Fußball | Regionalliga Mit neuem Dampf: Lok Leipzig in der Erfolgsspur
Die Regionalliga Nordost scheint ausgeglichen wie lange nicht. Fast alle Teams haben bereits verloren, einzig Lok Leipzig steht ungeschlagen da. Und das, obwohl es noch zu Jahresbeginn düster aussah in Probstheida.
Nur vier Teams in den fünf vierten Spielklassen in Deutschland sind noch ungeschlagen. Neben der Zweitvertretung der Bayern, dem TSV Havelse im Norden und den Offenbacher Kickers ist das noch Lok Leipzig. Der FCL thront seit dem Last-Minute-Sieg bei Carl Zeiss Jena über der Konkurrenz auf Rang eins im Nordosten. Mitverantwortlich für den Lauf des Blau-Gelben ist der neue Sportliche Leiter Toni Wachsmuth, der noch einiges mit dem Traditionsverein vorhat.
Civa-Nachfolger haben gezündet
Es ist so etwas wie Ruhe eingekehrt im Leipziger Südosten. Der 1. FC Lokomotive Leipzig grüßt nach acht ungeschlagenen Spielen von der Tabellenspitze der Regionalliga Nordost. Und das, nachdem es vor einem halben Jahr übel aussah in Probstheida. Nach einem Rosenkrieg zwischen Trainer und Sportlichem Leiter Almedin Civa und Präsident Thorsten Kracht, dazu einer Talfahrt in der Tabelle, lag der Traditionsclub beinahe am Boden. Mitarbeiter stellten sich gegen den Präsidenten, die Fans sich gegen den Trainer. Am Ende nahmen Civa und Kracht den Hut, die Loksche drohte aufs Abstellgleis zu geraten. Doch jetzt, Mitte September, öffnet der schlafende Riese im Schatten des Völkerschlachtdenkmals langsam wieder die Augen. Mitverantwortlich dafür ist neben dem neuen Trainer Jochen Seitz und einem runderneuerten Kader der zweite Nachfolger von Almedin Civa, Toni Wachsmuth.
"Viele, viele Kleinigkeiten geändert"
Der Sport-im-Osten-Experte hat in einer "komplett verkorksten Saison" das Zepter übernommen. Ab März konnte er sich die Begebenheiten und die Mannschaft des dreifachen Deutschen Meisters anschauen. Und wusste schnell: es muss sich etwas ändern. "Das waren keine grundsätzlichen Sachen, aber schon viele, viele Kleinigkeiten." Der 37-Jährige habe Offenheit seitens der Spieler erlebt, die eingesehen hätten, dass sich etwas ändern musste. "Das war für uns natürlich super, weil wir die Sachen sehr gut mit einbetten konnten. Dafür muss ich die Mannschaft loben." Die Vorbereitung auf die Saison sei dann gut verlaufen. Der jetzige Erfolg überrascht dennoch, auch Wachsmuth. "Ich glaube aber schon, dass es kein Zufall ist, sondern dass es ein Resultat der harten Arbeit ist. Aber trotzdem drehen wir jetzt nicht durch."
Nach dem Sieg gegen Jena und der daraus resultierenden Übernahme der Tabellenführung tritt der Sportliche Leiter auf die Euphoriebremse: "Es ist eine schöne Momentaufnahme. Klar, wir waren happy nach dem Sieg. Aber wir wissen das einzuschätzen, dass es noch sehr früh in der Saison ist und das wir nicht zu euphorisch werden." Stattdessen gehe es weiter darum, sich selbst einzuschätzen und dann "genauso weiter arbeiten wie die letzten Wochen auch".
Stefan Maderer jubelt vor Mitspieler Min-gi Kang.
