Aufstiegsspiele gegen Henstedt-Ulzburg Aufstiegsspiele gegen Henstedt-Ulzburg: Stolpergefahr für Unions Frauen beim letzten Schritt zum Aufstieg
22 Siege in 22 Spielen - das Frauen-Team von Union Berlin spielte eine Fabel-Saison, muss aber trotzdem noch in Aufstiegsspielen ums Ticket für die 2. Bundesliga kämpfen. An der Alten Försterei wird eine Rekordkulisse und ein unangenehmer Gegner erwartet.
Mut, Hunger, Souveränität – in der abgelaufenen Saison der Fußball-Regionalliga Nordost waren viele Attribute von den Frauen des 1. FC Union Berlin gefordert. Eine Eigenschaft, die vor Saisonstart womöglich nicht im Vordergrund stand, mit der Zeit aber immer wichtiger wurde, war: Geduld. Denn bereits seit vielen Monaten zeichnete sich ab, dass die Köpenickerinnen nicht mehr vom Thron der Liga gestürzt werden können und höchst verdient in die Relegationsspiele um den Aufstieg in die 2. Bundesliga einziehen werden.
22 Spiele, 22 Siege, ein Torverhältnis von 145 Toren zu nur fünf Gegentreffern, Meister und Pokalsieger. Geduldig den Fokus zu halten, war einer der Aufträge der vergangenen Monate. Am Sonntag steht das erste Aufeinandertreffen mit dem SV Henstedt-Ulzburg, Meister der Regionalliga Nord, an – eine Woche später das Rückspiel. Der Sieger aus beiden Spielen steigt in die 2. Liga der Frauen auf. "Endlich geht es um das, worauf wir hingearbeitet haben und hoffentlich kann man am Ende einen positiven Haken dran machen", sagte Unions Sportdirektorin Jennifer Zietz im rbb|24-Interview vor den Entscheidungsspielen.
Union-Präsident Dirk Zingler und Union-Frauen-Sportdirektorin Jennifer Zitz
15.000 verkaufte Karten für die Alte Försterei
Die erste Begegnung steigt am Sonntag im Stadion an der Alten Försterei, stolze 15.000 Tickets wurden für das Hinspiel verkauft. Die große Kulisse ist Ausdruck einer beeindruckenden Entwicklung, welche die Frauenabteilung der "Eisernen" und deren Wahrnehmung genommen haben. "Die Union-Familie ist unheimlich gewachsen. Man hat gemerkt, mehr Leute wissen Bescheid“, berichtet Unions Trainerin Ailien Poese. "Mehr Leute interessieren sich dafür. Man führt Gespräche, die es vielleicht vor eineinhalb Jahren noch nicht gab, weil keiner wusste, wer du bist oder wer diese Trainergruppe da ist."
Mittlerweile sind Poese und ihre Spielerinnen bestens bekannt, mit einer makellosen Regionalliga-Saison haben sie sich einen Namen in der Stadt gemacht. "Sie sind ungeschlagen, Pokalsieger und Meister geworden und natürlich wäre es am Ende nichts wert, wenn du nicht in den letzten zwei Spielen alle Reserven mobilisierst", stellt Sportdirektorin Zietz klar. "Ich bin, wie ich die Mannschaft und das Funktionsteam erlebe, absolut positiv gestimmt. Ich weiß aber natürlich auch, dass wir erst einmal diese beiden Spiele spielen müssen. Wir dürfen nicht mit Arroganz, aber einem gesunden Selbstvertrauen an die Sache gehen. Wir haben ein klares Ziel vor Augen."
Favoritenrolle ist geklärt
Für jenes Ziel soll der Aufstieg in die 2. Bundesliga nur ein Zwischenschritt sein. Union Berlin peilt mittelfristig ganz klar den Durchmarsch in das Oberhaus des deutschen Frauenfußballs an. "Es ergibt sich in der übernächsten Saison eine gute Situation, da es drei Aufsteiger aus der 2. Liga geben wird. Wir spielen Fußball, um zu gewinnen und wenn wir hoffentlich mehr Spiele gewinnen als verlieren, sind wir hoffentlich eines dieser drei Teams", blickt Zietz voraus.
