Bochum zu Gast bei Union Kevin Stöger - vom Vereinslosen zum Wunschspieler
Im Abstiegskampf-Endspurt der Fußball-Bundesliga hat Bochum auch dank Kevin Stöger alles noch selbst in der Hand. Der Mittelfeldmann ist vom zwischenzeitlich Vereinslosen zum Wunschspieler avanciert - wohl auch für Union Berlin.
Dass der VfL Bochum in der Fußball-Bundesliga den Klassenerhalt schafft, ist Jahr für Jahr ein Kraftakt. Und Jahr für Jahr auch davon abhängig, dass Abgänge von Talenten oder Leistungsträgern kompensiert werden müssen. Der VfL ist darauf angewiesen, stets neue Spieler zu finden, die sich möglichst ohne Eingewöhnungszeit als Anführer hervortun.
Mittelfeldspieler sind natürlich qua Aufgabengebiet besonders geeignet, Verantwortung zu übernehmen. Kevin Stöger ist so einer. Und er ist nun seit fast zwei Jahren beim Ruhrgebietsklub. Anlaufzeit brauchte der Österreicher nach seinem Abgang von Mainz zu Bochum keine - und er liefert auch in dieser Bundesliga-Saison ab, hat sich als Leistungsträger sogar mit sieben Toren und acht Assists im Vergleich zum Vorjahr (fünf/drei) nochmal verbessert.
Mainz 05 holte Stöger aus der Vereinslosigkeit
Stöger ist ein Arbeiter, hat aber auch einen feinen linken Fuß, der im Abstiegskampf Gold wert und dafür mitverantwortlich ist, dass der VfL in den letzten Wochen zwar einmal kurz auf den Relegationsplatz, aber nicht unter den Strich rutschte.
Der zentral-offensive Mittelfeldspieler spielt die beste Saison seiner Karriere, die nicht immer geradlinig verlief: Stöger verließ im Sommer 2020 die abgestiegene Fortuna aus Düsseldorf, um in der Bundesliga zu bleiben. Doch in der Corona-Pandemie passten die Vorstellungen des Mittelfeldlenkers nicht zur wirtschaftlichen Realität der Klubs, Stöger schien sich ein wenig verzockt zu haben und wurde vereinslos. Letztlich schlug Mainz erst im Oktober zu und hielt ihn im Fußball-Oberhaus.
Und nun schnürte der 30-Jährige gegen Hoffenheim (3:2) den ersten Bundesliga-Doppelpack seiner Karriere, unter anderem mit einem traumhaften direkten Freistoß. "Ich werde das Tor bestimmt noch ab und zu zugeschickt bekommen", sagte Stöger nachher am Sportschau-Mikrofon. "Aber im Endeffekt hätte ich auch ein Tor genommen, was dreimal abgefälscht wird."
Am Sonntag (15.30 Uhr) ist der 1. FC Union Berlin also vor Stögers Standards gewarnt, wenn im direkten Abstiegskampf-Duell der VfL Bochum in Köpenick gastiert. Beide haben 30 Punkte und damit zwei Zähler Vorsprung auf den Relegationsrang.
Union könnte Stögers Torgefahr gut gebrauchen
Stögers Qualitäten bei ruhenden Bällen könnten spielentscheidend sein, schließlich hat einzig der FC Augsburg bisher mehr Gegentore nach einer Standardsituation kassiert als Union Berlin (17). Und kein Bundesliga-Team fing sich mehr Gegentreffer nach einem Freistoß als die "Eisernen" (6).
Derweil überbieten sich die zentralen Mittelfeldspieler des FCU an Harmlosigkeit: Rani Khedira und Lucas Tousart sind in der Liga noch ohne Scorerpunkt, genau wie Alex Král, der offensiv lediglich in der Champions League (ein Tor, eine Vorlage) mal wirklich in Erscheinung trat. Janik Haberer ist ohne eigenen Saisontreffer, Brenden Aaronson ohne Torvorlage und András Schäfer kommt auch nur auf zwei Scorerpunkte in der Saison 2023/24.
Und der letzte direkte Freistoßtreffer der Köpenicker ist über ein Jahr her - Josip Juranovic traf im April 2023 gegen Bochum.
VfL Bochum glaubt noch an Stögers Verbleib
Dass die aufgelisteten Berliner Defizite in der nächsten Saison durch Stöger ausgebessert werden könnten, ist durchaus möglich. Denn der Bochumer ist theoretisch ablösefrei zu haben, sein Vertrag läuft aus. Es kursieren Gerüchte, Union hätte bei eigenem Klassenerhalt Stöger auf dem Zettel.
Angeblich klopfte Manager Oliver Ruhnert Stöger schon im Winter bei VfL-Sportdirektor Marc Lettau an, einem alten Bekannten aus der Berliner Scouting-Abteilung, der abwinkte - zu wichtig ist Stöger für die Mission Klassenerhalt.
Und der VfL hat Stöger längst nicht aufgegeben, will ihn halten. Die Voraussetzung ist ebenfalls der Klassenerhalt - wie bei Union. "Ein Verbleib von Kevin Stöger ist davon abhängig, ob wir drinbleiben", sagte Hans-Peter Villis, Vorstandschef des VfL Bochum, der "WAZ". "Wir würden alles machen, damit er bei uns bleibt." Ob das finanziell machbar sei? "Da reden wir in drei Wochen drüber."
Stöger konzentriert sich auf das Hier und Jetzt
Der 30-Jährige selbst äußerte sich am Sportschau-Mikrofon nach seiner Gala gegen Hoffenheim: "Es wird viel geschrieben, viel geredet. Ich werde bis zur letzten Minute alles für den VfL geben. An jeden, der was Negatives gesagt hat, der mir irgendwas unterstellt, ich habe heute die perfekte Antwort auf dem Platz gegeben."
Sollte sich Stöger für einen Verbleib in Bochum entscheiden, wäre das ein Novum - in seiner Profikarriere blieb der Mittelfeldmann noch nie länger als zwei Jahre bei einem Verein.