"Fünfzig-Fünfzig-Dinger sind gerade auf unserer Seite"
Neben defensiver Stabilität – Lok stellt mit gerade einmal vier Gegentreffern in acht Partien die beste Verteidigung der Liga – und Qualität von der Bank – gegen Jena bereitete Einwechselspieler Djamal Ziane den Treffer vom ebenfalls frisch gekommenen Luc Elsner stark vor – kommt gerade auch noch das Glück zurück zu den Blau-Gelben. Im Pokal brauchte die Loksche einen Kunstschuss nach Ablauf der regulären Spielzeit gegen Taucha zum Sieg. Gegen den FSV Zwickau gab es einen umstrittenen Strafstoß in der Nachspielzeit, den Noel Eichinger gerade so für den Dreier verwandelte, gegen Jena fiel der Siegtreffer ebenfalls erst nach der 90. Minute, als Lok in doppelter Überzahl agierte. "Wir sind in einer Phase, wo die Fünfzig-Fünfzig-Dinger auf unserer Seite sind. Dazu glaube ich, dass wir eine extrem fitte Mannschaft haben, die in der Lage ist über 90, 95 oder auch 98 Minuten in der Lage ist, das Tempo zu gehen." Der Fokus auf die Fitness in der Vorbereitung trage jetzt Früchte.
Erfolgreiche Transfers und ein Glücksgriff auf dem Trainerstuhl
Darüber hinaus hat Wachsmuth auch einige Glücksgriffe bei der Kaderplanung gelandet. Stefan Maderer hat bereits viermal in der Liga genetzt, ebenso Min-gi Kang, der dazu zwei Treffer aufgelegt hat. Laurin von Piechowski und Adrian Kireski haben der Verteidigung Stabilität gegeben. Vorneweg sei es Wachsmuth dabei auch nicht nur um die sportliche Expertise gegangen. "Wir haben uns Mühe dabei gegeben, dass wir nicht nur geguckt haben, was es für Fußballer sind, sondern auch was es für Charaktere sind." Das Miteinander im Verein wollen Wachsmuth und alle anderen Verantwortlichen vorleben. Darunter natürlich auch der neue Trainer Jochen Seitz. Er hat in Aschaffenburg jahrelang konstante Arbeit geleistet und strahlt Ruhe im zuletzt von Chaos beherrschten Probstheida aus. Sein Fokus auf das Verteidigen geht zuletzt komplett auf.
Mit vier Toren und zwei Vorlagen ist Neuzugang Min-gi Kang komplett in Probstheida eingeschlagen.
"Wir sind definitiv noch am Anfang"
Den bisher erfolgreichen Weg wollen alle Verantwortlichen weitergehen, erklärt Toni Wachsmuth. "Wir wollen das Niveau nicht nur halten, wir wollen uns weiterentwickeln", lautet die Kampfansage des gebürtigen Thüringers. "Wir sind da definitiv noch am Anfang." Vom Aufstieg träumen die Verantwortlichen des FCL bisher noch nicht. "Es ist September, von daher ist das für uns kein Thema", erklärt der Sportliche Leiter bescheiden. "Wir tun gut daran uns nicht mit Dingen zu beschäftigen, die vielleicht irgendwann einmal sind, sondern unsere Arbeit zu machen."
Von der Mannschaft über die sportliche Leitung bis zum Gesamtverein sei es wichtig, kontinuierlich weiter am Erfolg zu arbeiten. Das laufe derzeit sehr gut. "Man merkt, dass es ein anderes Gefühl ist, wenn man im Stadion oder im VIP-Bereich ist: Jeder hat da Bock drauf und das finde ich einfach super." Denn noch sei der 1. FC Lok noch lange nicht dort, wo Toni Wachsmuth die Leipziger in ein paar Jahren sehen will. Jetzt kommt erst einmal der SV Babelsberg am Sonntag (22. September, 13:00 Uhr live im Ticker) nach Probstheida. Der nächste Gegner im heimischen Bruno-Plache-Stadion heißt am ersten Oktoberwochenende dann Chemie Leipzig. Und gegen die Leutzscher hat Lok noch eine Rechnung offen, das letzte Derby ging an die Grün-Weißen.
SpiO