Fan der Boston Celtics mit Mobiltelefon

Sportwetten in der NBA Das große Basketball-Casino

Stand: 06.06.2024 11:27 Uhr

Die NBA Finals, die am Donnerstag (06.06.2024) mit Spiel eins zwischen den Boston Celtics und den Dallas Mavericks beginnen, zählen zu den Höhepunkten des amerikanischen Sportjahres und werden auch nochmals die Wettumsätze ankurbeln. Die NBA hat sich wie kaum eine andere US-Profiliga dem Geschäft mit Sportwetten geöffnet. Es mehren sich die Anzeichen, dass sich dies auch auf den Spielbetrieb auswirken könnte.

Die Finalserie in der NBA ist das große Thema auf den US-Sportkanälen. Schon vor dem ersten Spiel diskutieren die Experten über die Fabel-Statistiken von Dallas-Superstar Luka Doncic, oder die beeindruckende Offensive der Boston Celtics. Wie immer angereichert mit viel Zahlenmaterial - was zusammen mit der ohnehin gestiegenen Aufmerksamkeit bei den NBA Finals wohl dazu führen dürfte, dass auch die Umsätze mit Sportwetten weiter angekurbelt werden.

NBA als Vorreiter bei der Kooperation mit Wettanbietern

Die Verbindungen zwischen dem Milliardenbetrieb NBA mit der Wettindustrie sind "sehr stark und weitreichend", sagt N. Jeremi Duru, Sportjurist von der American University in Washington DC. Als der Supreme Court, das höchste Gericht der USA, im Jahr 2018 das Verbot für kommerzielle Sportwetten aufhob, eröffnete sich ein riesiger Markt, von dem auch die großen US-Profiligen profitieren wollten. Die NBA, so Duru, habe dabei eine Vorreiterrolle eingenommen. Sie war die erste Liga, die Partnerschaften mit gleich mehreren Wett- und Gambling-Portalen einging.

Die Umsätze mit Sportwetten sind seitdem stetig gewachsen, für die laufende Saison etwa rechnet die NBA mit Einnahmen von 167 Millionen Dollar alleine aus den Kooperationen mit Wettanbietern, wie "ESPN" vermeldete.

Der US-Sender hat selbst eine eigene App für Sportwetten auf dem Markt. Werbung für Wettportale ist allgegenwärtig im Programm der großen Sportkanäle, und auch bei NBA-Spielen. In einigen Arenen sind Wettanbieter selbst mit eigenen Terminals vertreten. "Sportwetten sind absoluter Mainstream bei den Fans, sie sind zu einem festen Bestandteil der amerikanischen Sportkultur geworden", sagt Duru.

Auffällige Wetten bei Raptors-Profi Jontay Porter

Dass die grassierende Zockerkultur auch Gefahren birgt, dies wurde zuletzt im April deutlich: Jontay Porter, ein Bankspieler der Toronto Raptors, wurde von der NBA lebenslang gesperrt. Bei Porter waren Auffälligkeiten bei sogenannten "Prop Bets" gemeldet worden: Das sind Wetten, die nicht auf das Endresultat eines Spiels abgeschlossen werden, sondern über bestimmte Ereignisse in einem Spiel oder über die Performance eines bestimmten Spielers ("Player Prop").

Bei zwei Partien der Raptors hatte es auffallend hohe Einsätze darauf gegeben, dass Porter unter seinem erwarteten Statistikschnitt bleibt. Porter stand dann jeweils nur wenige Minuten auf dem Parkett, bevor er sich verletzt abmeldete. Die Untersuchung der NBA ergab, dass Porter zuvor einer Person aus der Wettszene Informationen über seinen Fitnessstatus übermittelt haben soll. Außerdem soll er bei insgesamt 13 NBA-Spielen über einen Mittelsmann selbst Wetten abgegeben haben.

Jontay Porter von den Toronto Raptors im Duell mit Denvers Nikola Jokic (r.)

Fall Porter - FBI meldet Festnahme von möglichem Drahtzieher

Wie US-Behörden und das FBI vermeldeten, wurde am Dienstag (04.06.2024) ein Mann aus Brooklyn festgenommen und wegen Wettmanipulation angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, einer der Drahtzieher der Manipulationsversuche zu sein, an denen Porter beteiligt gewesen sein soll, wie mehrere US-Medien berichteten. Demnach soll Porter Wettschulden angehäuft haben.

