Fußball | Regionalliga Miroslav Jagatic (Chemie Leipzig): "Wird dieses Jahr eine enge Kiste"
Mit Miroslav Jagatic hat Chemie Leipzig den dienstältesten Trainer der Regionaliga Nordost. Der Coach hat erneut einen großen Umbruch im Team organisieren müssen. Was geht für die BSG in der neuen Saison? Wo sind die Baustellen? Was sind die Ziele? Das große Interview.
- SPORT IM OSTEN:Herr Jagatic, nur noch wenige Tage bis die Regionalliga-Saison beginnt. Wie ist denn kurz vor dem Start bei Ihnen die die Gefühlslage? Kann es endlich losgehen oder hätten Sie sich lieber noch ein paar Tage mehr Vorbereitung gewünscht?
Miroslav Jagatic: "Es kann ruhig losgehen. Die letzten Körner, die holt man sich dann in den ersten Spielen. Meistens geht man in so eine Saison mit ein paar Fragezeichen oder Baustellen."
- Wo sind denn in Ihrem Team die Baustellen, die Sie noch identifiziert haben?
Miroslav Jagatic: "Wir hatten einen brutalen Umbruch. Spieler, die große Fußstapfen hinterlassen haben. Und wir haben jetzt gute Spieler dazu geholt, die diese Fußstapfen ausfüllen werden. Aber dafür brauchen wir Zeit. Wir müssen uns als Mannschaft finden. Für mich als Trainer ist es auch immer eine schöne Sache, jetzt zum dritten Mal so einen Umbruch zu erleben. Mir wird nicht langweilig."
Jagatic: Wir brauchen Zeit"
- Schön, dass Sie den Umbruch positiv sehen. Bei großen Umbrüchen ist ein wichtiges Thema, wie gut Teams zusammenfinden? Wie gut harmoniert Ihre Mannschaft denn schon?
Miroslav Jagatic: "Die Stimmung ist bei uns immer gut. Da achten wir natürlich auch auf die Spielerauswahl. Du musst ruhig bleiben. Ich bin lange genug im Geschäft, ich weiß, wie ich sowas angehen muss. Wir wissen, was wir können. Wir brauchen Zeit. Und dann sieht man ein bewährtes Gesicht aus der Vergangenheit."
- Die BSG der letzten Jahre und ihrer Handschrift hat eine große Leidenschaft und Teamgefüge ausgezeichnet. Wie würden die Stärken Ihres aktuellen Teams beschreiben?
Miroslav Jagatic: "Wie auch in der Vergangenheit. Wir haben eine ganz klare Spielidee, eine Philosophie und Werte, die wir im Verein vertreten. Ich glaube, dass man bis zum jetzigen Zeitpunkt eine stetige Entwicklung gesehen hat, sauberen Fußball, aggressiven Fußball, proaktiven Fußball, mit Leidenschaft und Teamspirit."
- Ein paar wichtige Spieler der vergangenen Saison haben Sie verlassen. Vin Kastull, Philipp Wendt, Lucas Surek, Denis Jäpel, …, um nur einige zu nennen. Gibt es den einen oder anderen Spieler, bei dem Sie den Abgang bedauern.
Miroslav Jagatic: "Jeder von denen war ein großer Bestandteil, jeder war ein spezieller Charakter. Es waren gute Jungs, gute Fußballer. Aber es ist immer ein Gemeinschaftsprojekt. Nichts steht über dem Verein und so soll es weiterhin bleiben."
- Ist Ihr Kader denn aktuell komplett? Gibt es bestimmte Positionen, auf denen Sie noch suchen?
Miroslav Jagatic: "Es ist schöner, wenn du noch mehr Breite hast. Wir beobachten den Markt. Und wir werden ja schön blöd, wenn sich da was ergibt, dass wir da nicht zugreifen. Das Wichtigste ist, dass du weiterhin hart arbeitest, fokussiert bleibst, Dich nicht zurücklehnst. Da habe ich Bock drauf. Klar kriegt man ein paar graue Haare dazu. Aber das macht ja auch gerade diesen Job aus."
- Wenn man auf Ihre Saisonvorbereitung schaut, dann fällt auf, dass Sie bis auf das Benefizspiel beim SV Lindenau nicht gegen unterklassige Gegner sondern gegen Teams getestet haben, die mindestens auf Augenhöhe waren. Was steht da für eine Philosophie dahinter?
Miroslav Jagatic: "Ja, das ist so eine Macke, die ich aus den Jahren bei mir verinnerlicht habe. Ich sehe keinen sportlichen Mehrwert in Spielen, in denen Du 20:0 oder 25:0 gewinnst. Du musst den neuen Spielern zeigen, was wir verlangen. Und das musst du in einer hohen Intensität. Es ist mir egal, was die Ergebnisse in der Vorbereitung sind. Wichtig ist, wenn die Saison losgeht. Die Regionalliga wird dieses Jahr bestimmt eine enge Kiste. Die Regionalliga ist sehr stark."
Jagatic: "sauberer Fußball, aggressiver Fußball, proaktiver Fußball"
- Was sind Ihre Saisonziele? Vielleicht besser als Lok Leipzig zu sein? Oder Platz 10 oder Platz 3, …?
Miroslav Jagatic: "Ich finde den Vergleich zu Lok schwierig. Wir sollten bei uns bleiben. Wir haben letzte Saison einen achten Platz erreicht, womit keiner gerechnet hat. Wenn jetzt jemand kommt und sagt, ihr müsst besser als Platz acht sein. Nein! Wir dürfen uns nicht treiben lassen, uns nicht unter Druck setzen lassen. Wir werden sagen, dass wir unter den ersten zehn einmarschieren wollen. Das sollte ein Ziel sein. Aber wir wollen jetzt nicht in eine Schublade und sagen, da wollen wir zum Ende der Saison hin. Da mache ich nicht mit."
- Sie kennen sich sehr gut in der Regionalliga Nordost aus, sind der dienstälteste Trainer der Liga. Wer sind denn für Sie die heißesten Aufstiegskandidaten?
Miroslav Jagatic: "Es sind viele gute Mannschaften mit dabei. Die finanzielle Situation spielt eine Rolle. Mannschaften holen Spieler, an denen auch wir dran waren, die aber dort eine Monatskarte extra bekommen (lacht). Es wird solche Teams geben, die für Überraschungen sorgen können. Zu den Favoriten zählt ganz klar Halle, da wird sich was entwickeln. Den BFC sehe auch mit vorne. BFC, Halle, Greifswald, der Chemnitzer FC. Ich schaue aber eigentlich nicht auf andere. Damit bin ich in der Vergangenheit gut gefahren. Die anderen können ihr Ding machen und wir haben unsere Arbeit zu tun."
Jagatic ist seit 2018 Chemie-Trainer (Archivbild).
- Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die neue Saison.
Das Interview führte Dirk Hofmeister