg diesmal aus. Dabei war mehr drin. In der Zukunft könnte es gerade für Talente mit Profiambitionen schwerer werden.
Aus der WM der Rekorde wurde schnell Ernüchterung: Fünf deutsche Spieler hatten sich qualifiziert für die Darts-WM in London - so viele wie noch nie. Vier davon erreichten sogar die dritte Runde. Am Ende blieb aber die Ernüchterung: In der entscheidenden Phase, die am Mittwochabend (03.01.2024) im Finale zwischen Luke Humphries und Luke Littler gipfelte, spielte keiner eine Rolle.
Frust bei "Gaga" Clemens
Exemplarisch dafür: Gabriel Clemens. Der Vorjahreshalbfinalist fand nur selten zu seinem Spiel. Die deutsche Nummer Eins unterlag in der dritten Runde mit 1:4 Sätzen. Das müsse er erst mal verarbeiten: "Aber es nützt nichts, wenn ich hier weine oder schreie. Ich lasse es auf mich wirken und fange nächstes Jahr wieder mit Darts an", sagte er bei "Sport1". Seit seinem sensationellen WM-Halbfinale 2023 fehlt Clemens die Konstanz.
Schindler und Pietreczko mit verpasster Chance
Jeweils knapp mit 3:4 mussten sich Martin Schindler und Ricardo Pietreczko in Runde drei geschlagen geben. Beide verspielten einen Vorsprung, bei beiden fehlten Kleinigkeiten. Schindler ärgerte sich über die verpasste Chance, war aber mit seiner Leistung zufrieden: "Ich habe gut gespielt und bin auf jeden Fall um eine Erfahrung reicher. Ich werde auch wieder hier stärker herausgehen."
Pietreczko hatte den späteren Finalisten Luke Humphries am Rande einer Niederlage. Sein WM-Fazit fällt gemischt aus: "Erste WM, dritte Runde, da kann man natürlich sagen: gutes Debüt. Es war aber mehr drin." Gerade weil so viele große Namen strauchelten, hätte es für Schindler und Pietreczko ziemlich weit gehen können.
Florian Hempel kam ebenfalls in der dritten Runde mit 0:4 unter die Räder, sein Gegner spielte aber auch überragend. "Man muss aus so einem Spiel auch das positive mitnehmen, Dinge beim nächsten Mal einfach besser machen und da habe ich ein paar Ansätze", gab sich Hempel bei "Sport1" kämpferisch. Für Furore hatte er vor Weihnachten gesorgt, als er einen fast aussichtslosen Rückstand noch drehen konnte. Schon in der ersten Runde war mit Dragutin Horvat der fünfte deutsche Teilnehmer nach einer schwachen Vorstellung mit 0:3 gescheitert.
Nicht mehr weit bis zur Weltspitze
Man kann diese WM auch positiv sehen, denn: Kontakt zur Spitze ist da. Das zeigt die Weltrangliste: Mit Clemens (Nummer 22), Schindler (23) und Pietreczko (36) stehen jetzt drei Deutsche unter den ersten 40. Gerade für Schindler und Pietreczko geht es langsam und stetig nach oben. Ihnen ist 2024 am meisten zuzutrauen.
Gabriel Clemens könnte bald als deutsche Nummer Eins abgelöst werden. Bei ihm stellt sich die Frage, ob er ein soliderTop-30-Spieler bleibt oder noch einmal einen Schritt nach vorne machen kann. Hempel ruft sein Potential zu selten ab und läuft noch mehr als Clemens Gefahr, einer von vielen zu bleiben.
Fragezeichen bei der nächsten Generation
Ob es demnächst weitere deutsche Hoffnungen gibt, könnte sich schon in der zweiten Januar-Woche entscheiden. Bei der Qualifying School werden etwa 30 Spielberechtigungen für die Profitour vergeben. Sie gelten für zwei Jahre, nur 128 Spieler dürfen an allen Profiturnieren teilnehmen. Es ist aber fraglich, wie groß der Andrang für die Plätze auf der Tour ist. In der neuen Saison finden deutlich mehr Turniere unter der Woche statt. Von den bislang ausgeschütteten Preisgeldern kann aber nur etwa die Hälfte der Profis wirklich leben, Verbesserungen sind bislang nicht bekannt.
Davon betroffen ist auch Niko Springer. Der 23-jährige Mainzer gilt als großes Versprechen für die Zukunft. "Der Plan war, dass ich versuche, auf die Profitour zu kommen und dennoch nebenbei meinem Beruf nachgehe. Ich bin Beamter und will diesen guten Job erst mal nicht aufgeben", sagt er gegenüber der Sportschau.
50 Urlaubstage ohne Absicherung
Die vielen Turniere unter der Woche sorgen dafür, dass Springer diesen Plan erst einmal verworfen hat. Er bräuchte mindestens 50 Urlaubstage, das ist nicht realistisch: "Man wird praktisch vor die Wahl gestellt: Vollprofi, oder kein Profi. Ein Zwischending ist meiner Meinung nach nur sehr schwer zu erzielen. Für mich ist das eine extrem bittere Entscheidung."
Wer es als Vollprofi schaffen will, braucht gute Sponsoren. Die meisten Turniere finden in England statt, Reisekosten fallen an. Auf Sportförderung kann niemand hoffen. Der Veranstalter der Profiturniere ist ein gewinnorientiertes Unternehmen, eine Zusammenarbeit mit nationalen Verbänden gibt es nicht. Glück und Zufall spielen also bei der Hoffnung auf einen Deutschen in der Weltspitze auch eine Rolle.