NDR-Sport St. Pauli vor Bundesliga-Rückkehr - "Dreckig" gegen Vorbild Heidenheim
Heute kehrt der FC St. Pauli nach 13 Jahren Abstinenz gegen den 1. FC Heidenheim auf die große Bühne der Fußball-Bundesliga zurück. Die Hamburger wollen unter Neu-Trainer Alexander Blessin möglichst schnell in der Liga ankommen - der erste Gegner am Millerntor kann dafür als Vorbild dienen.
Heidenheim sei ein Paradebeispiel dafür, was man mit begrenzten finanziellen Mitteln schaffen kann, sagte Blessin vor dem Heimspiel heute (17.30 Uhr, im NDR Livecenter). "Da muss man Chapeau sagen."
Mit einer Mischung aus enormer Disziplin, taktischer Finesse und einem explosiven Umschaltspiel hat es die Mannschaft von Trainer Frank Schmidt als Aufsteiger in der vergangenen Spielzeit auf Rang acht gebracht - und damit in der Bundesliga-Premieren-Saison auf Anhieb in den Europa-Cup.
"Das ist aller Ehren wert", so Blessin, der am Donnerstag genau hingeschaut hat, als das Team von der Ostalb in der Qualifikation der Conference League mit einem 2:1 beim schwedischen Vertreter BK Häcken ein gelungenes Europa-Debüt feierte.
St. Pauli will Bundesligist werden
Nach Europa muss es für St. Pauli ja nicht gleich gehen, ein großer Erfolg nach 13 Jahren Bundesliga-Abstinenz wäre für die Hamburger bereits ein ähnlich souveräner Klassenerhalt, wie es den Heidenheimern in der vergangenen Saison gelungen ist. Die Erfolgsfaktoren Disziplin, Taktik und Umschaltspiel sind welche, die auch St. Paulis neuer Coach Blessin seit seiner Ankunft in der Arbeit mit dem Team immer wieder betont hat.
"Wir müssen ugly sein."
— St.-Pauli-Coach Alexander Blessin
Gleichwohl fordert der 51-Jährige von seinen Spielern, für den Erfolg in der Fußball-Bundesliga nicht nur nett zu sein auf dem Platz: "Wir kriegen keinen Preis fürs Schönspielen. Ob das eine Arschlochmentalität ist, wie man oft so schön sagt, sei dahin gestellt. Aber dreckig spielen, das ist klar."
Sportchef Andreas Bornemann hatte zu den Zielen gesagt, dass der Club nach dem gelungenen Aufstieg nun Bundesligist werden wolle. Ein Auftaktsieg würde den Weg dahin sicher vereinfachen.
Dass das nach den Abgängen von Erfolgscoach Fabian Hürzeler zu Brighton & Hove Albon in die Premier League und von Top-Scorer Marcel Hartel zu St. Louis in die amerikanische Major League Soccer kein einfaches Unterfangen wird, zeigen einerseits die Daten des Global Soccer Networks (GSN). Denen zufolge steht der FCSP - gemeinsam mit Teams wie Bochum und Mitaufsteiger Holstein Kiel, aber eben auch Heidenheim - in puncto Kaderqualität ganz unten im Ranking.
Holpriger Auftritt in Halle
Außerdem lieferte das erste Pflichtspiel der neuen Spielzeit - ein holpriges 3:2 nach Verlängerung bei Viertligist Hallescher FC im DFB-Pokal - ein gutes Bild, was passieren kann, wenn die Mannschaft nicht in die Nähe ihres Leistungsvermögens kommt.
Auch wenn Blessin insbesondere das schwache Passspiel und Gegenpressing seines Teams bemängelte, wollte er der ersten Partie unter seiner Regie im Nachgang auch nicht zu viel Bedeutung beimessen - und lieber den Blick nach vorne richten.
Herbe Pleite beim letzten Bundesliga-Heimspiel
Und der geht auf Sonntag, auf Heidenheim - und auf ein ausverkauftes Millerntor. Wenn dort erstmals seit dem 7. Mai 2011 wieder die "Hells Bells" zum Einlaufen bei einem Bundesliga-Spiel erklingen, soll es besser laufen als damals. Am 33. Spieltag der Saison 2010/2011 demontierte der FC Bayern die "Kiezkicker" mit 1:8 und schoss sie im wahrsten Sinne in die 2. Liga.
Nun sind die Hamburger zurück, voller Vorfreude und voller Tatendrang. In die Stimmung passte am Donnerstag die Vertragsverlängerung von Leistungsträger Connor Metcalfe. Der Australier ist in den Augen seines Coaches ein Spieler, der "intensiv in die Zweikämpfe und seine Mitspieler einsetzen oder selbst torgefährlich werden" kann. Allesamt Qualitäten, die in der kommenden Saison bei St. Pauli gefragt sein werden.
"Wollen mit unserer Art zu spielen für Furore sorgen"
Die Anforderungen in der Beletage des deutschen Fußballs werden andere, auch deshalb wählt der neue Coach einen anderen Ansatz als sein Vorgänger: eher 3-5-2 statt 3-4-3, schnelles Umschalten statt Ballbesitz, hohes Pressing statt Abwarten, zwei Stürmer statt einem. Kurz gesagt: Blessin- statt Hürzeler-Fußball.
Es werde eine Veränderung geben, "in der Art und Weise, wie wir spielen. Weniger Ballbesitzzeiten, mehr Fokus auf die Umschaltmomente", so Blessin. Er und seine Spieler wollten nicht nur den eigenen Fans, sondern auch anderen Fans Freude bereiten. "Wir wollen mit unserer Art zu spielen für Furore sorgen."
Und sollte die Rückkehr in die Bundesliga am Sonntag doch mit einer Niederlage enden, könnte St. Pauli übrigens auch in diesem Falle etwas von Heidenheim lernen. Dem FCH war in der vergangenen Saison erst am vierten Spieltag der erste Sieg gelungen.
Die möglichen Aufstellungen:
FC St. Pauli: Vasilj - Wahl, Smith, Mets - Stevens, Irvine, Treu - R. Wagner, Metcalfe - J. Eggestein, Guilavogui
1. FC Heidenheim: Ke. Müller - Traoré, P. Mainka, Gimber, Föhrenbach - Maloney - Kerber - Wanner, Beck, Scienza - M. Breunig
Dieses Thema im Programm:
Hamburg Journal | 23.08.2024 | 19:30 Uhr