Kann ihr Weiterkommen kaum glauben: Eva Lys

Australian Open Märchen mit Eva Lys, Überraschung durch Joao Fonseca

Stand: 14.01.2025 14:45 Uhr

Eigentlich saß Eva Lys schon auf gepackten Koffern, dann spielte sie doch - und schlug eine Lokalmatadorin. Als sechster Deutscher zog Daniel Altmaier in die zweite Runde ein. Und ein Qualifikant aus Brasilien überraschte.

Bei der lang ersehnten Lautsprecher-Durchsage schreckte Eva Lys von der Massagebank hoch und stürzte sich in ihr unverhofftes Tennis-Märchen. "Ich war ein bisschen in Panik", erzählte die Hamburgerin: "Ich habe drei Sekunden gebraucht, um mich daran zu erinnern, wie man eine Hose anzieht." 

Nur etwa 15 Minuten später stand sie als Lucky Loser mit einem Dauerlächeln auf dem Platz und bereitete sich zwei Tage nach ihrem 23. Geburtstag das beste Geschenk selbst. Durch ein famoses 6:2, 6:2 gegen die mit der Situation sichtlich überforderte Australierin Kimberly Birrell erreichte Lys erstmals die zweite Runde des Grand-Slam-Turniers in Melbourne. 

Altmaier eine Runde weiter, Hanfmann ausgeschieden

Ebenfalls eine Runde weiter ist Daniel Altmaier durch ein 6:2, 3:6, 7:6 (7:4), 4:6, 6:4 gegen den Argentinier Francisco Comesana. Yannick Hanfmann musste sich dagegen Marcos Giron aus den USA mit 6:2, 5:7, 1:6, 5:7 geschlagen geben. Zudem sorgte ein 18 Jahre alter Qualifikant aus Brasilien für eine Überraschung: Joao Fonseca aus Brasilien setzte sich glatt mit 7:6 (7:1), 6:3, 7:6 (7:5) gegen den Weltranglistenneunten Andrej Rublew aus Russland durch.

Vorjahresfinalist Daniil Medwedew ist nur knapp einer Blamage entgangen. Gegen den 418. der Weltrangliste, den Thailänder Kasidit Samrej, tat sich der Weltranglistenfünfte extrem schwer, er zerstörte bei einem Wutanfall seinen Schläger, siegte aber letztlich mit 6:2, 4:6, 3:6, 6:1, 6:2.

Für die Story des dritten Wettkampftags sorgte aus deutscher Sicht ohnehin Eva Lys. "Ich bin einfach nur happy", sagte Lys, die sich schon fast im Flieger Richtung Heimat gewähnt hatte: "Mein Flug war für morgen früh gebucht." Aber die an Nummer 13 gesetzte Russin Anna Kalinskaja zog kurzfristig aus dem Turnier raus, so dass die in der Qualifikation knapp gescheiterte Lys nachrückte. 

Sushi am Platz serviert

Was dann passierte, bezeichnete Bundestrainer Torben Beltz hinterher als "nicht professionell" und "ein bisschen chaotisch". Aufwärmen konnte sich Lys nicht. Das Essen wurde ihr in Form einer Sushi-Packung auf den Platz gebracht. "Aber anscheinend braucht sie das, um gut zu spielen", scherzte Beltz. 

Die Weltranglisten-128. trumpfte in der Kia-Arena, einer der vier großen Arenen im Melbourne Park, gegen die australische Lokalmatadorin Birrell groß auf. Die extreme Kurzfristigkeit sei "das Beste" gewesen, was passieren konnte, meinte Lys: "Ich bin generell ein totaler Kopfmensch."

Doch zum Nachdenken blieb diesmal keine Zeit. Lys agierte unbekümmert, mutig - und taktisch clever. Sie nutzte die Verunsicherung von Birrell, die sich auf ein Spiel als Außenseiterin gegen Kalinskaja vorbereitet hatte. "Die ist saunervös, so nervös wäre ich an ihrer Stelle auch", sagte Lys während eines Gangs zum Handtuch. 

Beruhigende Worte vom Vater am Telefon

Die in der Ukraine geborene Athletin wurde von ihrem Vater beruhigt, der Australien schon verlassen hatte und seiner Tochter in einem kurzen Telefongespräch sagte: "Geh einfach raus und hab Spaß!"  Nach dem Aus in der Qualifikation hielt sich Lys in Melbourne die vergangenen Tage von 9 Uhr morgens bis 23 Uhr abends fit, um da zu sein, wenn sich die Tür öffnet. Das zahlte sich nun aus.

Am Donnerstag wartet in der nächsten Runde Varvara Gracheva aus Frankreich. Lys möchte ihre Unbekümmertheit unbedingt beibehalten: "Ich bin immer noch eine Lucky Loserin. Ich werde mit demselben Mindset aufspielen." Lys rundete das starke Auftakt-Abschneiden der deutschen Frauen ab. Vier von vier im Hauptfeld gestarteten deutschen Spielerinnen haben die erste Runde überstanden. 

Lys spielt mit Autoimmunerkrankung

Dass Lys als Leistungssportlerin Erfolg hat, ist keine Selbstverständlichkeit. Im Vorjahr hatte sie eine rheumatische Autoimmunerkrankung öffentlich gemacht, die bei ihr 2020 diagnostiziert worden war. "Dies ist eine körperliche Herausforderung, der ich mich tagtäglich neben der sportlichen Belastung stellen muss." Sie müsse zwar ab und zu ihre Turnierplanung anpassen, aber dank der Behandlung könne sie weiter ihren "sportlichen Traum nachgehen".

Marcel Stober, Sportschau, 14.01.2025 11:35 Uhr

Alexander Zverev spielt am Mittwoch wieder in der Night Session

Die größten deutschen Hoffnungen beim ersten Grand-Slam-Turnier trägt mal wieder Alexander Zverev: Die zweite Partie des Hamburgers wurde wie in der ersten Runde in der Night Session angesetzt: Zverev spielt gegen den Spanier Pedro Martinez am Mittwoch ab 11.00 Uhr MEZ.