Nach ARD-Berichterstattung zu Infusionen Ermittlungsverfahren gegen Boxer Sturm eingeleitet
Ein Instagram-Foto bringt Profiboxer Felix Sturm und dessen Physiotherapeuten immer stärker in Bedrängnis. Die Staatsanwaltschaft ist nun offiziell aktiv geworden.
Felix Sturm gerät wegen einer vermeintlich harmlosen Infusionsanwendung immer stärker unter Druck. Gegen den Profiboxer und auch seinen Physiotherapeuten ist ein offizielles Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetz eröffnet worden. Dies bestätigte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf der ARD-Dopingredaktion am Freitag (06.04.2024). Zuständig dort ist die "Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten" (ZeOS). Weitere Details zum Verfahren wollte ein Sprecher aus ermittlungstechnischen Gründen nicht nennen.
Ursprung des Verfahrens ist eine ARD-Berichterstattung aus dem Dezember vergangenen Jahres. Sturm hatte von seinem Physiotherapeuten mindestens eine Infusionsanwendung erhalten. Der auch als Heilpraktiker tätige Mann hatte von dem Vorgang Anfang 2023 ein Foto auf dem praxiseigenen Instagram-Profil gepostet.
Dieses Instagram-Foto (aus rechtlichen Gründen redaktionell bearbeitet) könnte für Felix Sturm und den Heilpraktiker Folgen haben.
NADA begrüßt Ermittlungen
Infusionen, egal welchen Inhalts, bei denen mehr als 100 ml Flüssigkeit innerhalb von zwölf Stunden verabreicht werden, sind für Leistungssportler verboten. Sie stehen auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), die auch Grundlage des deutschen Anti-Doping-Gesetzes ist. Ausnahmen sind Notfall-Behandlungen oder Sondergenehmigungen. Eine solche lag Sturm nach ARD-Recherchen in diesem Fall nicht vor.
Nach der ARD-Berichterstattung zu diesem Fall hatte die Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) der Staatsanwaltschaft Düsseldorf eine sogenannte informatorische Mitteilung übermittelt, die aber grundsätzlich nicht zwangsläufig ein Ermittlungsverfahren auslöst. Offenbar führten erste Untersuchungen in dem Fall nun aber dazu, dass die Staatsanwaltschaft offiziell tätig wird. "Wir begrüßen es sehr, dass die ZeOS nach unserer Mitteilung ein Ermittlungsverfahren eröffnet hat", sagte NADA-Chef Lars Mortsiefer der ARD-Dopingredaktion. Möglicher nächster Schritt wäre eine Anklageerhebung oder die Einstellung des Verfahrens.
Kein Kommentar von Sturm
Felix Sturm wollte sich am Freitag auf ARD-Anfrage laut seines Managements zum Verfahren nicht äußern. Der Heilpraktiker, dessen Name in der Berichterstattung aus rechtlichen Gründen nicht genannt wird, war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Nach dem Anti-Doping-Gesetz drohen Sturm und seinem Betreuer eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Sportrechtlich ist Sturm möglicherweise fein raus, weil der Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) den Code der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) nicht akzeptiert. In den Dopingbestimmungen des BDB sind Infusionen nicht explizit erwähnt. Die WADA verbietet sie unter anderem deshalb, weil sie Dopingsubstanzen im Körper verschleiern können.
Für strafrechtliche Konsequenzen müsste Sturm im Falle einer Anklageerhebung eine Dopingabsicht unterstellt werden. Beim Heilpraktiker steht schon eine Strafbarkeit im Raum, wenn er fahrlässig gehandelt hat. Er hatte bei Sturm die Infusion durchgeführt und der ARD-Dopingredaktion in einem Interview vor der Veröffentlichung des Beitrages bestätigt, dass der Boxer bei ihm die Standardbehandlung erhalten habe: 250 Milliliter Kochsalzlösung plus den Wirkstoff, im Fall des Profiboxers angeblich Vitamin C. Und er ergänzte: "350 Milliliter, die kann ich bedenkenlos reinbekommen, rein theoretisch könnte ich auch bis auf 500 Milliliter hochgehen", sagte der Therapeut.
Sturm auch wegen Dopingvergehens vorbestraft
Sturm, bürgerlich Adnan Ćatić, ist vorbestraft. Zuletzt verbüßte er im offenen Vollzug eine Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten, die im Oktober 2023 zur Bewährung ausgesetzt wurde. Neben Steuerhinterziehung war auch ein Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetz in das Strafmaß für Sturm eingeflossen. 2016 war er nach seinem WM-Kampf gegen den Russen Fjodor Tschudinow mit dem anabolen Steroid Stanozolol erwischt worden.
"Für den Staatsanwalt wird es eine große Rolle spielen, dass Herr Sturm kein Unbekannter ist in Zusammenhang mit Verstößen gegen das Anti-Doping-Gesetz", sagte der Mönchengladbacher Strafrechtler Oliver Kraft der ARD-Dopingredaktion.
Der 45 Jahre alte Sturm hat seine Karriere noch nicht beendet, nach seinem Sieg am 2. Dezember gegen Sükrü Altay in Ludwigsburg ließ er seine sportliche Zukunft offen.