Kiels Patrick Wiencek hält den DHB-Pokal in den Händen, Domagoj Duvnjak küsst dessen Schulter.

Titel mit dem THW Kiel Eine Geste für einen Großen - Wiencek genießt den Pokal-Triumph

Stand: 14.04.2025 12:13 Uhr

Patrick Wiencek war der gefeierte Mann beim Pokaltriumph des THW Kiel. Auf dem Podium wurde dem Kreisläufer, der im Sommer seine Karriere beendet, eine besondere Ehre zuteil. Er musste aber etwas ins Rampenlicht geschoben werden.

Von Christian Görtzen

Hein Daddel musste sich umorientieren. Eigentlich hatte das knuffige Maskottchen des THW Kiel, ein menschengroßes Zebra mit einem etwas mehr als dezenten Bauchansatz, ganz am seitlichen Rand des Siegerpodiums ja den Arm um Patrick Wiencek gelegt. Doch der Blondschopf wurde ihm entrissen - durch Domagoj Duvnjak, den großartigen Spielmacher der Schleswig-Holsteiner beim 28:23-Finalsieg gegen die MT Melsungen.

Der kroatische Kapitän des neuen DHB-Pokalsiegers bewies im Moment des Triumphes ein wundervolles Gespür für die Situation. Er rief "Bam-Bam", wie Wiencek in Anlehnung an den Sohn von Barney Geröllheimer aus der TV-Serie "Familie Feuerstein" gerufen wird, zu sich. Und der 2,01 m große, kräftige Kreisläufer bewegte sich - teils aus eigener Kraft, teils wurde er von seinen Teamkollegen geschoben - schließlich auf Duvnjak und den Pokal zu.

Zwölfter Titelgewinn für Wiencek mit THW Kiel

Es sollte Wiencek sein, der die silberne Trophäe erstmals vor den glänzenden Augen seiner Mitspieler im goldenen Konfetti-Regen nach oben reckt. Das war Duvnjaks Plan. Es war eine Hommage an den 36 Jahre alten, langjährigen Mannschaftskollegen, der 2012 vom VfL Gummersbach an die Kieler Förde gekommen war, der nun seinen zwölften Titel mit dem THW gewonnen hatte, und der am Ende dieser Saison seine Profikarriere beenden und dann in die Geschäftsstelle des Clubs wechseln wird.

Wiencek führte an diesem für die THW-Fans so wunderbaren Tag auch diese Aufgabe mit Bravour aus - zur Freude seiner Teamkollegen und von Hein Daddel. Das Maskottchen hatte pragmatisch auf die Lücke vor ihm reagiert. Zunächst hatte es zu Magnus Landin aufgeschlossen, schließlich legte es den Arm um Duvnjak, der sich auf Wienceks ursprünglichen Platz am Rande geschoben hatte.

"Da merkt man, wie er für den Verein brennt und lebt."
— Rune Dahmke über Patrick Wiencek

"Er hat sich ja zuerst ein bisschen gesträubt", sagte Linksaußen Rune Dahmke dem NDR zu Wienceks Agieren auf dem Siegerpodest. "Aber ich glaube, man hat schon nach dem Halbfinalsieg gegen die Rhein-Neckar Löwen so ein bisschen die Tränen in seinen Augen sehen können. Da merkt man, wie er für den Verein brennt und lebt. Er hat alles dafür aufgeopfert, seinen Körper, seinen Geist. Wir sind fast noch glücklicher, dass wir ihm das geschenkt haben zum Schluss. Wenn es einer verdient hat, dann er."

Final Four um den DHB-Pokal - die Siegerehrung für den THW Kiel

Und Wiencek genoss die Augenblicke dann sichtlich. Wie der Handballer des Jahres 2018 dort vor der Kurve mit den feiernden THW-Fans stand, im Scheinwerferlicht der ansonsten dunklen Kölner Arena, hinter ihm die Mannschaftskollegen im Halbkreis applaudierend, und wie er dann die 3,5 Kilogramm schwere Trophäe über seinem Kopf mit beiden Händen immer wieder kurz nach oben reckte - das hatte schon beinahe etwas Ikonisches.

"Das hat er sich verdient, weil er so viel für den Verein geleistet hat."
— Hendrik Pekeler

Auf den sanften Riesen, den Familienmenschen, prasselten im weiteren Verlauf des Tages dann die Huldigungen nur so ein. "Ich freue mich unglaublich für ihn, dass er mit dem Pokal in die Handball-Rente geht. Dass 'Dule' ihm den Pokal überlassen hat, das hat er sich verdient, weil er so viel für den Verein geleistet hat", sagte Kreisläufer-Kollege Hendrik Pekeler.

Und Torhüter Andreas Wolff, der als "Spieler des Turniers" ausgezeichnet wurde, sprach folgende Worte: "Er ist einer unserer Anführer, er ist ein fantastischer Mensch, ein super Leader auf und neben dem Feld. Deshalb ist er ja auch Kapitän, und deshalb gebührt ihm natürlich auch die Ehre. Es war ein klasse Zug von 'Dule', dass er ihm das gönnt. Wenn nicht er, dann hat es keiner verdient."

Wiencek stand daneben und war sichtlich gerührt ob dieser Worte. Auch er ging auf Duvnjak ein: "Das ist eine Geste von ihm, die immer in mir drinbleiben wird und an die ich mich immer erinnern werde."

THW Kiel am Mittwoch gegen Bundesliga-Spitzenreiter Berlin

Lange Zeit zum Feiern gibt es für Wiencek und Co. aber nicht. Schließlich geht es für den jetzt 13-maligen DHB-Pokalsieger schon am Mittwoch (19 Uhr) weiter - in einem anderen Wettbewerb. In der Bundesliga ist kein Geringerer als Spitzenreiter Füchse Berlin zu Gast.

Im Titelrennen um die deutsche Meisterschaft befindet sich Kiel in einer nicht allzu komfortablen Lage. Der THW ist zwar nominell Tabellenvierter, allerdings weisen gleich vier Teams weniger Minuspunkte auf. Der sechstplatzierte SC Magdeburg (33:11 Punkte) ist noch mit drei Partien im Rückstand. Für Kiel (36:14) ist der Gewinn der Meisterschaft unwahrscheinlich: Durch einen Sieg gegen Berlin (40:10) würde das Fünkchen Hoffnung aber zweifellos etwas heller glimmen.

Weitere Titelchance in der European League

"Ein Sieg gibt dir Energie, und zwei Siege beim Final Four beflügeln dich in dem Moment", sagte THW-Coach Filip Jicha. Und wer weiß, vielleicht geht Wiencek nicht "nur" mit einer Trophäe in Handball-Rente. Kiel steht schließlich auch in der European League im Viertelfinale, trifft dort in Hin- und Rückspiel ab dem 22. April auf Limoges Handball aus Frankreich.

Es könnte also sein, dass der ehemalige Nationalspieler in den nächsten Wochen noch einmal auf einem Siegerpodest stehen wird und die Trophäe in die Hand gedrückt bekommt. So wie am Sonntag, als ihn eigentlich Hein Daddel im Arm hatte. Ganz am Rande.

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 13.04.2025 | 22:50 Uhr