Um sich freizukaufen, soll er mit mehreren Hintermännern verabredet haben, sich vor einem Spiel kurzfristig abzumelden. Dies hätte für zuvor entsprechend platzierte Wetten einen Gewinn von rund 40.000 Dollar eingebracht, allein im Fall des nun festgenommenen mutmaßlichen Betrügers. In der Anklageschrift ist nur von einem "Basketballspieler 1" die Rede, doch die genannten Vorgänge lassen sich klar Porter zuordnen. Ob die Bundesermittler auch Porter anklagen werden, ist unbekannt.

NBA-Commissioner Adam Silver hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Porter von "schwerwiegenden Verstößen" gesprochen, denen die Liga mit der "härtesten Strafe" begegne. Anders als in der NFL, die seit der Legalisierung des Wettmarkts von einer Reihe von Skandalen erschüttert wurde, ist mit Porter in der NBA bislang nur ein Spieler aufgeflogen. Dass er dafür gleich komplett aus der Liga verbannt wurde, soll wohl auch als Signal wirken. Und ein Beleg dafür sein, dass das Kontrollsystem der Liga, die mit Datenanalysten und Sicherheitsfirmen zusammenarbeitet, funktioniert.

Ligaboss Silver kündigte nach dem Skandal um Porter an, die Regularien für den Wettmarkt zu überprüfen. Diskutiert werde etwa laut einem "ESPN"-Bericht darüber, dass künftig keine Wetten mehr auf sogenannte "Two-way-Player" abgegeben werden sollen: die Kategorie von NBA-Profis, zu denen auch Jontay Porter gehörte. Er spielte für ein Mini-Gehalt von 400.000 Dollar bei Toronto, wurde zwischen dem NBA-Team und dem G-League-Team der Raptors hin- und hergeschickt, mit ungewissen Aussichten auf einen längerfristigen Vertrag.

Spieler wie Porter, so die Logik dahinter, seien deshalb womöglich anfälliger für betrügerische Machenschaften als etablierte Stars, die im Rampenlicht stehen. Zugleich wird damit das Narrativ bedient, es habe sich bei Porter um einen Einzelfall gehandelt: ein fehlgeleiteter Basketballer, der sein Spielproblem nicht im Griff hat oder sich mit den falschen Leuten eingelassen hat.

Skandale im US-Basketball - auch schon vor Jontay Porter

Dies erscheint unwahrscheinlich, auch weil es schon in der Vergangenheit Fälle von Wettbetrug im US-Basketball gab: Tim Donaghy, ein früherer NBA-Schiedsrichter, wurde im Jahr 2008 zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er über Jahre Spiele manipuliert und Insiderinformationen weitergegeben hatte. Zuletzt wurden mehrere Verdachtsfälle aus dem in den USA äußerst populären College-Basketball gemeldet.

Viele junge Basketballer entwickelten schon früh, im Highschool- oder College-Team, ein problematisches Verhalten zum Zocken und Wetten, sagt Jeremi Duru, Experte für Spielmanipulation im US-Sport. "Wenn sie den Sprung in den Profibasketball schaffen, ist die Versuchung unter Umständen groß, dann auch auf eigene Spiele zu wetten. Erst recht wenn sie in der Lage sind, Einfluss auf die Spiele zu nehmen."

Es sei naiv zu glauben, so Duru, dass Jontay Porter in der NBA ein Einzelfall bleiben werde. Die Integrität des Spiels, und damit auch die Geschäftsgrundlage des Profisports, sei bereits jetzt gefährdet: "Wenn es ein Regime von Leuten gibt, die den Ausgang des Spiels beeinflussen wollen, weil sie aufgrund ihrer Wettaktivitäten einen finanziellen Anreiz daran haben, dann zerstört das irgendwann den sportlichen Wettbewerb."

US-Wissenschaftler Duru - "Sportwetten können den Profisport zerstören"

Sportschau

NBA-Spieler als Wettobjekte - die Rolle der Fans

Selbst Spieler, die sich vom Sportwetten-Hype nicht anstecken ließen, könnten dem kaum aus dem Weg gehen, so Duru. Sie würden immer häufiger über die sozialen Medien attackiert, oder auch persönlich von Fans, wenn sie nicht den erwarteten Punktescore erzielt und damit eine Wette zum Platzen gebracht hätten.

