Fußball | Regionalliga Stadt reagiert auf Kritik des FC Rot-Weiß Erfurt und "bedauert Missklang"
Die Thüringer Landeshauptstadt will noch bekannter werden, dafür mit den großen Vereinen aus Erfurt werben. Doch ausgerechnet Zuschauermagnet FC Rot-Weiß Erfurt ist außen vor und entsprechend verärgert. Mittlerweile reagierte die Stadt auf die Kritik. RWE gehöre als Traditionsverein natürlich zur großen Erfurter Sportfamilie. Man wolle in einem Gespräch die "Missklänge" aus dem Weg räumen.
Erfurt will mit seinen attraktiven Sportvereinen für die Stadt werben. Wie Tourismus-Chef Christian Fothe ankündigte, soll es eine stärkere Zusammenarbeit mit Volleyball-Bundesligarückkehrer Schwarz-Weiß Erfurt, dem Pro-B-Team der Basketball-Löwen und dem Eishockey-Oberligisten Black Dragons geben. Darüber hatte die "Thüringer Allgemeinen (€)" zuerst berichtet.
Christian Fothe, hier 2017 im Steigerwaldstadion, war viele Jahre lang in leitender Funktion für die Stadion-GmbH tätig.
Franz Gerber stellt Engagement "zumindest in Frage"
Was auffiel: Der FC Rot-Weiß Erfurt gehört nicht zu den Auserwählten, was angesichts von gut 120.000 Zuschauern, die in der vergangenen Saison zu den Heimspielen ins Steigerwaldstadion gepilgert sind, für Verwunderung und Ärger sorgt – nicht zuletzt beim traditionsreichen Fußball-Regionalligisten.
Erfurts Geschäftsführer Franz Gerber reagierte ungehalten, stellte in einer am Donnerstag (1. August) veröffentlichten offiziellen Vereinsmitteilung sogar das gesamte Engagement "zumindest in Frage". "Dass Erfurter Vereine die Marke 'Stadt Erfurt' in der Fremde bekannter machen sollen, entspricht genau unserer Philosophie. Dass wir als größter Verein der Stadt nicht in dieses Konzept passen, ahnte ich bereits in den vergangenen vier Jahren", wird Gerber zitiert und kritisierte scharf: Es mangele an Wertschätzung, die sei in der Landeshauptstadt für das Geleistete nicht existent.
Franz (re.) und Fabian (li.) Gerber haben den zwischenzeitlich abgestürzten FC Rot-Weiß Erfurt zurück in die Regionalliga geführt.
120.000 Fans pro Saison nicht genug?
Dabei beschäftige man 80 Arbeitnehmer in Erfurt, zahle einen sechsstelligen Betrag an Miete für das städtische Stadion, beschäftige städtische Unternehmen, unterstütze die Verkehrsbetriebe mit mehr als 120.000 Euro pro Saison. Die Signalwirkung der Aussagen von Tourismchef Fothe seien laut Gerber katastrophal. Was den Streit noch skurriler macht: Fothe war bis vor kurzem selbst fast neun Jahre lang in leitender Funktion bei der für das Steigerwaldstadion zuständigen "Arena Erfurt GmbH" verantwortlich.
"Der FC Rot-Weiß Erfurt wird es ohne die Stadt schwer haben, den Sprung in den Profifußball zu schaffen", so Gerber. Sohn und RWE-Cheftrainer Fabian Gerber äußerte auf der Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel an diesem Wochenende bei Viktoria Berlin ebenfalls Unverständnis: "Das ist sehr traurig, wir sind das Aushängeschild und das Zugpferd der Stadt. Wir tun extrem viel für die Region und die Stadt. Wir stecken so viel Herzblut in den Verein. Dann zu lesen, dass wir eigentlich nicht förderungswürdig sind, das finde ich sehr zweifelhaft."
Es geht auch anders: Erfurts damaliger OBM Andreas Bausewein (links) und Franz Gerber 2022 beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt.
Marketingchef Fothe: "Blicke weiterer Zusammenarbeit sehr positiv entgegen"
Christian Fothe bedauerte den Missklang zwischen Stadt und Verein sehr. Es sei darum gegangen, die Stadt auch in den alten Ländern bekannter zu machen. Daher auch die Auswahl der Vereine, die auch gegen Teams aus den alten Bundesländern spielen. Dafür wäre es natürlich besser, wenn RWE in der 3. Liga spielen würde. "Diese Aussage sollte aber nicht bedeuten, dass RWE nicht auch heute schon einen Beitrag zur Steigerung der Bekanntheit leistet und auch im Rahmen einer möglichen Standortkampagne leisten kann", heißt es in einer Pressemitteilung. In einem für die kommende Woche anberaumten Gespräch mit dem Geschäftsführer von RWE sollen alle Missklänge aus dem Weg geräumt werden.
OBM Horn: "Haben viel für RWE getan"
Erfurts Oberbürgermeister Andreas Horn verwies in der Mitteilung auf die Unterstützung für RWE durch die Stadt in den vergangenen Jahren. Dazu gehörten der fertige Neubau des Funktionsgebäudes im Gebreite sowie einen neuen Kunstrasen- und einen neuen Naturrasenplatz, die beide 2025 kommen sollen. Dabei lobte Horn ausdrücklich die gute Arbeit des Teams um Franz Gerber. Umso mehr irritiere ihn die Auffassung Gerbers, die Stadt leiste zu wenig für den Verein und den gewählten Kommunikationsweg über die sozialen Netzwerke.
Erfurts Oberbürgermeister Andreas Horn will Missklänge im Gespräch aus dem Weg räumen.
Gerber brachte RWE zurück auf die Fußball-Landkarte
Rückblick: 2018 stand der FC Rot-Weiß Erfurt praktisch vor dem Nichts. Es folgten Insolvenz und Abstieg aus der 3. Liga, Streit mit Investoren, eine zweite Insolvenz und der zwischenzeitliche Absturz in die Oberliga. Der frühere Bundesliga-Profi und -Manager Franz Gerber engagierte sich in dem völlig kaputten Verein, schaffte die Konsolidierung und im Jahr 2023 den Sprung zurück in die Regionalliga Nordost. Die jetzigen Aussagen der Stadt stoßen Gerber daher umso mehr auf.
rei/pm