Das Stadion An der Alten Försterei, Berlin-Köpenick (Quelle: IMAGO / Picture Point LE)

Fragen und Antworten Fußball-Bundesliga: Welche Schlüsse sich aus Unions Verkauf der Stadionaktien ziehen lassen

Stand: 13.02.2025 20:17 Uhr

Durch den jüngst abgeschlossenen Aktienverkauf erhöht der 1. FC Union das Stammkapital seiner Stadion AG auf mehr als 30 Millionen Euro. Ein Erfolg? Sportökonom Christoph Breuer beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie viele Aktien wurden verkauft und was bedeutet das für das Stammkapital des Vereins?

Der 1. FC Union Berlin hat die Zeichnungsphase für neue Aktien der "An der Alten Försterei" Stadionbetriebs AG abgeschlossen. Vom 26. November bis zum 5. Februar wurden mehr als 49.000 neue Aktien gezeichnet.
 
Auffällig ist: Der 1. FC Union Berlin e. V., also der Verein selbst, nutzte sein Bezugsrecht für 40.000 Aktien - der mit Abstand größte Anteil. 900 Bestandsaktionäre zeichneten weitere 1.500 Aktien. Hinzu kommen rund 7.900 Wertpapiere für 5.900 Neuaktionäre. Der 1. FC Union Berlin e. V. hält künftig 75,75 Prozent der Anteile. Der Streubesitz, bestehend aus Bestands- und Neuaktionären, umfasst nun 24,25 Prozent.
 
Konkret bedeutet das: Der Verein hat durch seinen Aktienkauf selbst für eine Kapitalerhöhung von 20 Millionen Euro gesorgt. Hinzu kommen etwa 4,7 Millionen Euro durch Bestands- und Neuaktionäre und das bereits vorhandene Stammkapital.
 
Der Stadion AG des Fußball-Bundesligisten steht nach der Eintragung der Kapitalerhöhung somit ein Stammkapital von mehr als 30 Millionen Euro zur Verfügung. Das Geld soll in die geplanten Baumaßnahmen des Vereins fließen, insbesondere in das Stadion An der Alten Försterei, dessen Kapazität bis zum Sommer 2027 erweitert werden soll.
 
"Wir sind unserem Ziel, das Stadion An der Alten Försterei für die nächsten Generationen zu sichern, ein sehr wichtiges Stück nähergekommen", wurde Union-Präsident Dirk Zingler in einer Vereinsmitteilung zitiert. "Die Stadion AG geht, dank einer nun sehr robusten Bilanz- und Eigenkapitalstruktur, gut gerüstet in die Zukunft."

Aktienbüro auf dem Parkplatz vor der Haupttribüne im Stadion An der Alten Försterei am letzten Tag der Zeichungsfrist. (Foto: IMAGO / Matthias Koch)
Union Berlin erhöht Stammkapital der Stadion AG auf mehr als 30 Millionen Euro
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Wie viele Mitglieder waren zeichnungsberechtigt?

Zu Beginn der Zeichnungsphase hatte der 1. FC Union Berlin rund 68.000 Mitglieder, von denen 60.000 zeichnungsberechtigt waren. Vereinsangaben zufolge hätten 120.000 Aktien herausgegeben werden können. Stückpreis: 500 Euro.
 
Auf der Jahreshauptversammlung seiner Stadionbetriebs AG hatte der 1. FC Union im November angekündigt, durch die Kapitalerhöhung mithilfe der Aktien bis zu 60 Millionen Euro einnehmen zu wollen.

Welche Schlüsse lassen sich aus der (mangelnden) Beteiligung der Mitglieder ziehen?

"Erstmal muss man sagen, dass es für Union gut und wichtig ist, das Stadion auszubauen und zu modernisieren. Es ist auch gut und interessant, dafür eine vernünftige Eigenkapitalbasis zu schaffen", meint Sportökonom Christoph Breuer, der als Professor für Sportmanagement an der Deutschen Sporthochschule Köln tätig ist. Man müsse differenzieren: "Die Idee, vinkulierte Namensaktien [Schmuckaktien, die nicht an der Börse gehandelt werden; Anm. d. Red.] für den Stadionausbau an die Mitglieder zu verkaufen, war nicht blöd. Aber: Wenn ich zumindest das implizite Ziel hatte, 120.000 neue Aktien an den Mann oder die Frau zu bringen, und dann 'nur' rund 49.000 Aktien verkaufen konnte, habe ich dieses Ziel natürlich nicht erreicht."
 
