NDR-Sport ATP Finals: Zverev trifft auf Rubljow, drückt aber erst Medwedew die Daumen
Alexander Zverev muss nach seiner Niederlage bei den ATP Finals gegen Daniil Medwedew nun ausgerechnet auf dessen Schützenhilfe hoffen. Der Tennis-Olympiasieger haderte besonders mit einer vergebenen Chance.
Der Hamburger galt bislang keinesfalls als Anwärter auf den Vorsitz im Daniil-Medwedew-Fanclub, hatte er sich mit seinem langjährigen Rivalen doch schon häufiger gezofft: Vor allem nach dem Achtelfinal-Aus des Deutschen beim Masters in Monte-Carlo im April ging es zwischen beiden hoch her. Zverev bezeichnete den Russen wegen einiger Aktionen auf dem Platz "als unfairsten Spieler". Medwedew konterte und sagte süffisant, Zverev lebe "in seiner eigenen Welt. Und wenn er verliert, findet man 25 Interviews, in denen er seltsame Dinge von sich gibt".
Medwedew: "Ich werde mein Bestes geben"
Bei den ATP Finals in Turin macht die deutsche Nummer eins nun aber gezwungenermaßen eine Kehrtwende. "Ich werde zur Abwechslung mal sein Fan Nummer eins auf dem Planeten sein", sagte der Weltranglistensiebte schmunzelnd. Nach seiner Niederlage gegen den stark aufspielenden Russen ist Zverev vor den entscheidenden Gruppenspielen auf dessen Schützenhilfe angewiesen: Nur wenn Medwedew am Freitag in der Nachmittagspartie (14.30 Uhr) ein Sieg gegen Carlos Alcaraz gelingt, kann Zverev am Abend (20.30 Uhr) gegen den bisher sieglosen Andrej Rubljow noch den Sprung ins Halbfinale schaffen.
"Ich werde mein Bestes gegen Carlos geben", versprach Medwedew. Sich etwas zu schonen, um Kräfte für das Halbfinale am Sonnabend zu sparen, komme für ihn nicht infrage. "Das kann den Rhythmus stören", sagte der Russe.
Zverev hadert: "Heute war es nur ein Schlag"
Zverev wird diese Worte wohlwollend zur Kenntnis nehmen, etwas anderes bleibt ihm auch nicht übrig. "Es liegt nicht mehr komplett in meinen Händen", stellte der deutsche Topspieler zu vorgerückter Stunde nach seiner ersten Niederlage im zweiten Gruppenmatch fest: "Natürlich bin ich jetzt in einer relativ ungünstigen Situation und muss auf andere Spieler hoffen."
Dass er in die knifflige Lage gerutscht ist, war wohl vermeidbar. Dem 26-Jährigen schwirrte lange nach dem Match gegen Medwedew noch immer eine Szene aus dem Tiebreak des ersten Satzes im Kopf herum: "Heute war es nur ein Schlag. Der eine Volley, den ich 99 von 100 Mal ins Feld spiele, der ist es heute leider gewesen", sagte er. Statt einer 5:1-Führung für den deutschen Profi kam aber sein Kontrahent wieder heran und sicherte sich den Durchgang noch.
Medwedew bleibt Angstgegner
Zverevs Chancen hätten sich schon bei einem Satzgewinn spürbar verbessert, dann wäre auch Medwedew, US-Open-Sieger von 2021, noch nicht für die K.o.-Runde qualifiziert gewesen. "Es ist bitter, weil ich glaube, dass das Tennis, das ich spiele, mehr verdient gehabt hätte als eine Niederlage in zwei Sätzen", sagte Zverev.
Nun muss der Turniersieger von 2018 und 2021 bangen, bevor er im letzten Gruppenduell selbst zum Schläger greift. Gegen Medwedew hatte der Weltranglistensiebte wie schon gegen Alcaraz durchaus überzeugend aufgespielt, aber in den entscheidenden Situationen den Tick mehr gewackelt als sein Gegenüber. Der Russe bleibt eine Art Angstgegner für Zverev. Einem Sieg in diesem Jahr stehen fünf Niederlagen gegenüber, insgesamt lautet die Bilanz 6:12.
Trost? Zverev-Comeback für Kyrgios eine "Inspiration"
Unterm Strich ist Zverevs Entwicklung in seiner Comebacksaison nach der schweren Fußverletzung aber beachtlich. "Wenn jemand wie er nach einer solchen Verletzung zurückkommen kann, dann denke ich, dass ich mich von ihm inspirieren lassen muss", sagte der letztjährige Wimbledon-Finalist Nick Kyrgios, der nach Knieoperation und Handgelenksverletzung noch keinen Zeitplan für sein Comeback hat.
"Zverev ist ein unglaublich harter Arbeiter. Das ist sein Ruf", so der Australier anerkennend. Trösten wird das den Hamburger dennoch wenig, sollte es nach seinem tollen Auftaktsieg gegen Alcaraz nicht fürs Halbfinale reichen.
Dieses Thema im Programm:
NDR 2 Sport | 16.11.2023 | 23:03 Uhr