NDR-Sport SVG Lüneburg: Hübners Volleyballer greifen im Europacup nach den Sternen
Die Volleyball-Männer der SVG Lüneburg können in dieser Saison Herausragendes schaffen. In der Bundesliga sind sie vorne dabei, und im CEV-Cup stehen sie sensationell im Finale. Für Trainer Stefan Hübner hat das Zusammenspiel vieler Faktoren für den stetigen Aufschwung der SVG gesorgt.
Der überwältigend schöne Moment im Golden Set wurde von 3.200 Menschen lautstark angezählt. "Eins!" dröhnte es durch die Lüneburger Arena, als Jesse Elser den Aufschlag der Gäste von Arkas Izmir annahm. "Zwei!" schallte es kurz darauf aus so vielen Kehlen erwartungsvoll, als Maxwell Elgert den Ball zum Schmetterschlag stellte. Und "Drei!" war dann schon gar nicht mehr ganz klar zu hören, als Erik Röhrs mit absoluter Überzeugung den Matchball verwandelte. Die meisten Zuschauer hatten die Zahl übersprungen und waren sofort zu einem befreienden "Jaaaaaaa!!!!!!" übergegangen, hatten die Arme hochgereckt und enthusiastisch die letzten Reste an Konfetti in die Luft geworfen.
Der 28. Februar 2024 wird als ein ganz besonderer Abend in die Historie der SVG Lüneburg eingehen - als einer, an dem der niedersächsische Club erstmals das Endspiel eines Europapokals, des CEV-Cups, erreicht hat und an dem eine schier unglaubliche Stimmung bei einem Heimspiel geherrscht hat.
Röhrs: "Es war so viel Energie in der Halle"
So sieht es auch Außenangreifer Röhrs, wenn er an den Matchball und die Sekunden danach zurückdenkt, als so viele Menschen sich auf den Tribünen und auf dem Spielfeld in den Armen lagen. "Totale Eskalation", sagte der 22-Jährige mit einem Lächeln dem NDR. "Die ganze Halle komplett am Ausrasten, die Spieler komplett am Ausrasten. Es ist sicherlich etwas, das ich niemals vergessen werde. Es war so viel Energie in der Halle - etwas ganz Besonderes."
Als genau dies stufte auch Röhrs' Trainer Stefan Hübner diesen Abend ein - wenn auch, mit vier Tagen Abstand zum Spiel gegen Izmir, mit einiger Contenance. "Ich bin sehr dankbar dafür", sagte der viermalige Volleyballer des Jahres in Deutschland, der seit 2014 die sportliche Verantwortung bei der SVG hat, im NDR Sportclub.
Alles begann in einer Kneipe in Hamburg
Der 48-Jährige ging lieber zügig zum Blick auf das große Ganze über - und auf die ganze Entwicklung des Clubs unter dem Vorsitz von Andreas Bahlburg ein. Hübner: "In solchen Momenten tut es auch immer gut, so ein bisschen im Kopf zu haben, wo wir hergekommen sind. Mit welchen Visionen wir gestartet sind."
"Wenn man mir vor zehn Jahren gesagt hätte: Ihr gehört 2024 zu den Top drei in der Bundesliga und spielt im Europapokal - ich hätte ihn für verrückt erklärt."
— Andreas Bahlburg
Zugetragen hat sich Letzteres damals sogar außerhalb Lüneburgs, wie der 245-malige deutsche Nationalspieler verriet: "Irgendwann vor zehn Jahren saß ich mit Andreas Bahlburg in Hamburg in Barmbek in irgendeiner Kneipe und habe den Vertrag unterschrieben. Und dann haben wir beide so ein bisschen vor uns hingeträumt, wo es hingehen kann. Wir haben, glaube ich, beide ein bisschen geschmunzelt."
So hat es auch Bahlburg in Erinnerung. Der Vorsitzende ist auch jetzt noch erstaunt, welchen Weg die SVG genommen hat in der Zeit vom Aufstieg in die Bundesliga im Jahr 2014. "Wenn man mir vor zehn Jahren gesagt hätte: Ihr gehört 2024 zu den Top drei in der Bundesliga und spielt im Europapokal - ich hätte ihn für verrückt erklärt."
Public Viewing in Lüneburg beim CEV-Cup-Finale
Es ist ja nicht "nur" die Teilnahme am Europapokal. Es ist das Endspiel im CEV-Cup, dem Pendant zur Europa League im Fußball. Dort treffen die "LüneHünen", deren Motto "Größe zeigen" ist, nun auf den polnischen Club Resovia Rzeszow. Das erste von zwei Finalspielen wird am 12. März um 19 Uhr in Lüneburg stattfinden. Die Eintrittskarten dafür waren in wenigen Minuten weg. Es wird in Lüneburg in der "Ritterakademie" ein Public Viewing für bis zu 1.000 Personen geben.
