Siegerin der WTA-Finals Iga Swiatek - im "Monster Modus" zurück an die Spitze
Auf beeindruckende Art und Weise hat Iga Swiatek die WTA-Finals in Cancun (Mexiko) gewonnen. Ein Porträt über die Besonderheiten der besten Spielerin im Frauentennis.
Jessica Pegula hat die Höchstform des "Monster-Modus" erleben müssen. Im Endspiel der WTA-Finals fegte Iga Swiatek über sie in 59 Minuten hinweg und gewann den Jahresabschluss mit beeindruckender Dominanz 6:0, 6:1. Konnte die Amerikanerin in den ersten Minuten der Partie noch einigermaßen mithalten, hatte sie gegen die Polin schnell überhaupt keine Chance. Dank ihres aggressiven Stils machte Swiatek elf Spiele in Folge und tanzte nach der Partie vor Freude auf ihrer Bank.
Die 22-Jährige dankte den Fans, ihrer Familie ("Es kommt nicht oft vor, dass mein Vater dabei ist, danke fürs Kommen und für eure Unterstützung") und ihrem Team. "Wir hatten viele Höhen und Tiefen in dieser Saison, aber das hier ist ganz sicher ein Hoch. Und wir werden ganz sicher viele mehr haben, wenn wir so weiterarbeiten", sagte Swiatek.
Kreative Methoden für den Erfolg
Die Methoden ihrer Arbeit sind einmalig auf der WTA-Tour. Sie ist die einzige Spielerin, die stets von einer Mentaltrainerin begleitet wird. "Ich habe bereits früh damit angefangen, mit Psycholog:innen zu arbeiten. Im Moment arbeite ich mit Sportpsychologin Daria Abramowicz zusammen, was großartig ist, weil sie tagtäglich miterleben kann, was ich tue, wenn ich eine schwierige Situation erlebe, oder was passiert, wenn ich erfolgreich bin", sagte Swiatek der "Vogue". "Man muss an beidem arbeiten, denn auch der Umgang mit Erfolg ist nicht einfach."
Dass die 1,70 Meter große Topspielerin den hat, ist das Ergebnis eines ständigen Optimierungsprozesses, der zuletzt auch für eher kuriose Bilder gesorgt hatte. So wurde sie auf dem Trainingscourt mit zugeklebtem Mund gesichtet. "Wir machen eine Menge Dinge, um meinen Körper zu verbessern und ihn widerstandsfähiger, besser und stärker zu machen", erklärte Swiatek. Nur durch die Nase zu atmen, würde ihren Puls in die Höhe treiben und alles auf dem Platz erschweren, ihre Ausdauer sich so ohne zusätzliche Arbeit verbessern.
Iga Swiatek ist für außergewöhnliche Methoden bekannt.
Kämpferin auf und neben dem Platz
In dem Interview mit dem US-Magazin sagte sie auch: "Ich schalte für das Match in diesen 'Monster-Modus'. Und das muss ich tun, um mein bestes Spiel zu zeigen. Abseits des Platzes bin ich viel ruhiger. Ich mag keinen Lärm, ich mag keine überfüllten Plätze." Swiatek ist eine Spielerin, die ihre Umgebung wahrnimmt. Die auch ihre Stimme erhebt, wenn sie meint, etwas Unrechtes zu erleben.
Sie kritisierte die WTA für ihren Umgang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, forderte, dass die Spielerinnen aus Russland und Belarus von den Wettbewerben ausgeschlossen werden. Nicht, um ihnen zu schaden, sondern um den Aggressoren ein Zeichen zu setzen. "Ich finde, man hätte seit Beginn des Krieges mehr machen können und zeigen sollen, dass man gegen den Krieg ist. Die Spielerinnen können nichts dafür, welchen Pass sie besitzen, jedoch finde ich, wir hätten jede Möglichkeit nutzen sollen, die dabei helfen könnte, den Krieg zu beenden", sagte Swiatek der BBC.
Iga Swiatek (l.) umarmt die Ukrainerin Elina Switolina.
Und auch die hohe Belastung auf der Tour und die immer häufiger aufkommenden Spiele zu später Stunde sorgten dafür, dass Swiatek dem Welttennisverband öffentlich ihre Meinung geigte. "Vielleicht sollte man einmal auch etwas mehr auf die Gesundheit der Spielerinnen achten, weil wir schließlich Woche für Woche spielen müssen", forderte Swiatek. "Die Tour ist schon durch die vielen Reisen so anstrengend, dass es schon wäre, wenn die Aufmerksamkeit auf die Spieler gerichtet ist."
Erleichterung trotz Niederlage bei US Open
Diese Einstellung, dass das Ergebnis auf dem Tenniscourt nicht alles ist, sorgte auch für einen außergewöhnlichen Umgang mit einer eigentlich schlimmen Niederlage in diesem Jahr. Bei den US Open scheiterte sie bereits im Achtelfinale und verlor nach 75 Wochen die Führung in der Weltrangliste. Und dennoch sagte Swiatek danach: "Ich bin einfach glücklich, dass ich Zeit zum Abschalten habe, für eine Weile nach Hause komme und andere Dinge tun kann als auf der Tour."
Nach ihrem Sieg bei den WTA-Finals ist Swiatek nun zurück an der Spitze des Frauentennis. Es sei großartig, die Beste zu sein, aber auch "sehr erschöpfend". "Es ist nicht einfach mit dem ganzen Drumherum umzugehen. Diese Saison ist wirklich hart und intensiv", sagte sie zuletzt.
"Kontrolle ist wichtig für mich, im Leben und auf dem Court", erklärte sie dem "Tennis Magazin", doch im Tenniszirkus mit den vielen Turnieren und Reisen durch die ganze Welt ist das nicht immer möglich. Musik ist für sie ein großes Ventil, um abzuschalten. Vor Spielen hört sie meistens Rockmusik von AC/DC, früher war ihr Song zur Einstimmung "Welcome to the jungle" von Guns'n Roses. Sie braucht den Push, um große Siege zu feiern. "Du stehst morgens nicht auf, um durchschnittlich zu sein", sagte Swiatek.
Navratilova und Nadal als Vorbilder
Gelernt hat sie das von ihren Idolen. Bei den Frauen ist das Martina Navratilova. "Ich hatte die Möglichkeit, mit ihr über Technik zu sprechen. Ihr Wissen und alles, was sie in dem Sport erreicht hat, ist unbeschreiblich", schwärmte Swiatek.
Bei den Männern wurde Rafael Nadal ihr großer Held, als sie ihn im Alter von 15 Jahren bei einem Turnier spielen sah. Durch ihn habe sie versucht zu verstehen, was nötig ist, um eine Topspielerin zu sein: "Er gibt niemals auf, er vertritt die richtigen Werte und er ist auf dem Boden geblieben. Er ist immer noch derselbe, obwohl er so erfolgreich ist."
Tennisstar Rafael Nadal
Auch sie sagt von sich, dass sie sich trotz des Hick Hacks auf der Tour nicht verändert habe. Sie sucht noch immer die Ruhe, weil ihr der Lärm schnell zu viel wird. Aber auf dem Platz braucht sie ihn. Wie bei den WTA-Finals in Cancun, die sie ohne Satzverlust gewinnen konnte. In fünf Matches gab sie nur 20 Spiele ab. Es war die Höchstform des "Monster Modus".