Tyrese Haliburton, ein Allstar und US-Nationalspieler, beklagte sich zuletzt, dass er nichts weiter als ein Wettobjekt sei, die halbe Welt wolle Geld mit ihm verdienen. J.B. Bickerstaff, bis vor kurzem Coach bei den Cleveland Cavaliers, berichtete von Drohnachrichten gegen sich und seine Familie. Die Grenze, so Bickerstaff, sei längst überschritten.

Das allgegenwärtige Gambling "schadet dem Spiel", sagte auch Rudy Gobert von den Minnesota Timberwolves gegenüber Associated Press. Der Franzose bekam kürzlich von der Liga eine Strafe von 100.000 Dollar aufgebrummt. Er hatte während der Playoffs Daumen und Zeigefinger aneinandergerieben, in Richtung des Schiedsrichters - als Zeichen dafür, dass er ihn für bestechlich hielt. Auch Denvers Jamal Murray zeigte kurz darauf in einem Spiel die Geld-Geste.

Der Zweifel spielt also längst mit auf der großen NBA-Bühne. Inzwischen wächst auch der Druck aus der Politik: Ein Sicherheitsberater, der für das US-Heimatschutzministerium arbeitet, forderte zuletzt im "Sports Business Journal" die Gründung einer unabhängigen Expertenkommission, um die Auswüchse des Wettbetriebs im US-Sport einzudämmen. Das Geld für die Ermittler solle von den Profiligen kommen.

Diskussion über Verbote - etwa von Wetten auf einzelne Spieler

In der Diskussion sind auch stärkere Beschränkungen, etwa Einsatzlimits oder ein Verbot der "Props"-Wetten, die auch Rechtsexperte Duru für besonders problematisch hält: "Es gibt eine unüberschaubare Vielzahl davon, Prop Bets sind unmöglich zu kontrollieren. Deshalb machen sie das Spiel so angreifbar für Manipulation." Gegen ein Verbot dürften sich wohl allerdings die mit den NBA-Klubs verbandelten Wettanbieter sperren, die mit am Verhandlungstisch sitzen.

"Props"-Wetten sind zudem bei den Fans sehr populär, die Einnahmen daraus würden wiederum auch der NBA verloren gehen. "ESPN" zitierte dazu aus Liga-Kreisen, dass es grundsätzlich Vorbehalte gegen das Verbot bestimmter Wetten gebe, weil das Klientel dann in den ausländischen oder illegalen Wettmarkt abwandern könnte, der noch schlechter zu kontrollieren sei.

US-Wissenschaftler Duru über die Gefahren des Sportwetten-Hypes in der NBA

Sportschau

Verbot für Sportwetten in Texas - wie lange noch?

Bei den anstehenden NBA Finals werden zumindest die Fans in Dallas nicht auf ihre Stars wetten können. Texas gehört zu den wenigen Bundesstaaten, die die Freigabe von Sportwetten noch nicht umgesetzt haben. Dass dies so bleibt, erscheint unwahrscheinlich angesichts des boomenden Wettgeschäfts in den USA. Zu den Unternehmen, die in der texanischen Politik Lobbyarbeit für eine schnelle Zulassung von Glücksspiel betreiben, gehört auch das Hotelkonsortium Sands Corporation, die neuen Mehrheitseigner der Dallas Mavericks.

Mark Cuban, der langjährige Klubbesitzer, hat im vergangenen Dezember seinen Mehrheitsanteil für die kolportierte Summe von vier Milliarden Dollar an die Investmentgruppe verkauft. Cuban, nach wie vor der starke Mann bei den "Mavs", schwärmte gegenüber "NBC" von den Möglichkeiten, die sich durch den Deal in Dallas eröffnen: ein riesiges Hotel- und Entertainmentresort wie in Las Vegas, mit angeschlossenem Casino und neuer Arena für die Mavericks. Der umtriebige Klubchef hat auch selbst Geld in Tech-Firmen investiert, die Analyse-Tools für Sportwetten anbieten. Sollte das Wettverbot in Texas irgendwann fallen, sind die Mavericks und ihre Chefetage in jedem Fall gut vorbereitet.