Meisterschale

NDR-Sport Hochspannung in der Handball-Bundesliga: Was spricht für wen im Titelrennen?

Stand: 03.03.2025 14:24 Uhr

Wer wird deutscher Handball-Meister 2025? So packend wie aktuell war das Titelrennen zuletzt vor knapp zwei Jahrzehnten. Gleich sechs Teams haben Chancen, darunter der THW Kiel, die SG Flensburg-Handewitt und die TSV Hannover-Burgdorf. Was spricht für wen?

Von Christian Görtzen

Neben den drei Nordclubs dürfen 13 Spieltage vor dem Ende der Bundesliga-Saison auch die MT Melsungen, die Füchse Berlin und der SC Magdeburg vom ganz großen Coup träumen. Wie eng es im oberen Tabellendrittel zugeht, zeigt der Blick auf die Minuspunkte: Das Sextett bewegt sich innerhalb einer Bandbreite von gerade einmal vier Verlustpunkten.

Titelrennen so packend wie zuletzt vor 18 Jahren

Das ist ein schon historischer Wert. Fast zwei Jahrzehnte ist es bereits her, dass die ersten sechs Teams einmal so eng beieinander lagen. Die SG Flensburg-Handewitt führte in der Saison 2006/2007 nach 21 Spieltagen die Tabelle mit 35:7 Punkten an, und die HSG Nordhorn (damals noch ohne Lingen im Vereinsnamen) war mit 31:11 Zählern Sechster. Durch den THW Kiel als Zweiter und den HSV Hamburg als Dritter waren seinerzeit gleich vier Nordteams in der Spitzengruppe dabei.

Melsungen vorne, Magdeburg mit Nachholspielen

Aktuell sieht die Lage so aus: Melsungen ist trotz der Niederlage in Flensburg mit 34:8 Punkten Spitzenreiter vor den Füchsen und der TSV Hannover-Burgdorf (beide 33:9) sowie dem THW Kiel (32:10) und der SG Flensburg-Handewitt (30:12). Aber auch der Sechste darf nicht vergessen werden. Der SC Magdeburg (27:9) liegt zwar sieben Pluspunkte hinter Melsungen. Aber nach Minuspunkten ist es gerade einmal einer.

Der SCM ist noch mit drei Partien - zwei davon wegen des Terroranschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt - im Rückstand. Gegner sind jeweils zu Hause ThSV Eisenach und HC Erlangen und auswärts der noch punktlose Tabellenletzte 1. VfL Potsdam. 6:0 Punkte aus den drei Partien sind für den Double-Sieger also sehr gut möglich.

Wer aber hat denn nun die besten Aussichten darauf, am 8. Juni die Meisterschale in die Höhe recken zu dürfen? Was spricht für wen im Titelrennen?

Melsungen tanzt auf drei Hochzeiten

Für die MT Melsungen (34:8) ist es zum einen natürlich die beste Ausgangslage mit einem Punkt Vorsprung. Zudem stehen für die Nordhessen in der restlichen Saison nur noch drei Duelle mit Titel-Konkurrenten an. Nach dem Heimspiel gegen den THW Kiel am 29. März geht es im Mai noch zur TSV Hannover-Burgdorf und nach Berlin. Insgesamt stehen sieben Heimspielen sechs Auswärtspartien gegenüber, wovon die weiteren vier Begegnungen in der Fremde (Hamburg, Bietigheim, Erlangen und am letzten Spieltag Potsdam) allesamt als machbar erscheinen.

Unter Trainer Roberto Garcia Parrondo ist die MT, in deren Reihen schon länger namhafte Akteure standen, endlich zu einer funktionierenden Einheit geworden, in welchem der nur 1,69 m große spanische Spielmacher Erik Balenciaga und der 2,15 m große lettische Rückraumspieler Dainis Kristopans ein furioses Duo bilden. Als schwierig erweisen könnte sich für die Melsunger noch, dass sie auf drei Hochzeiten tanzen. Im Halbfinale des DHB-Pokals trifft die MT Mitte April beim Final Four in Köln auf Balingen-Weilstetten, zudem stehen Partien in der European League an.

Brechen die Füchse Berlin den Bann?

Die Füchse Berlin (33:9) müssen sich nur noch auf zwei Wettbewerbe konzentrieren, allerdings ist die Herausforderung in der Champions League eine weitaus größere. In der Bundesliga hat die Mannschaft von Trainer Jaron Siewert noch vier Duelle mit den anderen Titelkonkurrenten zu bestreiten. Zweimal in der Fremde (in Magdeburg und in Kiel), zweimal zu Hause (Hannover-Burgdorf und Melsungen). Insgesamt sind es noch sieben Heim- und sechs Auswärtsspiele. Am letzten Spieltag geht es zu den Rhein-Neckar Löwen, was kein wirklich dankbarer Abschluss ist.

