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Bundesliga Mainz 05: Nachwuchsförderung der Schlüssel für Europa?
In der Bundesliga hat sich Mainz 05 im oberen Tabellendrittel festgesetzt. Wenn es um Einsatzzeit für Eigengewächse geht, ist nur der SC Freiburg besser als die 05er.
"Wir sind auf jeden Fall unter den Top 2, ich hoffe sogar, dass wir Erster sind", sagt Meikel Schönweitz, Technischer Direktor beim 1. FSV Mainz 05 auf die Frage, welcher Bundesliga-Klub seinen Eigengewächsen am meisten Spielzeit gibt.
Für den ersten Platz reicht es den Mainzern zwar noch nicht, das könnte sich im Laufe der Rückrunde aber noch ändern. Wie beim SC Freiburg (6989 Minuten verteilt auf fünf Spieler – Stand nach dem Freitagabendspiel gegen Werder Bremen) sind es auch beim FSV fünf selbst ausgebildete Akteure, die regelmäßig Spielzeit bekommen (6124 Minuten). Bei Mainz sind das Robin Zentner, Stefan Bell, Paul Nebel, Nelson Weiper und natürlich Jonathan Burkardt.
Mainz setzt auf Eigengewächse
Noch beeindruckender: Seit dem 8. Spieltag gegen Borussia Mönchengladbach standen immer mindestens drei Eigengewächse in der Mainzer Startelf. 11-mal sogar vier, wie auch am vergangenen Wochenende, als Jonathan Burkardt und Nelson Weiper erstmals Seite an Seite als Mainzer Nachwuchs-Doppelspitze aufliefen. Paul Nebel ergänzte die beiden zum NLZ-Trio in der Offensive, Robin Zentner stand im Tor.
"Das ist für uns Teil der Vereinsidentität", so Schönweitz. "Wir leben das alle und es ist ein klarer Auftrag in alle Richtungen, dass wir Spieler aus dem Nachwuchs in die Profimannschaft integrieren wollen."
Nachwuchsarbeit "Teil unserer Vereinsidentität"
Aber warum klappt das, was an vielen anderen Bundesliga-Standorten schier unmöglich scheint, in Mainz so häufig? "Das funktioniert nur, wenn der Verein das in sein Leitbild überträgt", erklärt Schönweitz, der früher Jugendtrainer im Mainzer Nachwuchsbereich war, bevor er 2014 zum DFB wechselte und dort die Jugendarbeit koordinierte.
Seit 2023 ist der 45-Jährige in Mainz zurück und unter anderem in der Kaderplanung integriert. Genau das sei ein wichtiger Punkt, "dass die Profis auch ihre Kaderplanung darauf auslegen, dass immer wieder Jugendspieler integriert werden."
Für eine gute Ausbildung braucht es gutes Personal im NLZ. Ein Punkt, auf den die Rheinhessen seit Jahren großen Wert legen. Volker Kersting, seit 2009 Chef des Mainzer Nachwuchses, pflichtet Schönweitz bei. Vier Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in der ersten Elf seien ein aktuelles Beispiel, "wir hatten aber auch schon einmal sieben Spieler in der Startelf, gegen Leipzig vor ein paar Jahren." Kersting legt bei der Ausbildung der Jugendlichen besonderen Wert auf eine ganzheitliche Ausildung. "Zum einen natürlich, dass wir sie als Fußballer entwickeln wollen, aber auch als Menschen und Persönlichkeiten."
Augenmerk liegt auf "ganzheitlicher Ausbildung"
Der Schlüssel zum Erfolg sei deshalb, "den Spielern und ihren Familien ein Umfeld zu bieten, das an allen Dingen gemeinsam arbeitet und eine gemeinsame Richtung hat", so der NLZ-Chef über seine Grundlage zur Entwicklung der jungen Menschen im Nachwuchsbereich. Logisch, dass das bei Spielern Eindruck macht. "Das sind gute Voraussetzungen, Spieler hierher zu holen und ihnen klarzumachen: Hier kannst du deinen Weg gehen, die Durchlässigkeit ist extrem hoch und das gepaart mit einer guten Ausblidung ist das höchste Gut", sagt Kersting.
Spielerverkäufe großer Wirtschaftsfaktor
Der Stellenwert des NLZ beruht in Mainz aber nicht nur auf sportlichen Leistungen der Talente, sondern ist auch wirtschaftlich ein großer Faktor für den Verein. Brajan Gruda, dem in der vergangenen Saison den Durchbruch bei den Profis gelang, ist hier das jüngste Beispiel.
Rund 35 Millionen Euro spülte der 20-Jährige in die Klubkasse, als er im Sommer zu Brighton & Hove Albion nach England wechselte. "Und das brauchen wir auch, um das weiter zu finanzieren, was wir da auf die Beine stellen. Dass wir ein gutes NLZ haben und immer wieder Jugenspieler bei den Profis integrieren. Auch dass wir eine Profi-Mannschaft auf dem Niveau finanzieren können. Dass wir seit 16 Jahren in der Bundesliga und auch die nächsten Jahre in der Bundesliga bleiben", erklärt Schönweitz.
Für die Zukunft sehen sich Kersting und Schönweitz gut aufgestellt. Mit Maximilian Dal und Daniel Gleiber trainieren schon zwei Spieler aus dem Nachwuchs bei den Profis mit. Der Ansatz fruchtet. Das zeigt sich momentan an der Tabelle. Ein Abgang vom selbst geformten Starspieler Burkardt, der im Winter mit Eintracht Frankfurt in Verbindung gebracht wurde, wäre für Mainz 05 sportlich zwar ein schwerer Schlag, finanziell aber der nächste warme Geldregen. Doch das ist Musik von morgen, denn ein Einzug ins internationale Geschäft würde mögliche Wechselgedanken der talentierten Nachwuchsriege beim FSV bestimmt auch erst einmal dämpfen.