
Abstiegskampf in Liga zwei Was ein Abstieg für Hertha BSC bedeuten würde
Der Albtraum dritte Liga könnte für Hertha BSC tatsächlich zur Realität werden. Die finanziellen Folgen wären drastisch.
Wie sieht die sportliche Lage aus?
Noch neun Spieltage sind in der 2. Fußball-Bundesliga zu absolvieren – eigentlich genug Zeit, um die sportliche Wende einzuläuten. Und doch ist die Situation durchaus gefährlich. Hertha BSC taumelt derzeit immer tiefer in den Tabellenkeller, hat seit sieben Spieltagen nicht mehr gewonnen und auch das Auftreten unter dem neuen Trainer Stefan Leitl machte zuletzt wenig Mut.
Nur noch drei Punkte trennen die Blau-Weißen vom Relegationsplatz, auf dem ausgerechnet der kommende Gegner Eintracht Braunschweig steht. Die Partie am Sonntag bei der Eintracht könnte also richtungsweisend werden: Entweder bringt sich die Alte Dame wieder in einigermaßen sichere Gewässer oder hat plötzlich den gesamten Vorsprung eingebüßt – und dann ist das Horrorszenario dritte Liga ganz nah.

Wie würde sich ein Abstieg auf die Einnahmen auswirken?
Ein Abstieg in die dritte Liga bringt große finanzielle Herausforderungen mit sich. Das liegt vor allem an den drastisch sinkenden Einnahmen, die zu erwarten sind. Extrem bemerkbar macht sich das am Beispiel der TV-Gelder. "Aktuell ist es so, dass Hertha rund 20 Millionen Euro aus der TV-Vermarktung bekommt. Bei einem Abstieg in die dritte Liga würden das weniger als zwei Millionen Euro werden", sagt Sportökonom Christoph Breuer von der Sporthochschule Köln. Auch bei vielen anderen Erlösquellen sei die Situation in der dritten Liga deutlich schwieriger. So seien zum Beispiel erhebliche Rückgänge bei den Sponsoreneinnahmen zu erwarten, so Breuer.
Hinzu kommt, dass Hertha im kommenden Sommer eigentlich fest mit hohen Transfereinnahmen durch Verkäufe von Spielern wie Ibrahim Maza (Marktwert: zwölf Millionen Euro) und Fabian Reese (fünf Millionen Euro) rechnet. Doch im Falle eines Abstiegs würde die Vertragssituation dem Berliner Club einen Strich durch die Rechnung machen. "Bei Hertha sind die Verträge größtenteils so gestaltet, dass sie nur für die erste und zweite Liga Gültigkeit haben. Konkret würde das bedeuten, dass die Spieler dann ablösefrei wären. Jeder andere Verein könnte sich zum Nulltarif bedienen", erklärt Experte Philipp Marquardt vom Portal transfermarkt.de.
Von einem auf den anderen Tag könnte Herthas teure Mannschaft (53,35 Millionen Euro Gesamtmarktwert laut transfermarkt.de) also plötzlich kaum noch etwas wert sein. "Du kannst mit deinem Kader nichts mehr verdienen und musst auch noch gucken, dass du dich irgendwie mit neuen Spielern für die dritte Liga rüstest. Das Einzige, was vielleicht möglich wäre ist, dass Hertha vorzeitig noch Verkäufe tätigt", sagt Marquardt.
Kann Hertha das wirtschaftlich verkraften?
Zwar konnte der Verein in den vergangenen anderthalb Jahren einen großen Berg Schulden abbauen - und doch bleiben die Zahlen besorgniserregend: ein negatives Eigenkapital von 32,5 Millionen Euro, rund 9,5 Millionen Euro Verlust in der ersten Saisonhälfte, Gesamtschulden von knapp unter 54 Millionen Euro und eine offene 40-Millionen-Euro-Anleihe bei Nordic Bond.
Zumindest für die fristgerechte Rückzahlung der Anleihe hatten die Verantwortlichen vor kurzem eine Lösung verkündet. Gemeinsam mit mehreren Partnern habe man ein Finanzierungskonzept entwickelt. Ob die Partner aber tatsächlich auch im Abstiegsfall an Herthas Seite stehen würden, bleibt offen.