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Für diesen Traum hat der Verein aus Köpenick viel Geld in die Hand genommen. "Wir wissen es sehr zu schätzen, was für Möglichkeiten wir in dieser Saison haben und wir den Spielerinnen bieten können. Es ist ihr Job, sie sind den ganzen Tag hier. Wir sind uns bewusst, dass das in anderen Vereinen nicht der Fall ist", so Zietz. "Henstedt hat diese Möglichkeiten gar nicht, sodass man Respekt für deren Arbeit in dieser Saison haben muss. Man darf keine Mannschaft unterschätzen. Fußball ist Fußball – ob du in einer Villa sitzt oder auf dem Zeltplatz."
Und dennoch nehmen die Unionerinnen ihre Rolle voll an. "Es wäre fatal, wenn wir sagen würden, dass wir nicht als Favorit ins Spiel gehen", sagt Zietz. "Allein schon aufgrund unserer Möglichkeiten, der professionellen Rahmenbedingungen und der Unterstützung eines so großen Vereins, wie es Union ist. Deshalb haben wir den Anspruch, mit einem gewissen Selbstbewusstsein hineinzugehen."
Hentstedt-Ulzburg hat Potenziel zum Stolperstein
Eine makellose Saison wie die des 1. FC Union wirft große Schatten. So wirkt die vergangene Liga-Spielzeit von Gegner Hentstedt-Ulzburg im Vergleich schon beinahe blass. Dabei haben die Fußballerinnen aus dem Norden, die mit ihrem Sport kein Geld verdienen, ebenfalls Großes geleistet. 17 Siege, vier Unentschieden und nur eine einzige Niederlage haben den Verein aus dem 30.000-Einwohner-Ort mit acht Punkten Abstand Meister werden lassen.
"Henstedt hat auch die gesamte Saison dafür gearbeitet, sind am Ende Meister geworden. Wir haben sie das ein oder andere Mal beobachtet, sie haben gute Spielerinnen in ihren Reihen. Von daher hoffe ich, dass es auch einfach ein schönes Spiel wird", berichtet Zietz.
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Union plant für Worst-Case-Szenario
Die Spielerinnen aus Köpenick sind nach einer Saison ohne Punktverlust im hohen Grade erfolgsverwöhnt – nun auf den Punkt bei 100 Prozent Leistungsfähigkeit zu sein, ist die große Aufgabe der Berlinerinnen. Sie gehen aufgrund ihrer Kaderqualität und Rahmenbedingungen als klare Favoritinnen in die beiden Relegationsspiele – alles ist dafür angerichtet, das große Ziel Aufstieg zu erreichen.
Und wenn das am Ende doch nicht klappt? Wenn Hentstedt-Ulzburg die Überraschung gelingt? "Natürlich haben wir auch über das Worst-Case-Scenario – den Nicht-Aufstieg – nachgedacht. Es wäre nicht so, dass wir auf null fahren", stellt Zietz klar. "Wir haben die Rückendeckung des Vereins, um weiter aufrüsten zu können, um den Aufstieg erneut in Angriff zu nehmen. Mit Viktoria Berlin oder auch Hertha BSC haben wir noch weitere gute Mannschaften in der Liga, die es nicht einfach machen würden. Der Fußball in der Regionalliga Nordost entwickelt sich stetig weiter, da würde es auch kommende Saison kein leichter Weg sein."
Um den leichteren Weg zu gehen, muss am Sonntag im Stadion an der Alten Försterei der erste Schritt gemacht werden. Das sind die beiden Spiele, auf die es ankommt, aber auch die Spiele, auf die wir eine Saison lang hingearbeitet haben. Jetzt gibt es diese greifbare Chance, in die 2. Liga aufzusteigen", sagte Trainerin Poese und befand mit purem Optimismus: "Wir haben schon ein gewisses Selbstverständnis entwickelt."
Sendung: rbb Der Tag, 18 Uhr, 07.06.2024