Knut Kircher bei einer Pressekonferenz

Fußball | Schiedsrichter Schiri-Chef Kircher zur Kapitänsregel: "Wollen keine Betriebsversammlung"

Stand: 23.08.2024 12:54 Uhr

Seit knapp zwei Monaten ist Knut Kircher neuer Geschäftsführer der DFB Schiri GmbH. Der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter will unter anderem die neue Kapitänsregelung optimieren.

Gut gelaunt und voller Vorfreude auf die kommenden Aufgaben sitzt Knut Kircher in seinem Büro. Für den Posten bei der DFB Schiri GmbH hat er seinen Job bei einem deutschen Automobilhersteller aufgegeben. Der 55-Jährige ist kein Unbekannter im Fußballgeschäft: Kircher leitete über 350 Erst- und Zweitligaspiele und wurde 2012 als Schiedsrichter des Jahres ausgezeichnet.

Hirschau, München, Andorra la Vella, jetzt Frankfurt

Angefangen hat alles in Hirschau, zwischen Tübingen und Rottenburg. Dass Kircher ein erfolgreicher Bundesligaschiedsrichter wird, war damals bei seinen Einsätzen für den TSV Hirschau noch nicht abzusehen. In seinen ersten drei Jahren pfiff er gerade einmal 18 Fußballspiele. Sein Talent und Engagement brachten ihn dann aber nach ganz oben an die Weltspitze der Schiedsrichter. 2004 wurde Knut Kircher offiziell FIFA-Schiedsrichter und war danach auf internationaler Ebene tätig. Sein erstes Länderspiel leitete er am 8. September 2004, Andorra verlor gegen Rumänien 1:5, in der Qualifikation zur WM 2006 in Deutschland. Nachdem er in der Bundesliga der Altersgrenze für Schiedsrichter von 47 Jahren zum Opfer fiel, wollte Kircher trotzdem weiter dem Schiedsrichterberuf verbunden sein. "Ich habe nie wirklich von der Schiedsrichterei losgelassen." Umso größer ist jetzt die Freude, wieder ganz nah dran zu sein.

Knut Kircher - Leistungsgedanke auch bei den DFB-Schiris

In seiner neuen Funktion steht die Nachwuchsplanung bei Kircher im Vordergrund. Er hat große Ziele und will möglichst viele deutsche Schiedsrichter im internationalen Geschäft etablieren - auch mit Hinblick auf die Weltmeisterschaft 2026. "Wir hatten mal die Diskussion, wann hört ein Schiedsrichter auf? Jetzt haben wir mehr den Leistungsgedanken in den Vordergrund geschoben." Besonders erfreulich ist für ihn, dass die Zahlen der Nachwuchs-Schiedsrichter gestiegen sind. "Es wäre sehr fatal, wenn wir sagen würden, wir beschäftigen uns nur mit den Erst-, Zweit- oder Drittliga-Schiedsrichtern und gar nicht mit dem Nachwuchs", erklärt Knut Kircher.

Diese Regeln sind im Fußball in der Saison 2024/2025 neu

Kapitänsregelung: Die beiden Mannschaftskapitäne sind die einzigen Spieler, die in Zukunft mit dem Schiedsrichter diskutieren dürfen.

Neue Regelung beim Strafstoß: Sollten Spieler schon vor dem Schuss des Strafstoßes in den Strafraum einlaufen, wird das Ergebnis des Schusses abgewartet. "Das Vergehen eines Mitspielers des Schützen wird nur geahndet, wenn: es den Torhüter eindeutig beeinträchtigt; oder der fehlbare Spieler den Ball spielt oder einen Zweikampf um den Ball führt und dann ein Tor erzielt oder zu erzielen versucht oder eine Torchance kreiert", sagt das Regelwerk seit der EM in Deutschland.

Handspielregelung: Sollte ein Spieler in "Torwartmanier" im Strafraum zum Ball hinhechten, gibt es nun eine Rote Karte und Strafstoß. Vergrößert der Verteidigende Spieler im Strafraum nur seine Körperfläche, gibt es wie gewohnt eine Gelbe Karte und Strafstoß.

Im Amateurbereich kommt zusätzlich die "Stop-Regel" hinzu. Bei Rudelbildungen kann der Schiedsrichter beide Mannschaften dazu auffordern in ihre eigenen Strafräume zu gehen, bis sich die Sitaution beruhigt hat.

Knut Kircher ist für Umsetzung der Regeländerungen verantwortlich

Mit seinem Amtsantritt nimmt Kircher eine bedeutende Rolle im deutschen Fußball ein. Seine Aufgabe ist es auch zu kontrollieren, dass die neuen Regeländerungen in den Profi- und Amateurligen von den Schiedsrichtern gut umgesetzt werden. Eine davon ist die neue Kapitänsregelung, die verhindern soll, dass der Schiedsrichter von allen Seiten belagert wird. "In den entscheidenden Momenten, wenn ganz Fußball-Deutschland auf die Situation schaut, da wollen wir die unangemeldeten Betriebsversammlungen nicht. Da darf der Kapitän kommen, der kriegt das dann auch erklärt und alle anderen konzentrieren sich auf den Fußball."

Ex-Schiedsrichter Knut Kircher zu neuen Kapitänsregelung

Knut Kircher will, dass Schiedsrichter mehr Verantwortung übernehmen

Eine weitere Baustelle in Knut Kirchers Berufsalltag ist der viel diskutierte Videobeweis. Hier sieht der Geschäftsführer beim Einsatz noch Entwicklungspotenzial und nimmt bei der Entscheidungsfindung die Schiedsrichter mehr in die Pflicht. "Wir brauchen wieder mehr Persönlichkeiten auf dem Spielfeld, um nicht die Verantwortung auf den Videoassistent in Köln zu übertragen. Es gibt Situationen, da geht es nicht anders, weil ich etwas auf dem Spielfeld nicht gesehen habe, aber das sollte die Ausnahme sein. Wenn wir es schaffen, die Summe der Interventionen des Videoassistent deutlich reduzieren zu können, dann bin ich glücklich und dann haben wir viel erreicht"

Ex-Schiedsrichter Knut Kircher zum Videobeweis in der Bundesliga

Kirchers Motto: Souveräne Schiedsrichter und weniger abschreckende Spielszenen. Damit sollen mehr Kinder für den Schiedsrichterberuf begeistert werden.