Fußball | Bundesliga Fünf Gründe, warum der VfB Stuttgart den FC Bayern besiegen kann
Wenn der VfB Stuttgart am Sonntag beim FC Bayern München antritt, passt der Begriff Südgipfel so gut wie lange nicht mehr. Was spricht im Spitzenduell für den VfB?
Das Spitzenspiel gegen Leverkusen war gerade erst mit 1:1 zu Ende gegangen, da skandierten die Fans des VfB Stuttgart in der Cannstatter Kurve eine Kampfansage. Den Bayern, bei denen der VfB am Sonntag (19:30 Uhr) zu Gast ist, sollten die Lederhosen ausgezogen werden. Ein altbekannter Fangesang, der immer angestimmt wird, wenn es gegen die Münchner geht. Nur dieses Mal ist er auch ernst zu nehmen. Der Begriff Südgipfel passt so gut wie seit Jahren nicht mehr. Schließlich treten - um im Sprachbild zu bleiben - zwei Teams aus der oberen Tabellenregion (VfB 3., Bayern 2.) gegeneinander an.
Erstens: Der VfB Stuttgart ist (momentan) eine Spitzenmannschaft
In der zurückliegenden Woche hat der VfB das gemacht, was Spitzenmannschaften machen: das mittelmäßige Bremen souverän geschlagen (2:0), den ambitionierten, aber kriselnden BVB im Pokal dominiert (2:0) - und Leverkusen, das aktuell beste Team der Liga, erst ausgespielt und dann mit großem Einsatz ein Unentschieden abgerungen.
Oder anders formuliert: Stuttgart ist in bestechender Form und deshalb ausgesprochen mutig und selbstbewusst. Der VfB hat nach 14 Spielen die zweitbeste Bilanz seiner Bundesliga-Geschichte (2003/04 gab es unter Felix Magath zehn Siege, dazu vier Unentschieden). Trainer Sebastian Hoeneß hat zuletzt betont, dass nicht mehr von einem (vorübergehenden) Lauf gesprochen werden könne. Stattdessen ist eine stabile Entwicklung zu erkennen. Das deutet daraufhin, dass die Mannschaft auch in München standhaft bleibt.
Zweitens: Stuttgart hat nicht nur einen, sondern zwei Torjäger
Zwar führt Bayerns Topstürmer Harry Kane mit 18 Treffern die Torschützenliste der Bundesliga an, statistisch gesehen ist aber Stuttgarts Serhou Guirassy (16 Tore) der gefährlichste Stürmer der Liga. Guirassy traf in der laufenden Saison alle 55 Minuten, Kane hingegen alle 63. Und selbst, wenn es der Defensive der Münchner gelänge, Guirassy aus dem Spiel zu nehmen, hat der VfB mit Deniz Undav noch einen zweiten Stürmer in Topform (8 Tore).
Drittens: Ein Blick zurück kann Mut machen
Zugegeben, das anstehende Aufeinandertreffen hat mit den vergangenen Duellen nicht sonderlich viel zu tun. Trotzdem kann dem VfB ein Blick zurück zumindest Mut machen. Immerhin haben die Schwaben bei den letzten beiden Auswärtsspiele in München gepunktet. Beide Partien endeten 2:2. Und damals waren die Voraussetzungen deutlich ungünstiger. Das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der VfB nur zwei der vergangenen 27 Bundesliga-Duelle gegen die Bayern gewann - 4:1 im Jahr 2018 und 2:1 im Jahr 2010 - es zeigt aber, dass ein Auswärtsspiel kein Nachteil sein muss.
In der Saison 2017/2018 schlugen die Schwaben den Rekordmeister 4:1. Die Tore erzielten Daniel Ginczek (2), Anastasios Donis und Chadrac Akolo (im Bild). Trainer des VfB war Tayfun Korkut.
Viertens: Stuttgart hat gelernt, zu leiden
In vergangenen Spielzeiten war dem VfB immer wieder vorgeworfen worden, nicht widerstandsfähig zu sein. Allzu oft hat die Mannschaft in umkämpften Spielen das nötige Engagement vermissen lassen. Seit Hoeneß Trainer ist, hat sich das geändert. Zuletzt hat der VfB in der zweiten Hälfte gegen Leverkusen bewiesen, dass er inzwischen auch leiden kann. Was so viel bedeutet, dass die Spieler nach Rückschlägen nicht aufgeben, sondern sich mit Hingabe jedem Zweikampf stellen.
Außerdem hatten VfB-Fans in der Vergangenheit häufig das Gefühl, dass sich die Spieler nach erfolgreichen Partien zu schnell zufrieden gäben. Auch davon ist nicht mehr viel zu spüren. Nach dem 1:1 gegen Leverkusen sagte Hoeneß ein wenig stolz: "Meine Spieler sitzen enttäuscht in der Kabine, und ich glaube, ich finde das gut." Widerstandfähigkeit und Ehrgeiz - zwei Eigenschaften, die es in München braucht.
Fünftens: In Stuttgart vertrauen alle dem Trainer
Sebastian Hoeneß hat eine Idee, wie sein Fußball auszusehen hat. Gegen Leverkusen war das mustergültig zu erkennen. Dem VfB ist es gelungen, in der ersten Hälfte Exequiel Palacios und Granit Xhaka, die sich gemeinsam mit Florian Wirtz um den Takt des Leverkusener Spiels kümmern, mit aggressivem Pressing aus dem Spiel zu nehmen. Stuttgarts Innenverteidiger Waldemar Anton etwa hat gleich in mehreren Szenen klug und mutig Bälle erobert. Leverkusen schien überrascht. Hinterher gab Verteidiger Jonathan Tah zu, dieses Gefühl in der bisherigen Saison nicht gekannt zu haben.
Hinzu kommt, dass Hoeneß es geschafft hat, aus dem VfB eine passsichere und spielstarke Mannschaft zu machen, die mit derartigen Balleroberungen etwas anfangen kann. Und er hat die Defensive stabilisiert. Das lässt sich auch statistisch belegen: Der VfB hat bisher 16 Gegentore bekommen, kann also auch in dieser Hinsicht mit den Bayern (14) mithalten. Kurzum: Der VfB hat einen Plan, klare Abläufe - und Spieler, die ihrem Trainer vertrauen.
Sendung am Sa., 16.12.2023 14:00 Uhr, Stadion, SWR1 Rheinland-Pfalz