Zumal man von den 120.000 Aktien ja noch die 40.000 abziehen müsse, "die der Verein selbst gezeichnet hat. Das heißt: von den verbleibenden 80.000 wurden keine 10.000 erworben. Das zeigt, dass diese Art der Finanzierung, die eine Liebhaberfinanzierung für Mitglieder ist, dann doch an enge Grenzen stößt und sich dadurch nicht beliebig viel Geld eintreiben lässt."
 
Zusammenfassend könne man sagen, "dass dieses Angebot nur für etwa jedes zehnte Vereinsmitglied überzeugend und interessant war. Eine Erklärung könnte sein, dass viele Mitglieder funktionale Mitglieder sind: Sie sind primär Mitglied, um überhaupt an Tickets zu kommen", so Breuer. "Das scheint die zentrale Motivation zu sein. Durch den Erwerb einer Aktie komme ich eben nicht leichter an Tickets – da steht der emotionale und symbolische Wert im Vordergrund."

Ein weiteres Indiz für das überschaubare Interesse der Mitglieder ist, dass die Zeichnungsfrist ursprünglich schon am 10. Januar enden sollte – dann aber bis zum 5. Februar verlängert wurde. "Anscheinend sind nicht so viele Mitglieder bereit gewesen, diesen Weg mitzugehen", sagt Sportökonom Breuer. Nichtsdestotrotz habe man die Eigenkapitalbasis gestärkt. Man sei aber noch weit von dem Investment entfernt, das für den Stadionausbau zu tätigen sei. "Wenn man von den 100 Millionen Euro ausgeht, die kolportiert wurden, ist man davon noch relativ weit weg. Zumindest dürfte es der Stadionbetriebs AG durch die Stärkung des Eigenkapitals aber besser gelingen, an Kredite für den Stadionausbau zu kommen."

Was haben die Trikots der Eisernen mit all dem zu tun?

In der laufenden Saison hat der FCU bislang auf einen Haupt- und Trikotsponsor im klassischen Sinne verzichtet – und stattdessen auf der Arbeitskleidung der Spieler Werbung in eigener Sache betrieben. "proAF – Alte Försterei", lautete bis zuletzt der Schriftzug auf den Trikots der Eisernen. So stehen rund 4,7 Millionen Euro, die der Verein durch den Aktienverkauf für den Stadionausbau eingenommen hat, auf der einen Seite – und fehlende Einnahmen in Millionenhöhe durch einen Haupt- und Trikotsponsor auf der anderen Seite.
 
Oder wie es Christoph Breuer formuliert: "Der Eigenkapitalerhöhung stehen auch Ausgaben gegenüber: klassische Werbeausgaben, Ausgaben für rechtliche und bankwirtschaftliche Beratung – und eben der Verzicht auf Einnahmen aus dem Trikotsponsoring. Letzteres steht zwar nicht explizit in den Büchern, sind aber klassische Opportunitätskosten, wenn Union in der ersten Saisonhälfte keine Einnahmen durch einen Trikotsponsor generiert."

Unions ehemaliger Kapitän Torsten Mattuschka mit der neuen "Alte-Försterei-Aktie" (Quelle: IMAGO / Matthias Koch)
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Welche übergeordneten Erkenntnisse bringt Unions Stadionaktienverkauf mit sich?

Im Großen und Ganzen lasse sich aus Unions Aktienverkauf eine Erkenntnis ziehen, die Breuer als "wichtigste Message" bezeichnet: "Fans sind offensichtlich nur begrenzt bereit, zur Finanzierung des Profifußballs beizutragen, wenn die Gegenleistung überschaubar bleibt."
 
Auf der Habenseite stehe, dass die Ausgangsposition für die Stadionmodernisierung verbessert wurde. "Auf der anderen Seite steht aber, dass weniger Geld als erwartet eingenommen wurde. Die Fans können also nur ein Teil der Finanzierung des Profifußballs sein. Auch wenn man es im sozialromantischen Fußballbusiness vielleicht nicht so gerne hören mag: Ohne Banken und klassische Investoren geht es nicht – gerade bei Stadionmodernisierungen."

Sendung: DER TAG in Berlin & Brandenburg, 12.02.2025, 18 Uhr