Motorsport | Supercross Ken Roczen – ein Weltstar, den in Deutschland keiner kennt
Der Thüringer Ken Roczen ist einer der besten Supercross-Fahrer der Welt. Vor über zehn Jahren wanderte das "German Wunderkind" in die USA aus, wurde mehrfacher Weltmeister und zum Superstar. Trotzdem kennt den Thüringer in Deutschland fast keiner. Über die Gründe, Verletzungen und die Heimat spricht er im Interview.
Ken Roczen saß mit zweieinhalb Jahren das erste Mal auf einem Crossmotorrad. Auf der hauseigenen Strecke in Mattstedt (Thüringen) sprang er über die kleinen Hügel. Sein Talent war unverkennbar, sein Ehrgeiz riesig. Mit zehn ist er schneller als 15-Jährige, mit 17 wird er jüngster Motocross-Weltmeister der Geschichte.
Gefeierter Star in Amerika
In Europa hatte das Thüringer Wunderkind schon als Jugendlicher alles erreicht. Der Wechsel nach Amerika war der nächste logische Schritt und ein großer Sprung. Dort ist Supercross ein Publikumsmagnet - die Fahrer werden gefeiert wie in die Fußball-Stars in Deutschland. Mittendrin erlebt der junge selbstbewusste Thüringer Ken Roczen seinen persönlichen Traum. Vor 70.000 Fans fliegt er durch die Hallen, räumt Titel ab, wird Weltmeister.
Roczen lebt in Florida. Amerika ist längst zu seiner Heimat geworden und dennoch hat er sein Zuhause in Thüringen nicht vergessen. "Ich vermisse das Essen und natürlich Freunde und Familie. Wir waren schon ein spezieller Haufen", schmunzelt der Ehrenbürger seiner Heimatgemeinde Mattstedt im Interview.
Wenig Zeit für Besuche in Deutschland
Roczen ist gerade 30 geworden, hat geheiratet und ist Familienvater. Seine beiden Kinder kennen Deutschland nur vom Erzählen. Sie waren noch nie im Heimatland des berühmten Papas. Das soll sich ändern. "Ich habe vor, künftig öfter nach Deutschland zu kommen", erzählt Roczen, der seit diesem Jahr nur noch Supercross-Rennen fährt und im Sommer mehr Zeit hat.
In Deutschland könnte er sich weitgehend unerkannt bewegen. Nur Insider kennen den Superstar. Motocross spielt keine große Rolle, dazu war Roczen gerade 17 als er auswanderte. "Ich war ziemlich jung. Hab in der Weltmeisterschaft ordentlich Gas gegeben und Titel mitgebracht, aber das hat in Deutschland keinen interessiert", so Roczen. Die Begeisterung schwappte dennoch nicht über den großen Teich.
Das Risiko fährt immer mit
Roczen kann damit leben. An seinem 30. Geburtstag blickt er voller Stolz zurück, ist dankbar für das, was er erleben durfte. "Es ist viel Stress, aber ich könnte es mir nicht anders vorstellen. Ich habe die Welt durch den Sport gesehen", lacht Roczen, der in Apolda geboren wurde und auch die Schattenseiten seiner risikoreichen Leidenschaft kennt.
Zwei schwere Verletzungen bremsten ihn lange aus. Dramatisch war seine Blessur am linken Arm. "Der Arm war zertrümmert. Ich habe eine Zeitlang nicht gewusst, ob ich mich überhaupt wieder aufs Motorrad setzen kann", erzählt er. Er könne von Glück reden, dass der Arm noch dran ist, habe ihm sein Arzt damals gesagt. Auch wenn der Weg lang war - seine Rückkehr dauert fast zwei Jahre - kämpft sich Roczen zurück und fährt wieder auf einem Top-Level.
Aktuelle Saison nach schweren Sturz vorbei
Das Verletzungspech bleibt ihm aber treu. Vor einer Woche zog sich der Suzuki-Fahrer in Nashville mehrere Brüche zu. Es war kein Fahrfehler, der Roczen zum Verhängnis wurde, sondern ein technischer Defekt. Der hintere Stoßdämpfer war gebrochen, Roczen hatte keine Chance, die Maschine zu kontrollieren. Die Saison ist für ihn gelaufen und früher beendet als geplant.
Das Karriereende ist das aber mit Sicherheit nicht. Dabei gibt es nur wenige Fahrer, die mit 30 noch zur Weltspitze gehören. Auch Roczen hatte als 17-Jähriger nicht gedacht, dass er so lange im Geschäft bleibt. "Ich werde noch zehn Jahre fahren", hatte er damals angekündigt. Mittlerweile ist er 30 und im "fortgeschrittenen Alter". "Der Sport ist hart am Körper. Mal gucken, wie lange die Karriere noch geht. Ich lasse es einfach auf mich zukommen, habe einen Haufen Spaß damit und versuche weiterzumachen, so lange es geht", sagt er schmunzelnd. Wenn sie dann einmal vorbei sein sollte, hat das "German Wunderkind" Zeit, um auf die alte Strecke in Mattstedt zurückzukehren. Dort, wo alles begann.
Blick ins Jahr 2007: Ken Roczen mischte schon früh die Szene auf und ließ die älteren Konkurrenten hinter sich.
Sanny Stephan