Die Niedersachsen hatten sich vor der Saison zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte für die Champions League qualifiziert. Nach einem dritten Platz in der Gruppenphase durften sie im CEV-Cup weiterspielen.
SVG: Vom Start-up zum Blue Chip
Auch Hübner ist manchmal noch immer erstaunt, wie alles gekommen ist. "Jetzt zu sehen, was passiert ist mit der neuen Halle, dann diese Euphorie in der Stadt, wo die Mannschaft absolut angesagt ist, hip ist - das ist ein sehr schönes Gefühl." In der Rückbetrachtung wirkt die SVG Lüneburg vor gut zehn Jahren wie ein Start-up, das sich nun auf dem sportlichen Aktienmarkt zu einem nationalen Blue Chip entwickelt hat und das nun auch international reüssiert.
Ein ganz entscheidender Step auf "einem ganz langen Weg mit ganz vielen kleinen Schritten" sei der Bau der neuen Arena gewesen, sagte Hübner. Vor knapp zwei Jahren wurde sie eröffnet. "Wir waren mit der Gellersenhalle ja auch mehr als an der Grenze. Es hatte Charme, es hatte eine unheimliche Intensität vorher, und es kann auch mal ganz nett sein, wenn der Schweiß von der Decke tropft. Aber die Möglichkeiten, die diese neue Arena mit sich bringt, kann man nicht vergleichen. Das Produkt ist ein ganz anderes."
Neue Arena schafft ganz neue Möglichkeiten
Das sei in verschiedenen Bereichen zu spüren. Der Zuschauerzuspruch sei eines davon. Es komme jetzt nicht nur das Volleyball-Fachpublikum, sondern viele Leute, die wegen des Events dabei sein möchten, die sich von der Mannschaft gut unterhalten lassen wollen. Hübner: "Es ist jetzt eine ganz andere Arena - sie hat fast so den Charakter wie ein kleines Theater. Auch Sponsoren, an die vorher schwer heranzukommen war, finden nun unheimlich Gefallen an der Arena, weil sie jetzt ganz anders dargestellt werden. Es sind unheimliche Synergien, die da zusammenkommen."
Eine davon ist der sportliche Output der SVG, die einen fünfmal geringeren Saisonetat hat als Titelverteidiger Berlin Volleys, der sogar zuletzt dreimal in Folge deutscher Meister wurde. Die Lüneburger, die am Freitagabend (20 Uhr) im letzten Bundesliga-Hauptrundenspiel zum Derby bei den Grizzlys Giesen antreten, kommen gefühlt dem Gewinn der ersten deutschen Meisterschaft stetig einen kleinen Schritt näher. Zudem gibt es jetzt diese fast unglaublich anmutende Chance auf den Triumph im CEV-Cup.
"Nicht so, dass wir eine bestimmte Zauberformel hätten."
— SVG-Trainer Stefan Hübner
Planbar sei dieser Erfolg nicht, sagte Hübner. "Wir versuchen, nach bestimmten Kriterien die Mannschaft zusammenzustellen, eine bestimmte Kultur zu schaffen. Damit sind wir gut gefahren über die Jahre." Auch mit den Verpflichtungen von nordamerikanischen Spielern. Die sorgten mit einer gewissen Lässigkeit für eine gute Mischung mit den deutschen Spielertypen. "Es ist aber nicht so, dass wir eine bestimmte Zauberformel hätten, nach der wir Leute finden. Wir haben eine klare Vorstellung, wonach wir gucken."
Hübner sieht Zukunft in Lüneburg
Er selbst schaue nicht nach anderen beruflichen Optionen, versicherte der SVG-Trainer, der mit der ehemaligen deutschen Nationalspielerin Angelina Grün und ihren Kindern in Lüneburg sein Glück gefunden hat. "Vom ersten Moment an haben wir uns in der Stadt wohlgefühlt. Ich mag die Mentalität der Leute. Ich hätte auch einen ähnlichen Weg wie als Spieler einschlagen können: immer noch ein besserer Verein, mehr Geld. Meine Frau und ich haben aber sehr früh entschieden, dass wir nicht wieder so ein Nomadenleben führen wollten", sagte Hübner. "Wir wollten für unsere Kinder ein Zuhause haben. Und das haben wir in Lüneburg gefunden."
Dort, wo Hübner und Bahlburg, der Sportliche Leiter Bernd Schlesinger und all die Spieler der vergangenen zehn Jahre eine stetig wachsende Volleyball-Begeisterung geschaffen haben.
Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 03.03.2024 | 22:50 Uhr