In den vergangenen Jahren ist Berlin immer knapp gescheitert. Allerdings sind die Hauptstädter ihrem großen Traum seit der Saison 2020/2021 auch stetig etwas nähergekommen. Vierter, Dritter, Dritter, Zweiter lauteten seitdem die Abschlussplatzierungen. Und diesmal? Geht es noch eine Stufe höher? Mit dem dänischen Welthandballer Mathias Gidsel in den eigenen Reihen könnte es gelingen, endlich den Bann zu brechen.

Hannover-Burgdorf kann sich auf einen Wettbewerb konzentrieren

Das größte Plus der TSV Hannover-Burgdorf (33:9) ist sicherlich, dass sie eigentlich nur gewinnen kann. Die "Recken" sind wohl die größte Überraschung in der Spitzengruppe. Diesen Entwicklungssprung hat sich der Verein aber durch eine exzellente Nachwuchsarbeit und einen Trainer Christoph Prokop, der stark auf junge Spieler setzt, redlich verdient. Die TSV hat mit Renars Uscins und Justus Fischer im Kader das Zeug dazu, erstmalig deutscher Meister zu werden.

Hilfreich dabei ist, dass sich die Niedersachsen als einziges Team aus den Top Sechs ganz auf einen Wettbewerb konzentrieren können. Auf der anderen Seite haben die "Recken" allerdings auch das schwerste Restprogramm. Es geht noch gegen alle fünf Meisterschaftskonkurrenten - in Berlin, in Magdeburg und in Flensburg und zu Hause gegen Melsungen und am vorletzten Spieltag gegen den THW. Der Saisonabschluss mit Flensburg-Handewitt, Kiel und in Gummersbach ist knackig.

THW Kiel noch bei drei Konkurrenten zu Gast

Drei Wettbewerbe sind es dagegen beim deutschen Handball-Rekordmeister THW Kiel (32:10). Neben der Meisterschaft stehen auch noch das Final Four um den DHB-Pokal mit einem Spiel gegen die Rhein-Neckar Löwen (12. April) und weitere Partien in der European League an. Schien für die Mannschaft von THW-Trainer Filip Jicha der Meisterschaftszug durch früh angehäufte Minuspunkte schon fast abgefahren, ist der Rekordmeister nun in einer aussichtsreichen Situation.

Vier Duelle sind es noch mit den Konkurrenten - drei davon auswärts. Nach dem Landesderby bei der SG Flensburg-Handewitt am 22. März (18 Uhr, live im Ersten) geht es noch zur MT Melsungen und am vorletzten Spieltag nach Hannover. Insgesamt sind es sieben Heim- und sechs Auswärtspartien für die Kieler, die aufgrund ihrer vielen Erfolge in den vergangenen Jahren über die größte Nervenstärke in der Crunch-Time der Saison verfügen dürften.

SG Flensburg-Handewitt mit "leichtestem" Restprogramm

Kiels ewiger Rivale SG Flensburg-Handewitt (30:12) hat zwar die höchste Anzahl an Minuspunkten aus dem Sextett, dafür aber das wohl leichteste Restprogramm. Drei Spiele gegen direkte Konkurrenten sind es noch: Gegen Kiel und Hannover-Burgdorf zu Hause, am vorletzten Spieltag dann beim Titelverteidiger SC Magdeburg. Insgesamt sind es sechs Heim- und sieben Auswärtsspiele.

Das Problem: Die SG macht sich das Leben häufiger selbst schwer. Gegen Teams aus dem Mittelmaß und sogar dem Tabellenkeller verspielten die Schleswig-Holsteiner in der jüngeren Vergangenheit so manches Mal eine scheinbar sichere Führung und gerieten noch in Bedrängnis oder verloren gar Punkte. Im weiteren Verlauf der Saison geht es unter anderem noch nach Göppingen, Lemgo, Leipzig und Wetzlar. Der langfristige Ausfall von Simon Pytlick wiegt schwer. Auch wenn die Schleswig-Holsteiner diesen zuletzt gegen Melsungen exzellent aufgefangen haben.

SC Magdeburg nur noch zu Hause gegen die Konkurrenten

Auf den SC Magdeburg (27:9) kommt bis Anfang Juni eine extreme Terminhatz zu. In der Bundesliga stehen durch die drei Nachholspiele noch 16 Partien an. Dreimal geht es dabei gegen einen anderen Titelkandidaten - allerdings stets in der eigenen Arena. Berlin, Hannover-Burgdorf und am vorletzten Spieltag Flensburg-Handewitt müssen noch in die frühere Bördelandhalle, die aufgrund ihrer Atmosphäre bei allen Teams gefürchtet ist. Die Mannschaft von Trainer Bennet Wiegert ist zudem noch in der Champions League gefordert.

Kommt der Titelverteidiger mit der enormen Taktung bei den Spielen in den kommenden Wochen zurecht, könnte der aktuell Sechste am Ende der lachende Erste sein. Zuzutrauen ist es dem SCM.

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 09.03.2025 | 22:50 Uhr