Auf rbb-Anfrage sagte Geschäftsführer Thomas Herrich: "Hinsichtlich der Nordic-Bond-Anleihe haben wir uns klar positioniert und halten an unserem Ziel fest. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und unsere strategischen Planungen werden dabei selbstverständlich fortlaufend bewertet."
Sportökonom Breuer sieht in der Summe der finanziellen Herausforderungen im Abstiegsfall eine große Existenzbedrohung für den Verein. "Ich sage es mal so: Es bedarf schon exzellenter finanzwirtschaftlicher Konzepte. Und das ist schwierig. Im Falle eines Abstiegs stellt sich also die Frage, ob Hertha überhaupt eine Lizenz für die dritte Liga bekommt."
Warum wackelt die Lizenz für die dritte Liga?
Nach einigen Insolvenzfällen sind vor zwei Jahren die Lizenzauflagen für die dritte Liga erheblich verschärft worden. Liquiditätslücken müssen geschlossen werden und Herthas Eigenkapital dürfte sich nicht weiter verschlechtern. In Anbetracht der sinkenden Einnahmen und der offenen Altlasten der Berliner könnte dieses Unterfangen jedoch schwierig werden.
Am Montag, 17. März endet die Frist, bis zu der abstiegsbedrohte Zweitligisten die notwendigen Unterlagen für die dritte Liga eingereicht haben müssen. "Wir sind uns der aktuellen Situation bewusst und es ist unsere Verantwortung, sich mit allen Eventualitäten sowohl sportlich als auch wirtschaftlich und infrastrukturell zu beschäftigen, sodass uns kein Szenario unvorbereitet trifft", erklärt Geschäftsführer Herrich auf rbb-Anfrage.
Noch im April entscheidet der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dann über die Zulassung. Denkbar wäre auch, dass die Berliner erst einmal unter Auflagen am Spielbetrieb teilnehmen dürfen. Sollte der Klub die Lizenz jedoch nicht erhalten, würde es im Abstiegsfall noch eine Klasse tiefer in die Regionalliga gehen und somit das vorläufige Ende des Profifußballs bei Hertha BSC bedeuten.
Könnte Hertha im Olympiastadion bleiben?
Drittliga-Fußball im Olympiastadion – eigentlich kaum vorstellbar. Aber wohl noch das realistischste Szenario. Schließlich sind in Berlin drittligataugliche Stadien Mangelware. Aktuell würde einzig das Mommsenstadion in Charlottenburg in Frage kommen. Doch das hat nur eine Kapazität von 15.000 Plätzen und Hertha könnte wohl auch im Falle des Abstiegs noch mit einer deutlich höheren Anzahl an Zuschauern rechnen. Bleibt also nur die gewohnte Heimat mit der blauen Laufbahn.
Wie der Stadionbetreiber auf rbb-Anfrage mitteilte, würde das Olympiastadion Hertha BSC grundsätzlich auch im Abstiegsfall zur Verfügung stehen. "Letztendlich muss alles frei und komplett neu verhandelt werden, denn: Hertha BSC hat keinen Vertrag für die dritte Liga", so Christoph Meyer, Direktor Veranstaltungen & Kommunikation der Olympiastadion Berlin GmbH.
Ein erster Schritt sei aber bereits getan: Alle drei Vertragspartner (Hertha BSC, Land Berlin, Olympiastadion GmbH) hätten eine Absichtserklärung unterschrieben und seien offen für weitere Gespräche. Im Falle des Abstiegs müsste der Senat dem Hauptstadtklub in Sachen Miete aber wohl deutlich entgegenkommen. Etwa 170.000 Euro wurden Medienberichten zufolge bisher pro Heimspiel in der zweiten Liga fällig – zu teuer für einen Drittligisten.
Doch der Stadionbetreiber macht Hoffnung: "Auch in schwierigen Zeiten muss man zusammenstehen und Lösungen finden. Es wäre nicht das erste Mal, dass das Land Berlin und die Olympiastadion Berlin GmbH Hertha BSC geholfen haben. Das Olympiastadion Berlin ohne Hertha BSC ist für uns jedenfalls nicht vorstellbar", erklärt Meyer.
Sendung: rbb24 Inforadio, 14.03.2025, 17:15 Uhr